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Hintergrund: Angela Merkel unter Druck

Hintergrund

Angela Merkel unter Druck

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    Vertraute sagen Angela Merkel nach, die Schuldenkrise habe die Kanzlerin nachhaltig verändert. Sie sei unnachgiebiger und autoritärer geworden. Mit ihrer Politik der kleinen Schritte reizt sie die anderen EU-Partner, die nach einer großen Lösung streben.
    Vertraute sagen Angela Merkel nach, die Schuldenkrise habe die Kanzlerin nachhaltig verändert. Sie sei unnachgiebiger und autoritärer geworden. Mit ihrer Politik der kleinen Schritte reizt sie die anderen EU-Partner, die nach einer großen Lösung streben. Foto: Foto: dpa

    Berlin Nicolas Sarkozy, José Manuel Barroso, Mario Monti: Wer in Europa heute etwas erreichen will, versucht sein Glück nicht mehr in Brüssel, sondern in Berlin. An diesem Dienstag sitzt der neue spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy im Kanzleramt, ein Mann aus einem Land, dem die Krise besonders schwer zu schaffen macht, und der sich nun ein paar seltene Streicheleinheiten abholt. „Genau das Richtige“ tue die neue Regierung in Madrid mit ihren Reformen, lobt Angela Merkel nach dem kurzen Gespräch – und fügt mitfühlend hinzu: „Ich weiß, dass das sehr hart ist.“

    So verständnisvoll erleben sie nicht alle Kollegen. Je länger sich die Schuldenkrise hinzieht, umso nachhaltiger ändert sich auch Angela Merkels Umgang mit ihr: Unnachgiebiger, heißt es, sei sie geworden, autoritärer. „Eine gegen den Rest der Euro-Welt“ hat die Frankfurter Allgemeine gerade geschrieben. Der Grat jedoch, auf dem diese Eine sich bewegt, ist schmal. Auf der einen Seite erwartet Europa politische Führung und finanzielle Kompromissbereitschaft von ihr. Auf der anderen soll sie die Schuldenkrise nicht allein auf Kosten der deutschen Steuerzahler bewältigen.

    Am Montag, vor dem EU-Gipfel, trifft sie sich noch mit Nicolas Sarkozy und Mario Monti. Vor allem der Italiener hat sie zuletzt enorm unter Druck gesetzt, assistiert von Christine Lagarde, der Chefin des Internationalen Währungsfonds. Die beiden stehen für die ganz große Lösung, sie wollen den neuen Rettungsschirm ESM ausweiten und den Finanzmärkten ein für alle Mal zeigen, dass Europa sich den Euro nicht zertrümmern lässt.

    Angela Merkel dagegen ist mit ihrer Politik der kleinen Schritte bisher eigentlich ganz gut gefahren. Dass Spanien und Italien sich zuletzt vergleichsweise günstig frisches Kapital beschaffen konnten, bestätigt sie darin nur. Wozu denn die berühmte Bazooka auspacken, die Wunderwaffe, die alle Probleme mit einem Schlag löst, wo es doch auch mit überschaubarerem Aufwand geht?

    Freundlich im Ton, aber hart in der Sache widersetzt sie sich bisher allen Versuchen, die Bürgschaften für angeschlagene Euro-Länder noch zu erhöhen oder die Probleme gar mit der Notenpresse zu lösen. In einer Welt, in der es wenigen Ländern so gut geht wie Deutschland, macht die Kanzlerin sich damit nicht unbedingt beliebter.

    Gerade erst hat ihr der Milliardär George Soros, der schon das britische Pfund in die Knie gezwungen hat, vorgeworfen, sie handle zu zögerlich und verschlimmere die Krise nur, indem sie anderen Staaten drakonische Sanierungsmaßnahmen aufzwinge.

    Angela Merkel allerdings konterte beim Weltwirtschaftsforum in Davos kühl. Auch für ein starkes Land wie die Bundesrepublik, argumentierte sie da, sei irgendwann eine Grenze erreicht. Ohne beherzte Reformen könne Europa auf Dauer nicht bestehen: „Dann werden wir sicher noch lange ein interessantes Reiseziel bleiben, aber Wohlstand werden wir nicht erwirtschaften.“

    Für die mächtigste Frau des Kontinents hat im Moment der sogenannte Fiskalpakt Vorrang, den der Gipfel am Montag beschließen will. Strenge Schuldengrenzen, der Abbau von Defiziten, Sanktionen für Länder, die sich nicht an die Abmachungen halten: Das Abkommen trägt, wieder einmal, die Handschrift der Kanzlerin.

    Gleichzeitig aber spürt sie auch, dass sie ihren Kollegen gegenüber auch nicht zu kategorisch auftreten darf, dass der Druck auf sie bis zum nächsten Gipfel im März noch wachsen wird, wenn es um das endgültige Volumen des neuen Rettungsfonds geht. Deutschland, sagt Angela Merkel deshalb, habe noch immer „alles getan, um den Euro zu schützen“.

    Wie viel dieses „alles“ am Ende an zusätzlichen Milliarden ausmacht, bleibt einstweilen unklar. „Wachstum kann man nicht mit öffentlichen Mitteln erzwingen“, sagt einer von Merkels Vertrauten. Noch viel wichtiger, findet die Kanzlerin, sind strukturelle Reformen in Staaten wie Griechenland, Spanien oder Italien. Gerade erst hat sie den belgischen Ministerpräsidenten Elio di Rupio daran erinnert, dass die regelmäßige Anpassung der Löhne an die hohen Inflationsraten in seinem Land die Arbeitskosten unnötig in die Höhe treibt – der allerdings lächelte den Einwand nur freundlich weg. Wer andere mit unbequemen Wahrheiten konfrontiert, schafft sich im kriselnden Europa keine neuen Freunde. Im Herbst druckte eine griechische Zeitung gar eine Fotomontage, auf der die Kanzlerin eine Nazi-Uniform trug.

    Nächste Woche fliegt sie nach Peking. Ein Routinebesuch, eigentlich. Aber was ist jetzt, mitten in der Schuldenkrise, noch Routine? Europa hofft, dass China mit seinen Devisenreserven von mehr als drei Billionen Dollar kräftig in den Euro investiert. Bisher allerdings steckt es sein Geld lieber in die amerikanische Währung oder in deutsche Staatsanleihen anstatt in die Bonds des Rettungsfonds. Auch in Peking wird Angela Merkel zu hören bekommen, dass die Schutzmauer um den Euro noch höher werden müsse. So weit, dass die Chinesen zu ihr kommen, wenn sie etwas erreichen wollen, ist sie noch nicht.

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