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SPD: Das Drama des Martin Schulz

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Das Drama des Martin Schulz

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    Martin Schulz’ Abgang von der politischen Bühne ist der vorerst letzte Akt in einem an Höhepunkten reichen Polit-Drama.
    Martin Schulz’ Abgang von der politischen Bühne ist der vorerst letzte Akt in einem an Höhepunkten reichen Polit-Drama. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert, dpa

    Er hat hoch gepokert, und kurz sah es so aus, als hätte er alles erreicht. Doch am Ende steht Martin Schulz als Verlierer da.

    Es ist ein sonnig-kalter Freitagnachmittag, in der SPD-Parteizentrale in Berlin-Kreuzberg haben sich etliche Mitarbeiter schon ins Wochenende verabschiedet. Im fünften Stock des nach dem sozialdemokratischen Übervater Willy Brandt benannten Gebäudes aber sitzt Martin Schulz vor den Trümmern seiner großen politischen Ambitionen.

    Der Noch-Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands muss sich von seinem Traum verabschieden, Außenminister der Bundesrepublik zu werden. Sein am 25. September – einen Tag nach der Bundestagswahl – gegebenes Versprechen, niemals in ein Kabinett von Angela Merkel einzutreten, hat ihn mit aller Macht eingeholt.

    Das Votum zur Großen Koalition war in Gefahr

    Dass Schulz dennoch beherzt nach dem Chefsessel im Auswärtigen Amt am Werder’schen Markt griff, nur zweieinhalb Kilometer von der SPD-Zentrale entfernt, hatte einen Sturm der Empörung ausgelöst, der heftig geriet. So heftig, dass die Zustimmung der SPD-Basis zum Koalitionsvertrag mit der Union gefährdet schien. Der bevorstehende Mitgliederentscheid über eine Beteiligung an einer neuen Großen Koalition drohte zur Abstimmung über das Verhalten von Martin Schulz zu werden – das von vielen Genossen als Wortbruch mit Ansage gewertet wurde. Ein zweites Umfallen innerhalb von nur viereinhalb Monaten hätten viele Genossen Schulz nicht verziehen. Denn noch am Wahlabend hatte Schulz auch eine weitere GroKo kategorisch ausgeschlossen – und seine Meinung nach dem Scheitern der Gespräche über eine Jamaika-Koalition von Union, FDP und Grünen schnell geändert.

    Im Laufe des Vormittags wird das Drängen aus der eigenen Partei immer heftiger. Schulz soll seine persönlichen Ziele hinter dem Wohl der Partei zurückstellen, fordern Vertreter mehrerer Landesverbände, denen vor Beginn der im gesamten Bundesgebiet geplanten GroKo-Werbeveranstaltungen Schlimmes schwant. Wie sollten sie die Schulz’sche Rolle rückwärts vor dem ohnehin in großen Teilen GroKo-skeptischen Parteivolk rechtfertigen? Der Ex-Buchhändler aus Würselen kann ihnen letztlich keine überzeugende Antwort auf diese Frage geben. Kurz nach 14 Uhr fällt er die Entscheidung, seine Minister-Pläne zu begraben. In einer schriftlichen Mitteilung erklärt er: „Durch die Diskussion um meine Person sehe ich ein erfolgreiches Votum allerdings gefährdet. Daher erkläre ich hiermit meinen Verzicht auf den Eintritt in die Bundesregierung und hoffe gleichzeitig inständig, dass damit die Personaldebatten innerhalb der SPD beendet sind.“

    Am Mittwoch noch sah Martin Schulz wie der Sieger aus

    Noch am Mittwoch schien Schulz auf der Siegerstraße. Bei den Koalitionsverhandlungen mit der Union hatte der Noch-SPD-Chef so viel Druck aufgebaut, dass er am Ende Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die drei Kern-Ressorts Außen, Finanzen und Arbeit/Soziales abrang. Inhalte hätten bei den Gesprächen zuletzt keine Rolle mehr gespielt, stattdessen habe Schulz mit einem knallharten Ultimatum beim Personal die Maximalforderung für die SPD durchgesetzt. Und damit auch für sich selbst. Denn Schulz machte deutlich, dass er um jeden Preis Außenminister werden will. Dafür hat er dann auch seinen Rücktritt als Parteivorsitzender angekündigt und Andrea Nahles als seine Nachfolgerin vorgeschlagen.

