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Hamas: EU-Gerichtshof streicht Hamas von der Terrorliste

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EU-Gerichtshof streicht Hamas von der Terrorliste

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    Nach einem Urteil der EU-Richter war die Auifnahme der Hamas in die EU-Terroriliste 2011 ungültig. Die EU-Kommission will das Urteil prüfen.
    Nach einem Urteil der EU-Richter war die Auifnahme der Hamas in die EU-Terroriliste 2011 ungültig. Die EU-Kommission will das Urteil prüfen. Foto: Thomas Frey/Archiv (dpa)

    Die Aufnahme der palästinensischen Organisation Hamas in die EU-Liste mit Terrororganisationen hat der Europäische Gerichtshof am Mittwoch für ungültig erklärt.Der Beschluss sei aus "Verfahrensgründen" hinfällig, nicht aufgrund des Inhalts, erklärte der Gerichtshof in Luxemburg. Israel verurteilte die Entscheidung. Die EU prüft nun eine Berufung und erklärte, sie betrachte die

    Die Aufnahme der Hamas in die EU-Terrorliste sei nicht "auf Tatsachen gestützt", die "in Entscheidungen zuständiger nationaler Behörden geprüft und bestätigt wurden", begründete das Gericht seinen Beschluss. Vielmehr beruhe sie auf Angaben, "die der Presse und dem Internet entnommen sind". Die EU hatte den militärischen Arm der Hamas Dezember 2001 auf die Terrorliste gesetzt, 2003 folgte auch der politische Teil der Organisation. Dadurch wurden Gelder der Gruppe und ihrer Mitglieder in Europa eingefroren.

    Hamas-Aufnahme in die Terrorliste ungültig - EU prüft Urteil

    "Das ist ein Sieg für die palästinensische Sache und für die Rechte unseres Volkes", sagte Hamas-Sprecher Fausi Barhum. "Wir danken dem Europäischen Gerichtshof für die diese positive Entscheidung, der international Schritte folgen müssen, um die Unterdrückung des palästinensischen Volkes zu beenden."

    Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verurteilte die Entscheidung des Gerichtshofs. Die Begründung sei nicht nachvollziehbar. "Wir rufen die Europäer auf, die Hamas umgehend wieder auf die Liste zu setzen", erklärte der Regierungschef.

    Eine Sprecherin der EU-Kommission sagte, die EU prüfe das erstinstanzliche Urteil und entscheide dann über eine mögliche Berufung sowie Schritte, den Fehler bei der Hamas-Aufnahme in die Terrorliste zu beheben. Sie betonte gleichzeitig, es handele sich bei dem Urteil nicht um "eine politische Entscheidung".

    Die für die Hamas in dem Verfahren tätige Anwältin, Liliane Glock, warf der EU vor, ihre Liste letztlich auf Basis der Liste der US-Behörden erstellt zu haben. Sie forderte auch Frankreich auf, die Hamas von seiner nationalen Terrorliste zu nehmen. Denn Paris beschränke sich darauf, "die Eintragungen der europäischen Liste zu übernehmen."

    Strafmaßnahmen gegen die Hamas bleiben vorerst bestehen

    Das sind die Akteure und Vermittler im Gaza-Konflikt

    HAMAS: Die Kernforderung der im Gazastreifen herrschenden Hamas ist eine Aufhebung der Blockade des Palästinensergebiets durch Israel und Ägypten. Sie ist derzeit nicht zu einer Rückkehr zum Status quo vor Ausbruch der neuen Kämpfe bereit. Außerdem fordert sie die Freilassung von rund 50 Hamas-Häftlingen, die im Tausch gegen den israelischen Soldaten Gilad Schalit freigelassen, dann aber nach dem Mord an drei israelischen Teenagern wieder festgenommenen worden waren. Die Verhandlungen für die Hamas führt der Exilchef der Organisation, Chaled Maschaal. Er betont, nach all den Todesopfern könne Hamas nicht von ihren Forderungen abweichen. Es seien inzwischen die Forderungen aller Palästinenser im Gazastreifen.

    DIE PALÄSTINENSERBEHÖRDE: Der gemäßigte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ist als Vermittler zwischen den verschiedenen Parteien im Einsatz. Auch er tritt für eine Aufhebung der Blockade des Gazastreifens ein, die schon 2006 begonnen hatte und dann immer weiter verschärft wurde. Seine Fatah-Organisation hatte Anfang Juni eine Einheitsregierung mit der rivalisierenden Hamas gebildet.

