Lächeln und gut aussehen. Als sich das TV-Bild noch in Grautönen erschöpfte, war das die Stellenbeschreibung für Frauen, die vor einer Kamera arbeiten wollten. Dann kam glücklicherweise das Farbfernsehen und später dann auch die Fernseh-Frauen. Frauen wie Ruth Hofmann. Die Augsburgerin ist Moderatorin beim Pay-TV-Sender Sky. Ihr Aufgabengebiet: Sport.
Zu behaupten, die 29-Jährige sähe nicht gut aus, ginge weit an der Realität vorbei. Ihr Lächeln? Bezaubernd. Es gefriert ein wenig, wenn mal wieder die Frage auftaucht, ob es denn schwierig sei, sich als Frau im Sportjournalismus zu behaupten. Dieses „Frauen-Thema“ sei doch schon längst keines mehr, antwortet sie dann. Warum? „Weil sich Frauen bewährt haben und seit Jahren in dem Bereich gut arbeiten.“
Bei der Fußball-EM in Frankreich kommentiert Claudia Neumann
Das stimmt. Selbst das öffentlich-rechtliche Fernsehen, in Sachen Modernisierung flexibel wie ein Gletscher, hat nachgerüstet. Frauen als Moderatorinnen sind bei ARD und ZDF auch im Sport auf dem Vormarsch. Seit kurzem moderiert beispielsweise Julia Scharf den „Blickpunkt Sport“ des Bayerischen Fernsehens am Montagabend. In den ARD-„Tagesthemen“ soll sie ebenfalls den Sport präsentieren.
Und selbst die letzte Männer-Bastion ist jetzt gefallen: Bei der Fußball-EM der Männer in Frankreich wird mit Claudia Neumann vom ZDF erstmals eine Frau Spiele kommentieren. Von einer Frauen-Quote will aber auch sie nichts wissen. Im Gegenteil: „Ich bin für das Leistungsprinzip. Nur Qualität sollte ausschlaggebend sein. Wenn es gute Frauen gibt, werden die sich auch im Sportjournalismus durchsetzen.“
Im Pay TV gilt das schon seit Jahren. Beim Nachrichtensender Sky Sport News HD moderieren standardmäßig Mann-Frau-Duos. Vier Stunden dauert dort eine Schicht vor der Kamera. Vier Stunden live. Jeder Fehler landet ungefiltert in den Wohnzimmern. Ruth Hofmann lässt das kalt. „Ich bin nicht mehr nervös. Dadurch, dass wir so viel Sendezeit haben, wird die Live-Situation fast zur Normalität.“
Sportjournalistin im Pay TV: Es gibt entspanntere Jobs
Wer will, kann sich bei dem Abo-Sender rund um die Uhr mit Nachrichten aus der Welt des Sports versorgen. Die Moderatoren arbeiten im Schichtbetrieb. Sie ordnen, filtern und präsentieren Neuigkeiten. Führen Interviews, kündigen Beiträge an, schalten zu den Kollegen vor Ort. Das alles möglichst souverän, ohne zum starren Vorleser zu werden. Es gibt entspanntere Jobs.
Es ist die Leidenschaft für den Sport, die ihn für Ruth Hofmann trotzdem zum Traumjob macht. „Das Spannende ist, dass du so wahnsinnig nah dran bist an den aktuellen Infos und sie aufarbeiten kannst“, sagt sie, und die Begeisterung ist ihr förmlich anzusehen. „Sport ist Unterhaltung, Sport ist Emotion. Es wäre ja schlimm, wenn der Moderator die Emotion nicht transportieren würde. Das ist auch der Unterschied zu einem klassischen Nachrichtensprecher wie zum Beispiel bei der ,Tagesschau‘.“
Vorbilder hat die 29-Jährige nicht. „Ich finde bei unterschiedlichen Moderatoren unterschiedliche Sachen gut. Am wichtigsten ist, dass die ihr Handwerk können, und dabei noch natürlich und authentisch sind. Zum Beispiel ARD-Mann Opdenhövel ist für mich einer, der so ist, wie er vor der Kamera ist.“
Studium, Praktika, Glück in Kombination mit Talent. Das sind die Bausteine von Hofmanns Karriere. 2010 suchte Sky neue Gesichter und rief ein Moderatorinnen-Casting aus. Hofmann schickte eine Arbeitsprobe ein und den Verantwortlichen gefiel, was sie sahen. Aus 2800 Bewerberinnen wurden elf für das Casting ausgewählt. Hofmann war dabei und schaffte es bis ins Finale der besten drei. Das Casting war der perfekte Türöffner. Hofmann beendete noch ihr Studium der Sportwissenschaft in München und bekam dann ein Volontariat in der Sportredaktion von Sky.
Ruth Hofmann wurde als "Field-Reporterin" eingesetzt
Der Rest ist schnell erzählt. Nach der Redakteursausbildung wurde Hofmann bald schon als „Field-Reporterin“ in der zweiten Bundesliga eingesetzt. Dort sammelte sie Reaktionen und auch schon mal eine Bierdusche. Mit Ulli Potofski berichtete sie vom Tennis-Turnier in Wimbledon. „Und dann hat es sich 2014 ergeben, dass ich an den Moderatorenplatz bei Sky Sport News HD gewechselt bin.“ Der Sprung vom Spielfeldrand ans Moderatorenpult war groß. Scheinwerferlicht statt Stadionluft. „Es ist schon was anderes, wenn du am Spielfeldrand stehst und in kurzer Zeit drei Fragen stellen sollst, oder wenn du Moderatorin bist und ganze Themenbereiche anders aufarbeiten kannst. Zudem berichte ich jetzt neben dem Fußball auch über viele andere Sportarten.“
In ihrer Jugend war Hofmann beim TV Augsburg aktiv und nahm an deutschen Turngruppenmeisterschaften teil. Diese sportliche Grundausbildung half ihr, als sie bei Stefan Raabs damaliger ProSieben-Show „TV total Turmspringen“ vor einem Millionenpublikum elegant vom Sprungturm hechtete.
Ihr beruflicher Alltag ist nicht ganz so spektakulär, auch wenn er bisweilen um vier Uhr beginnt mit den Vorbereitungen für die Frühschicht. Drei Stunden Recherche, Moderationen schreiben und Maske. Um sieben Uhr gehen die Moderatoren auf Sendung.
Einen beruflichen Traum wird sich Hofmann bei Sky allerdings nicht erfüllen können: Einmal von einer Fußball-EM oder -WM zu berichten. Für diese Turniere liegen die Rechte bei ARD und ZDF. Dort also, wo dieses Frauen-Thema bald auch schon keines mehr sein wird.