Eine endgültige Einigung müssen Parlament und Rat, der die Richtlinie initiiert hatte, im Vermittlungsausschuss erzielen. Allerdings ist es nach Aussagen von Abgeordneten unwahrscheinlich, dass eine allgemeine Bekleidungsvorschrift für Arbeiten im Freien erlassen wird.
Die Abgeordneten verabschiedeten am Mittwoch in Straßburg in zweiter Lesung die EU-Richtlinie zum "Schutz der Arbeitnehmer vor optischer Strahlung". Allerdings nahmen sie den umstrittenen Bereich natürlicher Sonnenstrahlen heraus und überließen die Verantwortung den Mitgliedsländern. Mit der "Sonnenscheinrichtlinie" sollten Arbeitnehmer vor Hautkrebs geschützt werden, der durch künstliche Strahlen wie Laser und natürliche Strahlen wie Sonnenlicht verursacht wird.
Die Europäische Kommission und der Europäische Rat wollten Arbeitgeber dazu verpflichten, ihre Mitarbeiter über die Gefahren von optischen Strahlen zu informieren und gegebenenfalls über Schutzkleidung Abhilfe zu schaffen. Das war auf heftigen Widerstand gestoßen.
Abgeordnete der konservativen EVP-Fraktion feierten die Entscheidung des Parlamentes: "Wir haben heute ein Zeichen für ein bürgernahes Europa und gegen bürokratischen Irrsinn gesetzt", sagte Thomas Mann (CDU). Es sei völlig abwegig, Arbeitnehmer EU-weit einheitlich vor Sonnenstrahlen schützen zu wollen. Zumal das Klima in verschiedenen Mitglieds-Staaten völlig unterschiedlich sei.
Grüne und Sozialdemokraten kritisierten das Ergebnis: Konservative und Liberale hätten gezeigt, dass der EU-Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz für sie nicht mehr als ein Lippenbekenntnis ist. "Sie ignorieren die ständig zunehmenden Hautkrebserkrankungen bei Arbeitnehmern, die regelmäßig der direkten Sonnenstrahlung ausgesetzt sind", sagte die Abgeordnete Karin Jöns (SPD). In Deutschland erkrankten jährlich mehr als 90.000 Menschen an Hautkrebs. Diese Zahl habe sich seit den siebziger Jahren verzehnfacht.
Die Richtlinie ist Teil eines Pakets zum Arbeitnehmerschutz. In den Bereichen Lärm, elektromagnetische Strahlung und Vibration wurden bereits Gesetze erlassen.