    ISRAEL: Israel hat die von Ägypten vorgeschlagen Waffenruhe akzeptiert, die Hamas bisher ablehnt. Der jüdische Staat fordert als Bedingung für ein Ende seiner Angriffe im Gazastreifen einen Stopp der Raketenangriffe militanter Palästinenser auf israelische Städte und eine Wiederherstellung der Ruhe. Rechtsorientierte Kabinettsmitglieder haben allerdings eine Zerschlagung der Hamas und ihrer militärischen Infrastruktur im Gazastreifen verlangt. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat sich für eine Entwaffnung der Hamas ausgesprochen.

    KATAR: Das kleine, aber einflussreiche Emirat sieht sich als «Verbindungskanal» zwischen der Hamas und der internationalen Gemeinschaft. Die Hauptstadt Doha war in den vergangenen Tagen Zentrum intensiver Verhandlungen. Katar und sein Scheich Tamim bin Hamad al-Thani sind wichtigster Geldgeber der Hamas. Das Emirat ließ wissen, es werde keinen Druck auf die Palästinenserorganisation ausüben, die von Ägypten vorgeschlagene Waffenruhe zu akzeptieren. Hier spiegelt sich auch das schlechte Verhältnis zwischen Kairo und Doha wider. Katar unterstützt in Ägypten die Muslimbrüder, die vor einem Jahr vom ägyptischen Militär gestürzt worden waren.

    ÄGYPTEN: Unter Langzeitherrscher Husni Mubarak und auch unter dem islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi war Ägypten wichtigster Vermittler im Nahost-Konflikt. Doch diese Rolle hat Kairo verloren. Vor allem das Verhältnis zur Hamas ist schlecht, die einst aus den in Ägypten massiv verfolgten Muslimbrüdern hervorging. Kritiker klagen, Ägypten rede über die Hamas, aber nicht mit ihr - direkte Gespräche zwischen beiden Seiten gebe es nicht. Als Hamas-Exilchef Chaled Maschaal erklärte, Ägypten habe ihn zu Gesprächen eingeladen, ließ Kairo über Diplomaten verbreiten, diese Nachricht gehöre zu der «Kette von Lügen», die Hamas in die Welt setze.

    TÜRKEI: Wie Katar gehört auch die Türkei zu den Unterstützern der Hamas. Beide Länder haben sich in den vergangenen Tagen abgestimmt und die Bedingungen der Palästinenserorganisation für eine Waffenruhe abgesegnet. Das Verhältnis Ankaras zu Israel ist seit dem Übergriff israelischer Soldaten auf Aktivisten an Bord des türkischen Schiffes «Mavi Marmara» 2010 angespannt. Für den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan kommt der Gazakonflikt zudem zu einer ungünstigen Zeit, da er sich im Wahlkampf für das Präsidentenamt befindet. Erdogan warf Israel wegen der Gaza-Militäroffensive Grausamkeiten vor, die sogar «Hitler» überträfen.

    USA: Für Amerika bedeutet der Konflikt einen Drahtseilakt: Einerseits betont Barack Obama, dass Washington fest an der Seite Israels stehe. Jedes Land habe das Recht, sich gegen Raketenbeschuss zu verteidigen. Andererseits ist er über die steigenden Opferzahlen in Gaza besorgt. Hinter vorgehaltener Hand fragt sich Washington, ob die Gewalt in Gaza tatsächlich angemessen ist. Zwar hat Obama sich als Vermittler angeboten. Doch eine Strategie, wie es beide Seiten zur Mäßigung bringen könnte, lässt Washington nicht erkennen. Erst kürzlich sind die USA mit ihrem Vermittlungsversuch in Sachen Nahostfrieden gescheitert. Die Autorität der USA im Nahen Osten dürfte dadurch wohl nicht gewachsen sein.

    Das Gericht betonte, seine Entscheidung lasse die Frage unberührt, ob die Hamas tatsächlich eine terroristische Vereinigung sei. Die Strafmaßnahmen gegen die Organisation bleiben nach dem Urteil vorerst in Kraft, "um die Wirksamkeit etwaiger künftiger Maßnahmen zum Einfrieren von Geldern zu gewährleisten".  Sie gelten laut Gericht noch für mindestens drei Monate oder im Falle einer Berufung, bis dieses Verfahren entschieden ist.

    Die Hamas wurde kurz nach Beginn der ersten Intifada im Dezember 1987 gegründet. Der Name ist die Abkürzung der arabischen Bezeichnung für "Islamische Widerstandsbewegung", das Wort selbst bedeutet "Eifer". Programmatisches Ziel ist die Zerstörung Israels und die Errichtung eines islamischen Staates Palästina von der Mittelmeerküste bis zum Jordanfluss.

    Nach Kämpfen mit der Fatah-Partei von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas übernahm die Hamas im Sommer 2007 die Kontrolle im Gazastreifen. Auch nach der Bildung einer Einheitsregierung im Juni mit der Fatah übt sie dort de facto weiter die militärische Kontrolle aus. afp

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