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Kommentar: Die Welt braucht Papst Franziskus dringender denn je

Kommentar

Die Welt braucht Papst Franziskus dringender denn je

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    Flüchtlingskrise, Beziehungen zwischen Kuba und den USA, Völkermord in Armenien - Papst Franziskus mischt in der internationalen Politik mit. Warum das gut ist.
    Flüchtlingskrise, Beziehungen zwischen Kuba und den USA, Völkermord in Armenien - Papst Franziskus mischt in der internationalen Politik mit. Warum das gut ist. Foto: Tony Gentile (dpa)

    Man reibt sich bisweilen verwundert die Augen: Ist Papst Franziskus wirklich erst seit März 2013 im Amt? Täglich sorgt er für Schlagzeilen, seine Auftritte und Entscheidungen werden häufig mit dem Wort „historisch“ kommentiert. Meist völlig zu Recht übrigens. Franziskus legt ein dermaßen hohes Tempo vor, dass manchem, gerade im Vatikan, regelrecht schwindelig sein dürfte.

    Offensichtlich will der Papst keine Zeit verlieren, weder was innerkirchliche Reformen angeht noch was, etwas pathetisch gesprochen, den Lauf der Welt betrifft. In den nämlich greift Franziskus ein.

    Papst Franziskus als Mittler zwischen den USA und Kuba

    Zum Glück. Angesichts der gegenwärtigen Ballung von Krisen und Kriegen bedarf es einer vermittelnden Instanz, vielleicht dringender denn je. Papst Franziskus ist sich dessen bewusst. Ein Mittler zu sein, das ist der zweite programmatische Pfeiler neben dem der Barmherzigkeit, auf den er sein Pontifikat gestützt hat.

    Wozu dieser Papst fähig ist, hat sich im Falle Kubas gezeigt, das er seit Samstag besucht. Mit Briefen an den kubanischen Präsidenten Raúl Castro und den US-Präsidenten Barack Obama leitete er unbestritten das Ende der Jahrzehnte währenden Eiszeit zwischen beiden Staaten ein. Mit und bei seinem Besuch auf Kuba, das Katholiken übrigens nach wie vor diskriminiert, und seinem anschließenden USA-Besuch wird er den Prozess der Annäherung weiter begleiten und mitgestalten.

    Flüchtlingskrise: Papst Franziskus mischt die internationale Politik auf

    Wozu dieser Papst fähig ist, hat sich auch im Falle der Flüchtlingskrise gezeigt, jenem „Megathema“ dieser Wochen. Bereits im Juli 2013 war Franziskus auf der italienischen Insel Lampedusa, um die breite Öffentlichkeit auf das Leid der Bootsflüchtlinge zu stoßen. Von einem Schiff der Küstenwache warf er einen Blumenkranz ins Meer – und setzte damit nicht nur ein starkes Zeichen, sondern nahm Einfluss auf die politische und journalistische Agenda. Franziskus ist ein politischer Papst. Und er weiß sein symbolisches Kapital, das er alleine qua Amt als Oberhaupt von 1,2 Milliarden Katholiken hat, bisher geschickt zu nutzen.

    Er mischt sich in internationale Politik ein, mischt darin mit, und manchmal mischt er sie auf. Etwa als er im letzten April die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich während des Ersten Weltkriegs öffentlich als „ersten Genozid des 20. Jahrhunderts“ bezeichnete. Tage später schlossen sich ihm Bundestag und Bundespräsident an – und redeten, nachdem jahrzehntelang über die Verwendung des Wortes diskutiert worden war, nun ebenso von Völkermord.

    Papst Franziskus - der Brückenbauer

    Dieser politische Papst hat mal mehr, mal weniger Erfolg. Seinem Friedensgebet mit Palästinenserpräsident Abbas und dem damaligen israelischen Staatschef Peres vom Juni 2014 jedenfalls folgte im Juli 2014 der Gaza-Krieg. War es dem Pontifex hier offensichtlich nicht vergönnt, eine tragfähige Brücke zwischen den verfeindeten Parteien zu bauen, gelang ihm das zwischen Kuba und den USA.

    Das ist Papst Franziskus

    Franziskus, mit bürgerlichem Namen Jorge Mario Bergoglio, wurde am 17. Dezember 1936 als Sohn italienischer Einwanderer in Argentinien geboren.

    Sein Vater war Bahnangestellter in der argentinischen Hauptstadt. Dort ging er auf eine technische Schule, die er als Chemie-Techniker absolvierte.

    Mit 21 Jahren ging Bergoglio ins Priester-Seminar.

    Nach seiner Priesterweihe 1969 folgte Bergoglio Theologiestudien und wurde 1973-1979 zum Provinzial des Jesuitenordens berufen.

    Der Jesuit übernahm 1998 die Erzdiözese von Buenos Aires und wurde 2001 zum Kardinal berufen. 

    2001 wurde Jorge Mario Bergoglio zum Kardinal berufen. 

    In den letzten Jahren kollidierte Bergoglio mehrfach mit den Regierungen von Néstor und Cristina Kirchner. Er kritisierte Korruption und Armut, außerdem wandte er sich gegen die Legalisierung der Homo-Ehe in Argentinien.

    Bergoglio wurde in der Vergangenheit der "Kardinal der Armen" genannt.

    Mit 76 Jahren und seiner etwas gebrechlichen Gesundheit ging Jorge Mario Bergoglio in die neue Papstwahl eher als Außenseiter unter den Favoriten.

    Im fünften Wahlgang wurde Bergoglio dann zum neuen Papst gewählt.

    Bergoglio nennt sich als Papst Franziskus.

    Franziskus ist der erste Südamerikaner an der Spitze der katholischen Kirche.

    Mit dem Namen erinnert der Argentinier an Franz von Assisi (um 1181-1226), einen der meistverehrten Heiligen überhaupt.

    Bereits in den ersten Monaten nach seiner Wahl zeigt sich Franziskus als Reformer. Er will nach eigener Aussage eine Kirche, in der auch die Armen, Schwachen und Unterdrückten Platz haben.

    Pontifex, das lässt sich mit „Brückenbauer“ übersetzen – Franziskus jedoch ist mehr. Nicht zuletzt, weil er Probleme klar benennt, zum Handeln auffordert und selbst handelt. Wer sonst, außer dem Papst, könnte das in dieser Weise auf internationaler Ebene?

    Die Welt braucht den Politker und Diplomaten Franziskus

    Die vor 70 Jahren gegründeten Vereinten Nationen etwa, vor deren Vollversammlung Franziskus in New York sprechen wird, haben massiv an Bedeutung verloren. Im Weltsicherheitsrat blockieren sich die Veto-Mächte und finden keine Lösung, um das Blutvergießen in Syrien zu stoppen. Das kann auch der Papst nicht. Aber er ist imstande, Türen zu öffnen.

    Man mag vom Kirchenoberhaupt Franziskus halten, was man will: Den Politiker und Diplomaten Franziskus braucht die Welt.

    Wer sonst könnte in Konflikten derart vermitteln?

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