Die europäische Idee hat auch mehr als 70 Jahre nach Kriegsende nichts von ihrer Faszination verloren – gelegentlich aber kann etwas weniger Europa unterm Strich mehr sein. Der Vorschlag von Jean-Claude Juncker, auch in armen, nicht wettbewerbsfähigen Ländern wie Bulgarien oder Rumänien zügig den Euro einzuführen und alle Mitgliedsländer in die grenzenlose Schengenzone aufzunehmen, kommt jedenfalls zur Unzeit.
EU soll erst aktuelle Probleme lösen
Junckers Bild von einem neuen, einigen Europa ist offensichtlich in einem Brüsseler Elfenbeinturm gemalt worden. Die Griechenland-Krise ist noch nicht gelöst, der Brexit-Schock noch längst nicht verdaut – und in Ungarn, Polen oder Tschechien hat die Flüchtlingskrise Fliehkräfte ausgelöst, die bisher niemand zu bändigen vermag. In dieser Situation geht der Kommissionspräsident den zweiten und dritten Schritt vor dem ersten.
Wenn das Vertrauen in Europa und seine Instanzen nicht weiter erodieren soll, muss die EU zuerst ihre Hausaufgaben machen und ihre aktuellen Probleme lösen, ehe sie vom Euro für alle träumt. Eines dieser Probleme, das zeigt auch Junckers jüngster Vorstoß, ist die fehlende Bodenhaftung des Brüsseler Apparates.