Der Iran habe sein Atomwaffenprogramm eingestellt und plane auch in Zukunft nicht, eine Atombombe zu bauen, berichtete die "New York Times" am Samstag unter Berufung auf nicht namentlich genannte US-Regierungsvertreter.
Nach Angaben der "New York Times" gibt es bei den Geheimdiensten der USA, Israels und europäischer Staaten keine Zweifel daran, dass der Iran Nuklearmaterial anreichert und Elemente einer Infrastruktur entwickelt, die notwendig ist, um eine Atommacht zu werden.
Iran plant laut CIA kein neues Atomwaffenprogramm
Der Iran habe aber nach Einschätzung der US-Geheimdienste selbst noch nicht beschlossen, ob er parallel dazu ein Programm zur Entwicklung von Atomsprengköpfen wieder aufnehmen wolle. Dieses Programm sei nach Erkenntnissen der US-Geheimdienste 2003 im Wesentlichen eingestellt worden. In ihren jüngsten Einschätzungen kamen die CIA und die anderen Dienste des Landes zu ähnliche Schlussfolgerungen wie bereits vor fünf Jahren.
Der Westen verdächtigt den Iran, unter dem Deckmantel seines zivilen Atomprogramms am Bau einer Bombe zu arbeiten. Teheran weist dies zurück und beharrt auf dem Recht zur Nutzung der Atomenergie.
Iran lässt Ausland über seine Atompläne im Unklaren
Womöglich sei es Ziel des Iran, mit der Anreicherung von Uran so etwa wie eine "strategische Zweideutigkeit" zu schaffen, berichtete die "New York Times" weiter. Demnach könnte der Iran im Nahen Osten an Einfluss gewinnen, indem er die Welt im Unklaren darüber lässt, welche Ziele er mit seinem Atomprogramm wirklich verfolgt. Am Freitag hatte die Internationale Atomenergiebehörde IAEA gewarnt, sie habe weiterhin "ernste Bedenken" zur möglichen militärischen Dimension des iranischen Atomprogramms.
Wie der Konflikt um Irans Atomprogramm 2011 eskalierte
Viele Länder vermuten, dass der Iran heimlich an Atomwaffen baut. Teheran bestreitet das und pocht auf sein Recht auf Kernenergie. Im Januar 2011 scheitern die Gespräche über Irans Atomprogramm. Zum Jahresende spitzt sich der Konflikt zu:
8. November: Der Iran hat laut einem Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA vermutlich an der Entwicklung der Atombombe gearbeitet. Teheran weist das zurück. Mehrere Länder fordern, die Sanktionen gegen den Iran zu verschärfen - darunter auch Deutschland.
18. November: Der IAEA-Gouverneursrat setzt Teheran eine letzte Frist bis Ende März 2012, alle Fragen im Atomstreit zu beantworten. Der Iran antwortet mit der Ankündigung eines Luftabwehrmanövers.
21. November: Großbritannien bricht sämtliche Verbindungen zu iranischen Banken ab. Diese spielten eine zentrale Rolle für die Finanzierung des Atomprogramms, heißt es.
28. November: Die Bundesregierung setzt sich für einen Stopp aller Ölimporte aus dem Iran in die EU ein. Ein solches Embargo könnte nach Angaben von Diplomaten schon Anfang 2012 in Kraft treten.
29. November: Aus Protest gegen britische Sanktionen und den Tod eines Atomwissenschaftlers stürmen iranische Studenten das Gelände der britischen Botschaft in Teheran.
30. November: Großbritannien weist sämtliche Diplomaten und Mitarbeiter der iranischen Botschaft in London aus. Im Gegenzug verweist der Iran britische Diplomaten des Landes und warnt den Westen vor einem Militärschlag. Deutschland und die Niederlande rufen ihre Botschafter aus Teheran zurück.
1. Dezember: Angebliche Pläne des Irans für Anschläge auf US- Streitkräfte in Deutschland sorgen für Wirbel. Sie haben aber offenbar keine Grundlage. Die 27 EU-Außenminister beschließen, ein Verbot von Öleinfuhren aus dem Iran vorzubereiten. Das Finanzsystem des Landes soll vom Westen abgeschnitten werden.
2. Dezember: Trotz Bedenken des Weißen Hauses stimmt der US-Senat für neue Sanktionen gegen die Teheraner Zentralbank. Unternehmen oder Geldhäusern, die mit der iranischen Notenbank zusammenarbeiten, soll der Zugang zum US-Markt verwehrt werden.
14. Dezember: Die iranische Regierung dementiert Berichte, sie wolle bei Manövern die Straße von Hormus für Öltransporte sperren. Das war zuvor von iranischen Abgeordneten angekündigt worden.
24. Dezember: Der Iran beginnt Seemanöver im Persischen Golf. Das Außenministerium erklärt, im Kriegsfalle könne die Straße von Hormus gesperrt werden.
27. Dezember: Vizepräsident Mohammed Reza Rahimi erweitert die Blockadedrohung auf den Fall neuer Sanktionen: «Wenn sie (der Westen) Sanktionen gegen iranisches Öl verhängen, wird kein Tropfen Öl mehr durch die Straße von Hormus gelassen.» Die USA wiederholen daraufhin ihre Drohung mit neuen Sanktionen im Atomstreit mit Teheran.
28. Dezember: Die US-Marine betont ihre «robuste Präsenz» im Persischen Golf und erklärt die Freiheit der Meere für unerlässlich.
30. Dezember: Der Iran kündigt den Test von «Langstreckenraketen» an. Es geht um Mittelstreckenraketen bis 2000 Kilometer Reichweite, die alle US-Militäreinrichtungen am Golf erreichen können. Die USA geben die geplante Lieferung von Abfangraketen an die Vereinigten Arabischen Emirate bekannt. Zuvor hatten die USA schon Saudi-Arabien die Lieferung von 84 Kampfflugzeugen des Typs F-15 zugesagt.
31. Dezember: Der Iran erklärt sein Interesse an einer Wiederaufnahme der Atomgespräche. Die EU reagiert zurückhalten. US-Präsident Obama unterzeichnet unter Protest den Militärhaushalt, der Sanktionen gegen die iranische Zentralbank vorsieht, die die iranischen Ölgeschäfte lahmlegen sollen.
Russlands Regierungschef Wladimir Putin warf dem Westen derweil vor, mit seinem Vorgehen gegen den Iran nicht auf das Atomprogramm des Landes abzuzielen, sondern letztlich einen "Regimewechsel" herbeiführen zu wollen. Dies geschehe unter dem Deckmantel des Kampfes gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, sagte Putin am Freitag bei einem Besuch in der russischen Atomforschungsanlage in Sarow. afp/AZ