Georg Schramm ist bei Linken und Piraten als Gegenkandidat zu Joachim Gauck bei der Neuwahl des Bundespräsidenten im Gespräch. Der frühere Partei- und Fraktionschef der Linken, Oskar Lafontaine, sagte zu einer möglichen Nominierung des vom Linken-Jugendverband 'solid ins Gespräch gebrachten Kabarettisten und Kapitalismuskritiker Schramm, dies sei ein "interessanter Vorschlag". Lafontaine bekräftigte in der "Saarbrücker Zeitung" vom Dienstag zudem, Gauck sei für die Linke nicht wählbar.
Die Linke: Eigener Kandidat?
"Wenn alle in die falsche Richtung laufen und einen Kandidaten unterstützen, der den Abbau des Sozialstaats und den Krieg als Mittel der Politik für richtig hält, dann muss es wenigstens eine politische Kraft geben, die dagegen hält", begründete Lafontaine die Überlegungen bei den Linken für die Nominierung eines eigenen Kandidaten.
Zu Gauck, der von CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP unterstützt wird, sagte Lafontaine, dieser sei "zum Beispiel für Hartz IV und den Afghanistan-Krieg. Schon deshalb können wir ihn unmöglich unterstützen".
Linke: Online-Petition für Schramm
Der Linken-Jugendverband 'solid hatte am Sonntag eine Online-Petition für Schramm gestartet. Dieser sei "seit Jahren für seine scharfzüngige Kritik am kapitalistischen Wirtschaftssystem bekannt", hieß es zur Begründung. Auch kämpfe Schramm "für politischen Anstand und wirtschaftliche Gerechtigkeit so überzeugend wie kaum ein anderer".
Auch in der Piratenpartei wird über eine mögliche Nominierung Schramms oder eine Unterstützung für seine Kandidatur diskutiert. Die Piraten wollen noch am Dienstag ihr weiteres Vorgehen klären.
Parteispitze entscheidet am Donnerstag
Die Parteispitze der Linken will an diesem Donnerstag entscheiden, ob sie einen eigenen Kandidaten ins Rennen schickt. Der Linken-Fraktionsvize Dietmar Bartsch wollte sich vorab an Personalspekulationen nicht beteiligen. Auch zu der Frage, ob die Linke überhaupt einen Gegenkandidaten zu Gauck aufstellen sollte, legte er sich am Dienstag im Deutschlandfunk nicht fest.
"Es gibt Argumente, die deutlich dafür sprechen, es gibt auch Argumente, die dagegen sprechen", sagte Bartsch lediglich. Klar sei nur, dass Gauck für die Linke "nicht akzeptabel" sei.
Kaum eine Rolle
Für die Entscheidung über das Präsidentenamt dürften die Beratungen bei Linken und Piraten kaum eine Rolle spielen. Die Linke stellt lediglich rund 125 der 1240 Wahlleute in der Bundesversammlung, die Piraten nur zwei. (afp, AZ)
Das ist Joachim Gauck
Bundespräsident Joachim Gauck hat ein bewegtes Leben hinter sich. Seine wichtigsten Stationen.
Gauck kommt 1940 in Rostock zur Welt. Sein Vater ist Kapitän, seine Mutter gelernte Bürofachfrau. Sein Vater wird von den Russen wegen angeblicher Sabotage in einem Lager in Sibirien verschleppt, als Gauck sechs Jahre alt ist. Er kommt erst viele Jahre später wieder frei.
Nach dem Abitur studiert Joachim Gauck Theologie in Rostock und arbeitet dann ab 1967 als Pastor in Lüssow. Sein eigentlicher Berufswunsch Journalist zu werden, lässt sich in der DDR nicht erfüllen.
Ab 1974 wird Joachim Gauck wegen seiner kritischen Predigten von der Stasi beobachtet.
Als sich in der DDR Ende der achtziger Jahre Widerstandsgruppen formieren, wird Gauck Mitbegründer und Sprecher des „Neuen Forums“. Er leitet unter anderem Gottesdienste und führt Großdemonstrationen an.
Das Ende des DDR-Regimes und die Wendezeit nennt Gauck die "prägende Zeit meines Lebens".
1990 leitet er als Abgeordneter der frei gewählten DDR-Volkskammer den Sonderausschuss zur Kontrolle der Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit.
Am Tag der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 übernimmt Joachim Gauck die nach ihm benannte Stasi-Unterlagen-Behörde. Bis zum Jahr 2000, als er die Leitung an Marianne Birthler abgiebt, avanciert Gauck zum bekanntesten Gesicht der DDR-Demokratiebewegung.
Nach dem Mauerfall trennt sich der Theologe von seiner Frau und findet eine neue Lebenspartnerin aus dem Westen - eine Journalistin aus Nürnberg. Bis heute sind beide nicht miteinander verheiratet.
2003 wird Joachim Gauck aus den Reihen der FDP erstmals als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten ins Spiel gebracht.
2005 wird Joachim Gauck, damals 65 Jahre alt, Ehrendoktor der Universität Augsburg.
Der Vater von vier Kindern und mehrfache Großvater engagiert sich auch im Verein „Gegen Vergessen für Demokratie“. Als Vorsitzender kümmert er sich zusammen mit vielen Mitstreitern um die Aufarbeitung der Geschichte der Diktaturen in Deutschland.
Im Sommer 2010 wird er von SPD und Grünen zum Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten nominiert. Dass er bei der durch Horst Köhlers Rücktritt nötig gewordenen Wahl knapp an Wulff scheitert, ändert nichts an seiner Beliebtheit.
2011 sorgt Gauck für Schlagzeilen, als er Thilo Sarrazin für sein Buch „Deutschland schafft sich ab“ Mut attestiert. „Er hat über ein Problem, das in der Gesellschaft besteht, offener gesprochen als die Politik“, sagte Gauck, wobei er sich den den Inhalten des Buches distanzierte.
Nach dem Rücktritt von Christian Wulff wird Gauck von Union, FDP, Grünen und SPD zum gemeinsamen Kandidaten für die Wahl eines neuen Bundespräsidenten nominiert.
Am 18. März 2012 wählt ihn die Bundesversammlung mit großer Mehrheit zum Bundespräsidenten, am 23. März wird er vereidigt.