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Beate Klarsfeld: Linke nominiert die Nazi-Jägerin

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Beate Klarsfeld: Linke nominiert die Nazi-Jägerin

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    Beate Klarsfeld ist mit ihrer Ohrfeige gegen damaligen Bundeskanzler Kiesinger in die deutsche Geschichte eingegangen.
    Beate Klarsfeld ist mit ihrer Ohrfeige gegen damaligen Bundeskanzler Kiesinger in die deutsche Geschichte eingegangen. Foto: dpa

    Die Linke will die Publizistin Beate Klarsfeld als Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten vorschlagen. Die engste Parteiführung will dem Parteivorstand bei der Sitzung am Montag die deutsch-französische Journalistin für die Wahl zum Staatsoberhaupt am 18. März vorschlagen.

    Beate Klarsfeld: Langwierige Verhandlungen

    Es war eine schwere Geburt für die Linkspartei: Nach langwierigen Verhandlungen rang sich die Partei am Montag dazu durch, nun doch die als Nazi-Jägerin bekannt gewordene Publizisten Beate Klarsfeld für das Bundespräsidentenamt vorzuschlagen. Im Vorfeld hatte es parteiinternes Geschacher und andere Vorschläge ebenso gegeben wie die Forderung, auf einen Linken-Gegenkandidaten zum Bewerber der anderen Parteien, Joachim Gauck, zu verzichten.

    Klarsfeld, die durch die Ohrfeige berühmt geworden war, die sie 1968 dem damaligen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU) verpasst hatte, hat die Diskussion um ihre Bewerbung für das höchste Staatsamt selbst befeuert. Nach einer Parteitagsrede, auf der Linken-Chefin Gesine Lötzsch gesagt hatte, sie wünsche sich eine Frau wie Klarsfeld als Präsidentin, griff die Nazi-Jägerin nach eigenen Worten selbst zum Telefon. Seither wurde bei den Linken leidenschaftlich diskutiert, denn unumstritten ist Klarsfeld in der Partei keineswegs. "Meine Solidarität mit Israel wird in manchen Parteikreisen kritisch gesehen", sagte die streitbare Journalistin.

    Linke konnte sich nicht auf Klarsfeld einigen

    Die Linke konnte sich in der vergangenen Woche aber noch nicht auf Klarsfeld einigen, schließlich wurden kurzerhand noch zwei andere Namen aus dem Hut gezaubert: Die Linken-Abgeordnete Luc Jochimsen - die bereits 2010 als Präsidentschaftskandidatin für ihre Partei angetreten war - sowie der Kölner Politologen Christoph Butterwegge. Insbesondere der immer noch einflussreiche Ex-Parteichef Oskar Lafontaine soll sich für Butterwegge stark gemacht haben, der sich als Kritiker von Hartz IV einen Namen gemacht hat - und damit ganz auf Parteilinie lag.

    Nun ist Klarsfeld doch noch die Kandidatin der Linken geworden - was der Partei wenigstens ein bisschen Aufmerksamkeit in der Präsidenten-Debatte verleiht. Bisher hatte sie bei der Suche nach einem neuen Staatsoberhaupt schließlich keine Rolle gespielt: Sie wurde von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht eingeladen, als es um die Suche nach einem neuen Staatsoberhaupt ging. Und für Klarsfeld, die von den Linken vergeblich für das Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen wurde, ist die jetzige Kandidatur "Anerkennung für die Arbeit, die ich geleistet habe".

    Beate Klarsfeld: In Berlin geboren

    Verdient gemacht hat sich die am 13. Februar 1939 in Berlin geborene Klarsfeld vor allem um die Auseinandersetzung mit dem Nazi-Regime und der Verfolgung der einstigen Täter. Das hatte auch ganz private Gründe: In den 60er Jahren lernte sie in Paris ihren späteren Mann kennen, den Juden Serge Klarsfeld. Er war als Kind 1943 im südfranzösischen Nizza nur knapp den Nationalsozialisten entgangen war.

    Fortan schrieb sie sich die Aufklärung von Nazi-Verbrechen auf die Fahnen: Es kostete sie indes 1967 ihren Job beim deutsch-französischen Jugendwerk, als sie in einem Zeitungsartikel die NSDAP-Mitgliedschaft von Kiesinger anprangerte. Im November 1968 schlich sie sich beim CDU-Parteitag in Berlin ein und verabreichte Kiesinger die Ohrfeige, die durch die Weltpresse ging. Viele in Deutschland hätten sie als "Nestbeschmutzer" beschimpft, erinnerte sie sich später an die Aktion, "aber zumindest die Öffentlichkeit war aufgerüttelt."

    Klarsfeld spürte Klaus Barbie auf

    1971 spürte Beate Klarsfeld in Bolivien den ehemaligen Gestapo-Chef von Lyon, Klaus Barbie, auf. Doch er wurde jahrelang durch das dortige Regime geschützt. Eine Entführung des "Schlächters von Lyon" scheiterte, er wurde erst 1983 nach Frankreich ausgeliefert und dort zu lebenslanger Haft verurteilt.

    Zuletzt machte Klarsfeld durch ihren Streit mit der Deutschen Bahn von sich reden: Erst nach langwierigem Hin und Her willigte der damalige Unternehmenschef Hartmut Mehdorn ein, die von der Nazi-Jägerin initiierte Ausstellung über Deportationen von Kindern während der NS-Zeit auf deutschen Bahnhöfen zu zeigen. So zahlte sich Klarsfelds Beharrlichkeit einmal mehr aus.  (afp, AZ)

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