Stuttgart Eine Woche vor der Landtagswahl haben die Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 zum Endspurt geblasen. Am Samstag demonstrierten nach Polizeiangaben 18000 Menschen gegen den unterirdischen Bahnhof und gegen die Atompolitik der schwarz-gelben Landesregierung. Gestern veröffentlichten die Grünen einen von ihnen in Auftrag gegebenen Stresstest zur Leistungsfähigkeit der Station. Die Studie bestätigt ihre früheren Bedenken: „Im neuen Bahnhof könnten nicht so viele Züge fahren, wie von Befürwortern behauptet. Bereits der jetzige Kopfbahnhof kann das leisten, was Stuttgart 21 verspricht“, glaubt der grüne Verkehrsausschussvorsitzende des Bundestags, Winfried Hermann.
Die Leistungsfähigkeit des Bahnhofs in den Hauptverkehrszeiten entpuppte sich bei der Schlichtung des CDU-Politikers Heiner Geißler als eine Achillesferse von Stuttgart 21, das statt der 16 Gleise im heutigen Kopfbahnhof mit acht Durchgangsgleisen auskommen will. Eine von Geißlers Auflagen für die Bahn war deshalb ein Stresstest, der Kapazitätsreserven nachweisen soll. Die Vorgabe lautet: 49 Züge zwischen 7 und 8 Uhr.
„Die Untersuchung hat ergeben, dass ein nur achtgleisiger Hauptbahnhof ein entscheidender Kapazitätsengpass wäre“, schreiben die Autoren. Auf den acht Durchgangsgleisen sehen sie 42 Züge als Obergrenze. Das wären nur vier mehr als 2010 den Hauptbahnhof in der Morgenstunde angefahren haben. Bahnvorstand Volker Kefer hält das Resultat für „nicht nachvollziehbar“.
Die Bahn hat ihren eigenen Stresstest, der eine umfangreiche Fahrplansimulation umfasst, für Juni angekündigt. So lange wollten die Grünen aber nicht warten und fertigten deshalb eine „Vereinfachte Kapazitätsberechnung für Stuttgart 21“ an. Eine Simulation enthält die 31-seitige „Vor-Studie“ nicht.
Verfasser der Studie ist der parlamentarische Berater der Grünen-Landtagsfraktion, Martin Hilger. Co-Autoren sind die bekennenden Stuttgart-21-Kritiker Karl-Dieter Bodack und Professor Wolfgang Hesse. „Ich habe massive Zweifel ob des Tiefgangs der Studie“, betont Bahn-Mann Kefer. Baden-Württembergs Verkehrsministerin Tanja Gönner (CDU) spricht von einem „durchschaubaren Versuch, die Menschen kurz vor der Landtagswahl zu verunsichern“. Tübingens OB Boris Palmer (Grüne) hält die Ergebnisse trotz des Verzichts auf eine Simulation für aussagekräftig: „Wir können sicher sagen, dass dort kein Platz für mehr Züge sein wird.“