    Doch den Ärger, den Schulz mit dem angekündigten Bruch seines persönlichen Versprechens auslöste, hat er offenbar nicht vorgesehen. Schulz, dem nachgesagt wird, er habe in seinem erfolglosen Kanzler-Wahlkampf ständig auf die neuesten Meinungsumfragen geschielt, muss am Freitagmorgen eine aktuelle Forsa-Studie lesen. Nach der halten es 72 Prozent der Deutschen für falsch, dass er Außenminister wird. Sogar 60 Prozent der Anhänger der SPD sind dieser Meinung.

    Auch der Verzicht auf den Parteivorsitz bringt Schulz nicht die Verschnaufpause, die er sich offenbar erhofft hat. Und jetzt rächt sich, dass Schulz, der frühere Bürgermeister von Würselen und ehemalige Präsident des Europaparlaments, in der Bundespolitik über keine Hausmacht verfügt.

    Ausgerechnet aus seiner Heimat Nordrhein-Westfalen kommen kurz vor dem Wochenende die vielleicht lautesten Stimmen, die Schulz zum Rücktritt bewegen wollen. Michael Groschek, Vorsitzender des mächtigen Landesverbands im Revier, der „Herzkammer“ der Sozialdemokratie, hatte laut von einem „Glaubwürdigkeitsproblem“ gesprochen, das die Personalie Martin Schulz bedeute. Groschek, der schnauzbärtige Ex-Marinesoldat, ist einer, der nicht im Verdacht steht, dass er selbst nach höheren Ämtern strebt. Am Donnerstag hat Groschek sich mit den Vorsitzenden der SPD-Unterbezirke in NRW beraten. Und die Tendenz sei eindeutig gewesen: einhellige Ablehnung für Schulz als Außenminister. Groschek sorgte dafür, dass die Botschaft aus dem mitgliederstärksten Landesverband im Willy-Brandt-Haus auch ankam.

    Gabriel attackierte Schulz heftig

    Dass die Empörung über den Mann, der vor einem Jahr mit sagenhaften hundert Prozent der Delegiertenstimmen zum Parteivorsitzenden gewählt worden war, weiter anschwoll, liegt auch am Umgang von Schulz mit dem noch amtierenden Außenminister Sigmar Gabriel. Als ganz dicke Kumpel galten Schulz und Gabriel einmal. Es war Gabriel, der Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur Schulz überließ und dafür gefeiert wurde. Ungeliebt als Parteichef, ist Gabriel in der Folge als Bundesaußenminister zum vielleicht beliebtesten Politiker der Republik avanciert. Die Männerfreundschaft zerbrach in dieser Woche endgültig, als Schulz Gabriel eine „hervorragende Arbeit als Außenminister bescheinigte, nur um dann kühl zu verkünden, dass er jetzt aber selbst ins Kabinett eintreten werde – als Außenminister. Gabriel warf Schulz daraufhin Wortbruch vor.

    Ob er nach dieser derben Abrechnung automatisch sein Amt behalten kann, ist noch nicht klar. Doch gibt es einen anderen gestandenen Außenpolitiker in der SPD? Schlecht sieht es nicht aus für Gabriel.

    Erleichterung herrscht an der Basis. Der bayerische SPD-Abgeordnete Karl-Heinz Brunner aus Illertissen, der sich gerade auf eine Reihe von Parteiveranstaltungen im Freistaat vorbereitet, bei denen für die GroKo geworben werden soll, sagte gegenüber unserer Redaktion: „Ich begrüße die Entscheidung von Martin Schulz, das nimmt den Druck weg. Die Diskussion kann sich jetzt ganz auf die Inhalte des Koalitionsvertrags richten – anstatt auf Personalfragen.“

    Die Ulmer Parteilinke Hilde Mattheis, Mit-Anführerin der GroKo-Gegner, sagte: „Es ist respektabel, dass Martin Schulz zu seinem Wort steht und auf einen Posten in der Bundesregierung verzichtet.“ Klar sei aber auch: „Wir machen offensiv weiter mit unserer Kampagne gegen die GroKo.“

    Lesen Sie dazu auch unseren Kommentar: SPD im Chaos: Das unfassbare Schulz-Jahr

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