Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Neonazi-Trio im Visier: Ermittler suchen nach 38 Kilogramm Sprengstoff

Neonazi-Trio im Visier

Ermittler suchen nach 38 Kilogramm Sprengstoff

    • |
    • |
    Wo ist das gestohlene TNT? Das Neonazi-Trio bestehend aus Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt steht im Visier der Ermittler.
    Wo ist das gestohlene TNT? Das Neonazi-Trio bestehend aus Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt steht im Visier der Ermittler.

    Aus einem Bundeswehr- Munitionsdepot nahe Kahlac waren 1991  rund 40 Kilogramm Sprengstoff TNT gestohlen worden, berichtet die Bild am Sonntag. Fahnder hätten inzwischen herausgefunden, dass die von den Rechtsextremisten gebauten Rohrbomben, die 1998 in einer Jenaer Garage gefunden wurden, mit dem TNT aus dem Bundeswehrdepot gefertigt wurden.

    Noch immer sind die restlichen 38 Kilogramm Sprengstoff spurlos verschwunden. Die Ermittler befürchten jetzt, dass das TNT in den Händen von Neonazis sein könnte.

    Sprengstoff spurlos verschwunden

    Der Terrorverdächtige André E. sei unmittelbar nach seiner Verhaftung am vergangenen Donnerstag dazu befragt worden, habe allerdings die Aussage verweigert. Die Untersuchungen zu dem Sprengstoffdiebstahl könnten auch im Zusammenhang mit einem Bericht stehen, wonach der Militärische Abschirmdienst (MAD) 1998 bereits den Aufenthaltsort von Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe gekannt haben soll.

    Rechtsextreme Terrorgruppe soll zehn Menschen ermordert haben

    Die Zwickauer Terrorzelle - Chronologie der Ereignisse

    Freitag, 4. November: Am Vormittag überfallen zwei Männer eine Bank im thüringischen Eisenach und fliehen. Während der Fahndung stoßen Polizisten auf zwei Leichen in einem Wohnmobil. Beamte hatten Hinweise erhalten, dass ein Caravan bei dem Überfall eine Rolle gespielt haben könnte.

    Samstag, 5. November: Ermittler untersuchen die Schusswaffen, die in dem Wohnmobil gefunden wurden.

    Montag, 7. November: Unter den Pistolen im Wohnwagen sind die Dienstwaffen der im April 2007 in Heilbronn getöteten Polizistin Michele Kiesewetter und ihres schwer verletzten Kollegen. Die später identifizierten Männer Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, deren Leichen entdeckt wurden, sollen den Banküberfall begangen haben. Sie sollen zusammen mit einer Frau in einer Wohnung in Zwickau gelebt haben, die wenige Stunden nach dem Banküberfall explodiert war. Nach der Frau, Beate Zschäpe, wird gefahndet.

    Dienstag, 8. November: Die bundesweit gesuchte Beate Zschäpe stellt sich der Polizei in Jena. Spekulationen kommen auf, dass die mutmaßlichen Bankräuber eine Verbindung in die Neonazi-Szene gehabt haben könnten. Sie und die verdächtige Frau sollen in Thüringen als rechtsextreme Bombenbauer in Erscheinung getreten sein.

    Mittwoch, 9. November: Zschäpe sitzt in U-Haft und schweigt. Nach Aussage von Thüringens Innenminister Jörg Geibert hatten die Männer bis 1998 Verbindungen zum rechtsextremen Thüringer Heimatschutz - danach jedoch nicht mehr. Polizei und Staatsanwaltschaft in Sachsen machen die Frau zunächst nur für die Explosion des Wohnhauses in Zwickau verantwortlich.

    Donnerstag, 10. November: In den Trümmern des abgebrannten Hauses in Zwickau werden weitere Schusswaffen gefunden.

    Freitag, 11. November: Es ist die spektakuläre Wende in dem Fall: Unter den Waffen ist die Pistole, mit der zwischen 2000 und 2006 neun Kleinunternehmer erschossen wurden - Türken, ein Grieche und Deutsche mit Migrationshintergrund. Außerdem entdecken Fahnder rechtsextreme Propaganda-Videos. Diese beziehen sich auf eine Gruppierung mit dem Namen Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) und enthalten Bezüge zur Mordserie. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe übernimmt die Ermittlungen.

    Sonntag, 13. November: Die Bundesanwaltschaft geht erstmals ausdrücklich von Rechtsterrorismus aus. Der Bundesgerichtshof erlässt  Haftbefehl gegen Zschäpe wegen des dringenden Tatverdachts «der Gründung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung». In Lauenau bei Hannover wird ein mutmaßlicher Komplize festgenommen. Holger G. soll dem Neonazi-Trio 2007 seinen Führerschein und vor etwa vier Monaten seinen Reisepass zur Verfügung gestellt haben. Die Rolle des Verfassungsschutzes in dem Fall ist unklar. Politiker fragen, warum die Rechtsextremen, die unter Beobachtung standen und schon 1998 in Jena als Bombenbauer auffielen, so lange unbehelligt blieben.

    Montag, 14. November: Justizministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger sagt, die Strukturen des Verfassungsschutzes sollten auf den Prüfstand gestellt werden. Ihre Frage: «Was mich wirklich umtreibt, ist: Gibt es ein fester gefügtes rechtsextremistisches Netzwerk in Deutschland als bisher angenommen wurde?».

    Donnerstag, 17. November: Der hessische Verfassungsschutz dementiert einen Bericht, ein 2006 suspendierter Mitarbeiter habe einen V-Mann beim rechtsextremen Thüringer Heimatschutz geführt. Der Verfassungsschützer war 2006 in einem Internetcafé in Kassel gewesen, kurz bevor dort die tödlichen Schüsse auf den türkischstämmigen Betreiber fielen.

    Freitag, 18. November: Die Terrorzelle ist möglicherweise größer als bisher bekannt. Ermittler haben zwei weitere Personen im Visier. Sie sollen Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe unterstützt haben. Nach mehreren Ermittlungspannen in der Vergangenheit wollen Bund und Länder mit besseren Strukturen auf den über Jahre unentdeckten rechtsextremistischen Terror reagieren.

    Dienstag, 29. November: Fahnder nehmen den früheren NPD-Funktionär Ralf W. fest. Er soll ein weiterer mutmaßlicher Unterstützer der terroristischen Vereinigung «Nationalistischer Untergrund» (NSU) sein.

    Der rechtsextremistischen Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) werden Morde an zehn Menschen sowie die Verantwortung für mehrere Anschläge angelastet. Medienberichten zufolge war die Bundesanwaltschaft schon Ende der 1990er Jahre mit dem Fall des Jenaer Terror-Trios befasst.

    Das Nachrichtenmagazin Spiegel berichtet, dass das Bundeskriminalamt im März 1999 die Karlsruher Behörde von dem abgetauchten Trio unterrichtete. Die Bundesanwaltschaft habe jedoch damals keine Anzeichen für eine terroristische Vereinigung gesehen und entsprechende Ermittlungen abgelehnt.

    Sie habe sich damit einer Einschätzung der Geraer Staatsanwaltschaft angeschlossen, die das Trio als "ein loses Geflecht von Einzeltätern" einstufte. dpa

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden