Die EU-Kommission und mehrere europäische Außenminister warnen bei einer Rückkehr von Silvio Berlusconi als Regierungschef vor einer Abkehr von der italienischen Reformpolitik. "Es wäre zum Nachteil von Italien und zum Nachteil von Europa, wenn diese Reformen rückgängig gemacht würden - von wem auch immer", sagte der schwedische Außenminister Carl Bildt in Brüssel.
Italien könnte für Turbulenzen in EU sorgen
Sein österreichischer Amtskollege Michael Spindelegger sagte, jede neue Regierung müsse den Weg von Premierminister Mario Monti fortsetzen. Dieser hatte am Samstag überraschend seinen Rücktritt erklärt. Italien müsse seine Staatsfinanzen weiter stabilisieren, um die EU vor einem neuen "Problemkind" zu bewahren. Auch der deutsche Außenminister Guido Westerwelle warnte bei einem Kurswechsel vor einer "erheblichen Schwächung" Italiens und vor neuen "Turbulenzen" in ganz Europa.
Italien: Reformwillen notwendig für ganze Eurozone
EU-Kommission und Rat bezeichneten den Reformwillen der Italiener als notwendig für die Eurozone. Der Reformkurs müsse fortgesetzt werden, sagte Kommissionspräsident José Manuel Barroso, denn Europa brauche ein starkes und stabiles Italien.
Das ist Berlusconi
Am 29. September 2011 wurde Silvio Berlusconi 75 Jahre alt. Der italienische Ministerpräsident zählt zu den umstrittensten Staatschefs Europas. Zahlreiche Skandale kursierten durch die Medien und haben sein politisches Ansehen mehrmals empfindlich geschädigt.
Berlusconi wurde 1936 in Mailand geboren. Sein Vater war Geschäftsführer der Banca Rasini. Nach der Schulausbildung studierte Berlusconi Jura. Während seinem Studium jobbte er als Staubsaugervertreter und als Sänger auf Kreuzfahrtschiffen sowie in diversen Nachtclubs.
1961 gründete er zusammen mit einem Bauunternehmer seine erste Firma, die Cantieri Riuniti Srl. Unterstützt wurde er dabei von Carlo Rasini, dem Inhaber der Banca Rasini. Seither hat er ein stattliches Vermögen angehäuft und gilt als einer der reichsten Männer des Landes.
Mit seiner ersten Frau Carla Elvira Lucia Dall’Oglio hat Berlusconi zwei Kinder. Das Paar heiratete 1965. Die Ehe wurde 1985 wieder geschieden.
1972 stieg er in das Mediengeschäft ein. Den Auftakt bildete der lokale Fernsehsender "Milano 2", der die Anwohner der gleichnamigen, von ihm selbst gebauten Trabantenstadt mit leichter Unterhaltung und kurzen Nachrichten versorgte. In der Folgezeit entwickelte sich Berlusconi zum Herrscher über das italienische Mediengeschehen.
In den 80er Jahren erweiterte er seinen Einflussbereich und etablierte sich auf dem europäischen Medienmarkt. Bis in die 90er Jahre zählte zum Beispiel der deutsche Sender Tele5 zu Mediaset, dem Medienunternehmen seines Konzerns Fininvest.
Berlusconi besitzt als Mehrheitaktionär bei Mondadori und Einaudi großen Einfluss im Verlagswesen. Er ist außerdem in den Bereichen Kino und Filmverleih erfolgreich.
Seit 1986 gehört ihm der Fußballclub AC Mailand, dessen Präsident er auch für lange Jahre war. 2004 musste er von diesem Posten zurücktreten.
1990 heiratete Silvio Berlusconi ein zweites Mal. Aus der Ehe mit der Schauspielerin Veronica Lario gingen drei Kinder hervor. Nach neun skandalreichen Ehejahren verkündete Lario ihre Scheidungspläne.
Im Januar 1994 wurde eine Rede Berlusconis ausgestrahlt, in der er seinen Einstieg in die Politik bekanntgab. Sein Ziel bestand offiziell in der Eindämmung der "kommunistischen Gefahr" durch das Mitte-Links-Bündnis. Der Wahlkampf wurde durch seine Macht über die Medien stark beeinflusst. Berlusconis Partei, die Forza Italia, zog ins Parlament ein.
2001 konnte Berlusconi seinen zweiten Wahlsieg verbuchen. Im Zuge des Wahlkampfes wurde jeder Haushalt mit seiner 128 Seiten umfassenden Biographie ausgestattet. Aufgrund zahlreicher Uneinigkeiten innerhalb der Regierung kam es regelmäßig zu Umbildungen.
Immer wieder wurde Berlusconi Korruption vorgeworfen. 2003 äußerte er sich zu seiner priveligierten Behandlung vor Gericht folgendermaßen: "Es ist richtig, dass alle vor dem Gesetz gleich sind, aber ich bin gleicher, weil mich die Mehrheit des Volks gewählt hat".
2005 wurde Berlusconi zum dritten Mal italienischer Miniterpräsident. Kurzzeitig war er zusätzlich Gesundheitsminister des Landes. Im darauffolgenden Jahr unterlag er Romano Prodi, der anschließend das Amt des Regierungschefs übernahm.
Die Regierung um Romano Prodi hatte wenig Erfolg, so dass Berlusconi bereits 2008 wieder das Ruder übernahm. Seither erschütterten zahlreiche Skandale seine Glaubwürdigkeit. Als er zum Beispiel 2009 nach Neapel fuhr, um dort das Müllproblem zu beheben, besuchte er eine junge Frau, die gerade ihren 18. Geburtstag feierte, und beschenkte sie teuer.
Großes Aufsehen erregten auch die so genannten "Bunga Bunga"-Partys in seiner Villa in der Nähe von Mailand, auf denen, wie behauptet wird, erotische Spiele im Mittelpunkt standen. Angeblich waren dort auch Prostituierte und Minderjährige zugegen.
Vielen fällt es schwer, einen Staatschef ernst zu nehmen, der damit prahlt, nur in seiner Freizeit Ministerpräsident zu sein.
Während der Eurokrise gerät Silvio Berlusconi zunehmend unter Druck. Auch Italien gilt als hochverschuldet.
Am 12. November tritt Silvio Berlusconi dann von seinem Amt als italienischer Ministerpräsident zurück. In Rom herrscht Jubelstimmung.
"Es gibt keine Alternative für solide öffentliche Finanzen. Es gibt keine richtige Alternative zu dem, was Herr Monti macht", sagte Ratspräsident Herman Van Rompuy. "Er war unglaublich hilfreich dabei, die Eurozone stabil zu halten." dpa