Die Leistungen für Asylbewerber und andere Menschen ohne dauerhaftes Aufenthaltsrecht wurden seit 1993 in Deutschland nicht mehr erhöht. Während ein Hartz-IV-Empfänger einen Regelsatz von 364 Euro pro Monat erhält, sind es bei Flüchtlingen etwa 220 Euro.
Ursprünglich galt das Asylbewerberleistungsgesetz nur für Flüchtlinge während des Asylverfahrens; die Anwendung wurde aber inzwischen auf andere Menschen ohne dauerhaftes Aufenthaltsrecht ausgeweitet. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hält die Beträge für zu niedrig und legte das Gesetz in Karlsruhe zur Prüfung vor.
In der mündlichen Verhandlung äußerten die Richter des Bundesverfassungsgerichts nun deutliche Zweifel daran, ob die Leistungen für Asylbewerber ausreichend sind. Es bestehe eine "ins Auge stechende Differenz" zwischen den Hartz-IV-Sätzen und den deutlich niedrigeren Geldleistungen für Asylbewerber, sagte der Vizepräsident des Gerichts, Ferdinand Kirchhof, in Karlsruhe. Hinzu komme, dass die Berechnung der Leistung für Asylbewerber "weder erklärt noch dokumentiert" wurde. Die Leistungen müssten sich genauso wie die Hartz-IV-Sätze "am Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums messen lassen", sagte Kirchhof.
Anhand der Kläger der beiden Ausgangsverfahren werde deutlich, dass von der Regelung auch Menschen betroffen seien, die längerfristig in Deutschland blieben, sagte Klägeranwältin Eva Steffen: Einer der Kläger, ein Kurde, war 2003 aus dem Irak geflohen. Er wird seither in Deutschland geduldet. Die Klägerin des zweiten Verfahrens, ein elfjähriges Mädchen, wurde sogar in Deutschland geboren. Ihr Mutter war aus Nigeria geflohen. Inzwischen hat das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit.
Derzeit seien rund 130 000 Menschen betroffen, zwei Drittel von ihnen lebten seit mehr als sechs Jahren in Deutschland, sagte die Berichterstatterin des Verfahrens, Verfassungsrichterin Susanne Baer.
Staatssekretärin: Gesetz wird überarbeitet
"Wir haben uns auf den Weg gemacht, das Asylbewerberleistungsgesetz zu überarbeiten", sagte die Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Annette Niederfranke. "Auf diesem Weg haben wir noch nicht alle Schwierigkeiten zufriedenstellend gelöst." Den Anspruch jedes Menschen auf ein menschenwürdiges Existenzminimums erkenne die Bundesregierung an. Dabei habe der Gesetzgeber aber einen Spielraum.
Ein konkretes Datum für einen neuen Entwurf konnte die Staatssekretärin nicht nennen. Verfassungsrichter Reinhard Gaier war damit nicht zufrieden: "Warum haben Sie nicht wenigstens eine Zwischenlösung? Es geht um das menschenwürdige Existenzminimum." Ein Termin für ein Urteil ist noch nicht bekannt. dpa