22 Jahre wartete Dieter Riechmann in Florida auf seine Hinrichtung. Jetzt durfte der Deutsche die Todeszelle verlassen. Er wurde begnadigt - zu lebenslanger Haft.
Dieter Riechmann aus Hamburg hatte immer seine Unschuld beteuert. Doch niemand glaubte ihm. Auch die Geschworenen nicht. Zu viel sprach gegen den Deutschen. Seine Vergangenheit im Hamburger Rotlichtmilieu. Seine Waffen - und das mögliche Motiv.
Es war im Oktober 1987, als Riechmann mit seiner langjährigen Lebensgefährtin Kersten Kischnick, einer Prostituierten, in Florida Urlaub machte. Am Abend des 25. Oktober waren die beiden in Miami unterwegs, tranken in einem Restaurant mehrere Cocktails, waren bester Laune.
Wenige Stunden später dann die Tragödie. Riechmann hält an einer Straße einen Streifenwagen an. "Hilfe, o mein Gott, mein Mädchen", schreit er. Auf dem Beifahrersitz in seinem Auto liegt die blutende Kersten mit einer Kugel im Kopf. Die junge Frau stirbt.
Riechmann behauptet, er und seine Freundin hätten sich zuvor verfahren und angehalten, um Passanten nach dem Weg zu fragen. Ein Farbiger aus der Gruppe habe sofort eine Waffe gezogen und geschossen. In Panik sei er davongerast, sagt Riechmann.
Doch die Ermittler werden misstrauisch. Sie durchsuchen das Motelzimmer des Deutschen - und entdecken mehrere Waffen. Ein Experte kommt zum Schluss, dass Kersten Kischnick mit einer Waffe gleichen Typs ermordet wurde. Auch ein Motiv für das Verbrechen finden die Fahnder: Versicherungspolicen im Wert von damals fast 1,8 Millionen Mark. Bezugsberechtigter ist Riechmann.
Schließlich wird Dieter Riechmann angeklagt. Wegen Mordes an seiner Freundin. Er erklärt immer wieder, dass er unschuldig sei. Doch die Geschworenen kommen zu einem anderen Schluss. Sie erklären den Angeklagten für schuldig. Am 12. August 1988 fällt das Urteil: Todesstrafe für Dieter Riechmann wegen Mordes unter besonders heimtückischen Umständen.
Riechmann zieht in den Todestrakt des Gefängnisses von Raiford, Florida - und kämpft fortan um die Wiederaufnahme des Verfahrens. Ständig muss er damit rechnen, dass ein Termin für seine Hinrichtung anberaumt wird - mit der Giftspritze oder den elektrischen Stuhl.
Jahre geht das so. Jetzt schließlich die erlösende Nachricht: Dieter Riechmann darf die Todeszelle verlassen. Der heute 65-Jährige wird begnadigt - zu lebenslanger Haft.
Riechmann bleibt damit das Schicksal anderer Deutscher in einer amerikanischen Todeszelle erspart. Etwa das der Brüder Walter und Karlheinz LaGrande. Der Dillinger und der Augsburger wurden 1999 in Arizona in der Gaskammer, bzw. mit der Giftspritze hingerichtet. Sie hatten bei einem Banküberfall einen Angestellten umgebracht.
Später stellte sich heraus, dass die Hinrichtung der LaGrand-Brüder gegen internationales Recht verstieß. (bo)