Aigner sagt Nein zu Gentechnik: Spuren gentechnisch veränderter Pflanzen soll es auch in Zukunft nicht in Lebensmitteln geben. Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) will eine von der EU-Kommission geplante Lockerung der Regeln für Gentechnik in Lebensmitteln verhindern, wie ihr Sprecher am Montag ankündigte. "0,0 Prozent soll 0,0 Prozent bleiben."
Gentechnik: Aigner für Nulltoleranz
In der Europäischen Union gilt für Lebensmittel die sogenannte Nulltoleranz: Demnach darf nicht einmal eine Spur bisher nicht zugelassener gentechnisch veränderter Pflanzen wie Soja oder Mais enthalten sein. Die EU-Kommission will diese Nulltoleranz nun aufheben und einen gewissen Grad an Verunreinigung erlauben - wie dies seit dem vergangenen Jahr schon bei Futtermitteln tat. Dort ist seitdem ein sogenannter Analyseschwellenwert von 0,1 Prozent erlaubt.
Aigner lehnt EU-Pläne ab
Er wird zum Beispiel erreicht, wenn beim Transport nicht ausreichend gereinigte Behälter verwendet werden. Ministerin Aigner vertrete die Position, dass eine Aufhebung der Nulltoleranz dem Ziel einer umfassenden Verbrauchertransparenz widersprechen würde, erklärte ihr Ministerium. Den Verbrauchern, die Gentechnik in Lebensmitteln mehrheitlich ablehnen, werde so die Wahlfreiheit genommen.
Aigner sehe sich in ihrer Ablehnung der EU-Pläne vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gestärkt: Dieser hatte im September 2011 in seinem "Honigurteil" das Prinzip der Nulltoleranz noch einmal ausdrücklich bekräftigt. Der EuGH urteilte nach der Klage eines Imkers, dass auch Honig, der nur zufällig mit winzigen Spuren gentechnisch veränderten Pollen von Pflanzen ohne Zulassung für den Lebensmittelbereich verunreinigt ist, vor dem Vertrieb erst geprüft und zugelassen werden muss.
FDP stellt sich frontal gegen Aigner
Die FDP in Regierung und Bundestag stellte sich frontal gegen Aigner. "Wachstum und Wohlstand erreichen wir nur, wenn wir modernen Technologien aufgeschlossen gegenüber stehen. Das betrifft auch die Gentechnik", sagte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler den "Ruhr Nachrichten" vom Dienstag. "Es macht keinen Sinn, wenn wir uns von vornherein einer Technologie verschließen."
Die ernährungs- und landwirtschaftspolitische Sprecherin der FDP im Bundestag, Christel Happach-Kasan, sagte der Nachrichtenagentur AFP, sie sei wie EU-Verbraucherschutzkommissar John Dalli für eine Lockerung der Regeln für Gentechnik in Lebensmitteln. Auch die FDP-Bundestagsfraktion befürworte die Abschaffung der Nulltoleranz bei Lebensmitteln. Dies bedeute Rechtssicherheit für die Unternehmen, sagte Happach-Kasan.
Zustand "untragbar"
Der derzeitige Zustand sei "untragbar": Es mache keinen Sinn, für Futter- und Lebensmittel unterschiedliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Das Durchsetzen der Nulltoleranz koste viel Geld, ohne dass dem ein Nutzen für die Verbraucher gegenüberstehe, sagte die FPD-Politikerin.
Die FDP dürfe sich nicht mit ihrer Idee durchsetzen, den Verbrauchern zwangsweise nicht gekennzeichnete gentechnisch veränderte Pflanzen im Essen "unterzujubeln", mahnte hingegen die Grünen-Vizefraktionsvorsitzende Bärbel Höhn. Sie begrüßte den Vorstoß der Verbraucherministerin. (afp, AZ)