Fiskalpakt und ESM: Richter entscheiden über Eilklagen - Das Bundesverfassungsgericht wird Anfang kommender Woche über die Eilklagen gegen den Euro-Rettungsschirm ESM und den europäischen Fiskalpakt verhandeln. Einige Kläger sehen durch das Rettungspaket das Haushaltsrecht des Parlaments beschnitten, wie das Karlsruher Gericht am Montag mitteilte.
Fiskalpakt: Merkel sieht sich bestätigt
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht indes den deutschen Kurs bei der Euro-Rettung durch die Beschlüsse des EU-Gipfels bestätigt. Die Verfassungshüter verhandeln über insgesamt fünf ähnliche Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Die Eilanträge zielen darauf, dem Bundespräsidenten bis zur Entscheidung in den Hauptsacheverfahren zu untersagen, die am Freitagabend vom Bundestag und Bundesrat beschlossenen Gesetze zu unterschreiben und rechtskräftig werden zu lassen.
Zu den Klägern zählt unter anderem der Verein "Mehr Demokratie", der zusammen mit mehr als 12.000 Bürgern verschiedene Grundrechte durch das Rettungspaket verletzt sieht. Nach Auffassung dieser Kläger habe sich der Bundestag mit seiner Zustimmung zum ESM-Vertrag wegen der damit eingegangenen unbegrenzten Haftungsrisiken "seiner parlamentarischen Gestaltungs- und Kontrollmöglichkeiten und damit seiner Haushaltsautonomie entäußert". Damit werde das Recht der Wähler auf demokratische Mitgestaltung beeinträchtigt. Die Zustimmung zum Fiskalpakt verstoße ebenfalls gegen demokratische Grundsätze.
Fiskalpakt: Krise schneller als Gesetzgeber
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) rechnet nach eigenen Angaben nicht damit, dass das Bundesverfassungsgericht das Euro-Rettungspaket stoppt. Die Richter hätten "in der Vergangenheit bei einzelnen Gesetzen Leitplanken eingezogen, die Hilfsmaßnahmen grundsätzlich aber nicht beanstandet", sagte Leutheusser der "Passauer Neuen Presse" vom Montag.
Der als Euro-Rebell bekannt gewordene FDP-Abgeordnete Frank Schäffler hofft indes auf eine einstweilige Anordnung "mit dem Inhalt, dass der Bundespräsident das Gesetz nicht unterzeichnen darf". In der Koalition wachse der Widerstand gegen die Euro-Rettungspolitik: Viele ahnten inzwischen, "dass das alles nicht gut gehen kann", sagte er der "Welt" (Dienstagsausgabe). "Wenn jeder Rettungsschirm immer nur für ein paar Monate hält, beweist das doch, dass die Krise schneller ist als der Gesetzgeber." Beim Bundestags-Votum über den ESM hatten 26 Abgeordnete aus Union und FDP dagegen gestimmt.
Fiskalpakt und ESM: Bundesregierung verteidigt Beschlüsse
Die Bundesregierung verteidigte am Montag erneut die Beschlüsse des EU-Gipfels der vergangenen Woche, bei dem Merkel Spanien und Italien Zugeständnisse gemacht hatte. Die Grundprinzipien der deutschen Politik seien in Brüssel bestätigt worden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin: "Es gibt keine Hilfen ohne Gegenleistung." Die Behauptung, künftig würde Geld ohne Auflagen fließen, sei "grundfalsch". (afp, AZ)
Rettungsschirme, EFSF und ESM
Griechenland-Pleite, Rettungsschirme, Eurobonds, EFSF, ESM: Beim Thema Euro-Krisen schwirren etliche Fachbegriffe herum. Lesen Sie hier in Kurzform, was Sie zum Thema Rettungsschirme wissen müssen.
EFSF steht für Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (European Financial Stability Facility) und ist eine Aktiengesellschaft, die notleidenden Euro-Staaten helfen soll. Sollte ein EU-Land in Not geraten, kann die im Juni 2010 gegründete EFSF Anleihen bis zu 440 Milliarden Euro ausgeben. Dafür haften die Euro-Länder.
Kritik am EFSF: Im Vertrag von Maastricht wurde eine so genannte Nichtbeistands-Klausel (No-bailout-Klausel) vereinbart, die die Haftung der Union oder einzelner Mitgliedstaaten für die Verbindlichkeiten anderer Mitgliedstaaten untersagt. Auf Druck des Nicht-Eurolandes Großbritannien wurde durchgesetzt, dass bei Krediten für Staaten, die Mitglieder der Eurozone sind, nur die übrigen Eurostaaten haften.
Der EFSF soll bis Juni 2013 aktiv bleiben und dann abgelöst werden, nämlich vom ESM.
ESM steht für Europäischer Stabilitäts-Mechanismus und ist der permanente Euro-Rettungsschirm. Seine wichtigsten Instrumente sind Notkredite und Bürgschaften für überschuldete EU-Staaten. Jedes Land, das Hilfe aus dem ESM erhält, muss im Gegenzug bestimmte wirtschaftliche Konsequenzen ziehen.
Kritiker sagen, dass Rettungsschirme und Bürgschaften es Ländern erleichtern, Schulden zu machen. Wenn es wirklich eng wird, treten schließlich die anderen EU-Länder ein und helfen.
Eurobonds: Darunter versteht man eine EU-Staatsanleihe. Das bedeutet, die Länder der EU würden gemeinsam Schulden aufnehmen - und auch gemeinsam für sie haften. Hinter der Idee steht die Hoffnung, dass die Kreditwürdigkeit der Eurozone als Ganzes von den Finanzmärkten und den Ratingagenturen höher eingeschätzt wird als die seiner einzelnen Mitgliedstaaten.
Die Befürworter dagegen erklären, dass notleidenden EU-Staaten geholfen werden muss. sie warnen vor einem Domino-Effekt. Heißt: Wenn ein Land tatsächlich pleite geht, reißt es andere Länder mit sich.