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Kommentar: Das Problem der SPD mit Martin Schulz

Kommentar

Das Problem der SPD mit Martin Schulz

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    SPD-Chef Martin Schulz, Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles: Nur eine "Regierung light" aus Angst vor der eigenen Courage? Der SPD–Chef ist für seine Partei keine Hilfe.
    SPD-Chef Martin Schulz, Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles: Nur eine "Regierung light" aus Angst vor der eigenen Courage? Der SPD–Chef ist für seine Partei keine Hilfe. Foto: Wolfgang Kumm, dpa

    Schon die Wahl des Ortes war eine überaus komplizierte Angelegenheit. Die Parlamentarische Gesellschaft, eigentlich ideal für vertrauliche Gespräche in noblem Ambiente, galt wegen der gescheiterten Jamaika-Sondierungen als belastet, das Kanzleramt verbot sich von selbst und das Konrad-Adenauer-Haus wie das Willy-Brandt-Haus kamen nicht infrage, da sie einer Seite einen Heimvorteil verschafft hätten.

    Nach langem Hin und Her der Emissäre mussten Martin Schulz und Andrea Nahles   schließlich doch zur Union kommen – ins Büro von Fraktionschef Volker Kauder im Jakob-Kaiser-Haus des Bundestags. Bis zuletzt blieben Ort und Zeit geheim, SPD-Chef Martin Schulz kam durch den Hintereingang, getwittert wurde nichts, hinterher gab es nur eine dürre schriftliche Erklärung.

    Ob sich der Aufwand gelohnt hat? Auch nach dem knapp vierstündigen Zwölf-Augen-Gespräch ist unverändert nicht entschieden, ob und unter welchen Umständen und Bedingungen CDU, CSU und SPD über eine Fortsetzung der gemeinsamen Koalition verhandeln. In der kryptischen Erklärung heißt es lediglich, die Vertreter von CDU und CSU hätten "deutlich gemacht, dass sie gemeinsam mit der SPD Sondierungen zur Bildung einer stabilen Regierung aufnehmen wollen". Die SPD wird darüber in ihren Gremien beraten und entscheiden, wie es weitergeht.

    Eine "Regierung light" wird es mit der Union nicht geben

    Aber was heißt "stabil"? Wie soll die künftige SMS-(Seehofer-Merkel-Schulz-)Regierung konkret aussehen? Schon bei dieser eigentlich ebenso banalen wie selbstverständlichen Frage scheiden sich die Geister. Für Angela Merkel und Horst Seehofer bedeutet dies Fortsetzung der Großen Koalition – und nichts anderes.

    Eine "Regierung light" mit unverbindlichen Absprachen und wechselnden Mehrheiten kommt für sie auch und gerade mit Blick auf die schwierige außenpolitische Lage nicht infrage. Die SPD beharrt dagegen darauf, dass es keinen Automatismus geben dürfe und will, wie auf dem Parteitag vor einer Woche beschlossen, "ergebnisoffen" verhandeln.

    Die Parteilinke pocht darauf, dass es zur "GroKo" eine Alternative in Form einer "KoKo", einer Kooperationskoalition, geben müsse, was eine eher unverbindliche Regierungsbeteiligung der SPD hinauslaufen soll. Nur einige wenige zentrale Anliegen sollen in einem Koalitionsvertrag geregelt werden, ansonsten muss sich die Regierung für alle Projekte erst noch eine Mehrheit im Bundestag besorgen.

    Das SPD-Modell kann nicht funktionieren

    Wie das in der Praxis funktionieren soll, bleibt allerdings das Geheimnis der Sozialdemokraten. Sieht so die Zukunft aus: Im Kabinett sitzen die Minister der SPD, verabschieden Gesetzentwürfe und müssen dann ohnmächtig zusehen, wie die eigenen Abgeordneten möglicherweise sogar mit Zustimmung der Linken und/oder der AfD etwas völlig anderes beschließen?

    Oder, umgekehrt, die Union besorgt sich für ihre ureigenen Projekte trotz Regierungsbeteiligung der SPD eine eigene Mehrheit gegen die SPD? Im Kabinett Große Koalition, im Bundestag Jamaika? Eine derartige Regierung ist alles, nur nicht stabil. Wechselnde Mehrheiten mögen in der Theorie eine Stärkung des Parlaments bedeuten, in Wahrheit haben sie die Handlungsunfähigkeit der Regierung zur Folge.

    Martin Schulz weiß nicht was er will

    Die SPD kann die Entscheidung nicht mehr länger aufschieben, sondern muss Farbe bekennen, am Besten schon heute: Ja zur Koalition mit der Union oder Nein – mit der Konsequenz, dass es im Frühjahr Neuwahlen gibt?

    Ein Sowohl-Als-auch als Ausdruck der Angst vor der eigenen Courage gibt es nicht. Man kann nicht gleichzeitig regieren und opponieren. Aber nur als Regierungspartei hat man überhaupt die Möglichkeit, so viel an eigener Programmatik durchzusetzen wie möglich. Die Macht muss man wollen. Daran fehlt es der SPD derzeit. Sie weiß schlicht nicht, was sie will. Denn sie hat einen Chef, der es auch nicht weiß.

    In unserem Newsblog finden Sie aktuelle Infos zur Regierungsbildung.

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