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Abmahnungen und Klagen: Bettina Wulff geht rechtlich gegen Rotlicht-Gerüchte vor

Abmahnungen und Klagen

Bettina Wulff geht rechtlich gegen Rotlicht-Gerüchte vor

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    Bettina Wulff, die Frau des früheren Bundespräsidenten, geht jetzt massiv gegen die Verbreitung von Gerüchten und Denunziationen über ihr angebliches Vorleben vor.
    Bettina Wulff, die Frau des früheren Bundespräsidenten, geht jetzt massiv gegen die Verbreitung von Gerüchten und Denunziationen über ihr angebliches Vorleben vor. Foto: dpa

    Nach den Gerüchten über ihr angebliches Vorleben als Prostituierte oder Escort-Dame im Rotlicht-Milieu geht die Ehefrau von Ex-Bundespräsident Christian Wulff in die Offensive. Zu entsprechenden Berichten erwirkte sie bei zahlreichen Medien Unterlassungserklärungen, wie ihr Rechtsanwalt Gernot Lehr bestätigte. Am Samstag erzielte Bettina Wulff einen weiteren Erfolg: Fernsehmoderator Günther Jauch erkannte ihren Unterlassungsanspruch an - ein Zugeständnis, das Lehr gerichtlich bestätigen lassen will.

    Bettina Wulff gab bei Gericht eine eidesstattliche Erklärung ab, wonach alle Behauptungen über ihr angebliches Vorleben als Prostituierte oder als sogenannte Escort-Dame falsch seien, wie die "Süddeutsche Zeitung" (Samstag) berichtete. Eine solche Erklärung der Frau eines früheren Bundespräsidenten ist bisher einzigartig.

    Jauch erkennt Unterlassungsanspruch an

    Neben Jauch verklagte seine Frau dann auch den Internetkonzern Google. Jauch erkannte zwar den Unterlassungsanspruch an, verteidigte sich aber zugleich und sagte mit Blick auf seine Talksendung vom 18. Dezember 2011: "Ich habe niemals über Frau Wulff eine falsche Tatsachenbehauptung aufgestellt, sondern lediglich aus einem Artikel der "Berliner Zeitung" zitiert." Jauchs Anwalt Christian Schertz erläuterte, er habe Wulffs Rechtsbeistand mitgeteilt, dass ein Anspruch auf Unterlassung anerkannt werde - "ohne ein Fehlverhalten damit einzuräumen".

    Wulff-Anwalt Lehr erklärte daraufhin, er werde nun ein Urteil des Landgerichts Hamburg beantragen. Damit soll bestätigt werden, dass Jauch den Antrag von Bettina Wulff anerkennt und Sanktionen bei möglichen Zuwiderhandlungen festgeschrieben werden.

    Bettina Wulff klagt auch gegen Google

    Im Fall Google will die 38-Jährige verhindern, dass bei Eingabe ihres Namens automatisch Suchbegriffe wie "Rotlichtvergangenheit" auftauchen. Der Konzern wies ihre Vorwürfe aber zurück: Google nehme keinen Einfluss auf die Suchbegriffe, sagte Unternehmenssprecher Kay Oberbeck der Deutschen Presse-Agentur (dpa). "Die bei der Google-Autovervollständigung sichtbaren Suchbegriffe spiegeln die tatsächlichen Suchbegriffe aller Nutzer wider." Google führte in Deutschland bereits fünf ähnliche Verfahren - und habe alle gewonnen.

    Nach Recherchen der "Süddeutschen Zeitung" wurden die Gerüchte zuerst aus niedersächsischen CDU-Kreisen gestreut und sollten offenbar vor allem Christian Wulff treffen, der damals noch CDU-Ministerpräsident war. Die SPD forderte Aufklärung vom heutigen Regierungschef und CDU-Landesvorsitzenden, David McAllister, ob die Gerüchte aus der Landesregierung gestreut wurden. "

    Chronologie der Affäre Wulff

    25. Oktober 2008: Christian Wulff, damals Ministerpräsident von Niedersachsen, bekommt von der Unternehmergattin Edith Geerkens einen Privatkredit über 500.000 Euro zum Kauf eines Hauses.

    18. Februar 2010: Wulff antwortet auf eine mündliche Anfrage im niedersächsischen Landtag, dass es zwischen ihm und dem Unternehmer Egon Geerkens in den vergangenen zehn Jahren keine geschäftlichen Beziehungen gegeben habe.

    12. Dezember 2011: Wulff versucht, Bild-Chefredakteur Kai Diekmann zu erreichen, um einen Bericht zur Finanzierung seines Privathauses zu verhindern oder zu verschieben. Auf der Mailbox droht er "Krieg" mit Springer an, falls die Geschichte erscheint.

    13. Dezember: Die "Bild"-Zeitung berichtet erstmals über Wulffs Hauskauf-Finanzierung.

    14. Dezember 2011: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht Wulff ihr Vertrauen aus.

    15. Dezember 2011: Der Bundespräsident bricht sein Schweigen: "Ich erkenne an, dass hier ein falscher Eindruck entstehen konnte. Ich bedauere das", heißt es in einer Mitteilung. In der Sache habe er nichts zu verbergen.

    19. Dezember 2011: Wulffs Anwalt legt Unterlagen zum Kredit und eine Liste mit Urlauben vor, die sein Mandant als Regierungschef bei befreundeten Unternehmern verbracht hat. Zudem wird bekannt, dass der Unternehmer Carsten Maschmeyer 2007 im niedersächsischen Landtagswahlkampf eine Anzeigenkampagne für ein Interview-Buch mit Wulff bezahlt hat.

    20. Dezember 2011: Wulffs Anwalt betont, sein Mandant habe von den Zahlungen nichts gewusst.

    22. Dezember: Der Bundespräsident entschuldigt sich öffentlich für die entstandenen Irritationen. Zugleich entlässt er seinen Sprecher Olaf Glaeseker.

    2. Januar 2012: Bei der Staatsanwaltschaft in Hannover gehen elf weitere Strafanzeigen gegen Wulff ein. Die Zahl der Strafanzeigen gegen Wulff liegt nun bei insgesamt 20.

    4. Januar 2012: Wulff gibt ARD und ZDF ein Interview, in dem er den Anruf bei Diekmann als «schweren Fehler» bezeichnet und volle Transparenz bei allen Fragen ankündigt. Am Folgetag veröffentlicht sein Anwalt aber nur eine zusammenfassende Stellungnahme.

    19. Januar 2012: Wegen Korruptionsverdachts lässt die Staatsanwaltschaft Haus und Büros von Wulffs entlassenem Sprecher Olaf Glaeseker durchsuchen. Die Fahnder verschaffen sich auch Zugang zu Räumlichkeiten des Eventmanagers Manfred Schmidt, der zu Wulffs Zeit in Niedersachsen enge Kontakte zur Staatskanzlei in Hannover gehabt haben soll.

    16. Februar 2012: Die Staatsanwaltschaft beantragt, die Immunität des Bundespräsidenten aufzuheben, um gegen ihn ermitteln zu können.

    17. Februar 2012: Christian Wulff tritt zurück.

    18. Februar 2012: Die Staatsanwaltschaft nimmt die Ermittlungen gegen Wulff wegen des Verdachts der Vorteilsnahme, bzw. Vorteilsgewährung auf.

    29. Februar 2012: Das Bundespräsidialamt teilt mit, dass Christian Wulff den Ehrensold bekomme - jährlich rund 200.000 Euro bis an sein Lebensende.

    9. März 2012: Wulff wird mit dem Großen Zapfenstreich der Bundeswehr in Berlin verabschiedet. Die Feier wird von Protest begleitet.

    9. Oktober 2012: Die Flitterwochen des damaligen Ministerpräsidenten Christian Wulff und dessen Frau Bettina im italienischen Haus eines Versicherungsmanagers rechtfertigen keine Ermittlungen wegen Vorteilsnahme im Amt. Das teilt die Staatsanwaltschaft Hannover mit.

    9. April 2013: Wulff lehnt ein Angebot der Staatsanwaltschaft ab, die Korruptionsermittlungen gegen Zahlung von 20 000 Euro einzustellen.

    12. April 2013: Die Staatsanwaltschaft Hannover erhebt gegen Wulff Anklage. Auch der Filmmanager David Groenewold wird angeklagt.

    14. November 2013: Der Prozess gegen Wulff wegen Vorteilsnahme beginnt. Es geht um rund 700 Euro, die Groenewold für Wulff gezahlt haben soll - angeblich, damit dieser sich im Gegenzug für ein Filmprojekt Groenewolds engagiert.

    9. Dezember: Der Prozess gegen Wulffs ehemaligen Pressesprecher, Olaf Glaeseker, beginnt ebenfalls in Hannover. Glaeseker geht auf Distanz zu seinem ehemaligen Chef.

    19. Dezember: Der Richter Frank Rosenow regt an, den Wulff-Prozess im Januar einzustellen. Der Grund: Mangelnde strafrechtliche Relevanz der Vorwürfe. Wulff selbst ist aber gegen die Einstellung des Verfahrens.

    27. Februar 2014: Christian Wulff wird in seinem Korruptionsprozess freigesprochen und damit vom Vorwurf der Vorteilsannahme entlastet. (dpa)

    "Dass jetzt Herr Oppermann von der SPD im Kielwasser der schlimmen Verleumdungen gegen Frau Wulff die Gerüchteküche gegen die gesamte CDU in Niedersachsen mit ihren fast 70 000 Mitgliedern anheizt, ist charakterlos", entgegnete Niedersachsens CDU-Generalsekretär Ulf Thiele.

    Wulffs Anwalt bestätigte, "dass in den vergangenen Monaten zahlreiche Verlage, Journalisten und Internet-Aktivisten Unterlassungserklärungen unverzüglich nach Aufforderung abgegeben haben, ohne auch nur zu versuchen, die falschen Darstellungen zu rechtfertigen". Außerdem sei in einigen Fällen Schmerzensgeld durchgesetzt worden, so Lehr. Mittlerweile hätten 34 deutsche und ausländische Blogger und Medien Unterlassungserklärungen abgegeben, berichtete die "Süddeutsche Zeitung".

    Debatte über "Streisand-Effekt"

    Der Feldzug der früheren First Lady löste am Wochenende eine Debatte über den Sinn und Unsinn solcher Maßnahmen aus. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, ob derartige Abmahn- und Klagewellen die strittigen Behauptungen nicht erst recht einer breiten Öffentlichkeit bekannt machen. Netzforscher sprechen vom sogenannten Streisand-Effekt. Die Musikerin Barbra Streisand hatte eine Webseite verklagt, weil dort ein Foto vom Ferienhaus der Sängerin veröffentlichtworden war.Streisand erreichte damals das Gegenteil dessen, was sie erreichen wollte. Das Bild wurde nicht gelöscht. Stattdessen berichteten plötzlich tausende Menschen im Internet über das - bis dahin völlig unbekannte - Haus der Musikerin und ihre Klage. Seitdem gibt es das geflügelte Wort vom "Streisand-Effekt".

    Jenseits des juristischen Kampfes plant Bettina Wulff auch eine publizistische Offensive. Bereits in diesem Monat soll ein Buch über ihr Leben erscheinen. dpa

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