Obwohl die Zahl der Flüchtlinge zurückgegangen ist, kommen immer noch Zehntausende ohne Papiere nach Deutschland. Wie die Bundespolizei auf Anfrage bestätigte, hat nur jeder fünfte Asylbewerber einen gültigen Pass bei sich.
80 Prozent der Flüchtlinge, die ihre Beamten in den ersten vier Monaten dieses Jahres kontrolliert haben, konnten sich nicht ausweisen oder versuchten mit gefälschten Dokumenten ihre Identität zu verschleiern. Der CSU-Innenexperte Stephan Mayer will Flüchtlingen ohne Pass deshalb die Einreise verweigern: „Ich bin mir sicher, dass viele dann Papiere mitführen würden.“
Dass die Bundespolizei seit Jahresanfang mehr als 4000 Menschen festgenommen hat, die aus den unterschiedlichsten Gründen zur Fahndung ausgeschrieben waren, werte er gegenüber unserer Zeitung als Erfolg. „Die Grenzkontrollen, die wir jetzt bis zum Jahresende fortsetzen, erhöhen die Sicherheit.“
Dazu diene auch der sogenannte Ankunftsnachweis, der seit Februar eingeführt werde, und die Abnahme von Fingerabdrücken bei allen Flüchtlingen, die nach Deutschland kämen. Im Mai waren das nach Auskunft des Innenministeriums 16300 Menschen, im April 15500.
Rückstand bei Asylanträgen soll Ende des Jahres aufgeholt sein
Warum so viele von ihnen ohne Papiere einreisen, lässt sich nicht zweifelsfrei klären. Teilweise haben Flüchtlinge überhaupt keine Pässe, teilweise sind sie zu überstürzt aufgebrochen, teilweise beschaffen sie sich aber auch Dokumente auf dem Schwarzmarkt, um unerkannt einreisen zu können. Von Januar bis April hat die Bundespolizei bei ihren Kontrollen an den Grenzen 191 falsche Pässe sichergestellt.
Trotz der tendenziell rückläufigen Zahlen ist die Zahl der noch unbearbeiteten Asylanträge zuletzt wieder gestiegen – auf insgesamt rund 460000. Vor Journalisten in Nürnberg versprach der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Frank-Jürgen Weise, diesen Berg bis Jahresende abzutragen und eine Vorgabe der Politik zu erfüllen – nämlich den Rückstand nicht ins Wahljahr 2017 zu tragen.
500.000 Nachzügler aus Syrien in den kommenden Jahren erwartet
Darüber hinaus muss Deutschland nach zwei Hochrechnungen des Bundesamtes in den kommenden Jahren alleine aus Syrien rund 500000 Menschen aufnehmen, die zu ihren in die Bundesrepublik geflüchteten Angehörigen ziehen werden. Damit käme rein rechnerisch auf jeden Flüchtling aus Syrien ein Familienmitglied, das einen Rechtsanspruch auf den sogenannten Familiennachzug hat.
Um ihn zu beschleunigen, hat das Auswärtige Amt inzwischen sein Personal in der deutschen Botschaft in Beirut verdoppelt und einen Drei-Schicht-Betrieb mit Bürozeiten auch an den Wochenenden organisiert. Trotzdem müssen Antragsteller häufig Monate auf einen Termin warten.
Die Prognose des Bundesamtes sei „kein Grund zu Hysterie oder Panikmache“, betonte ein Sprecher von Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Schätzungen, nach denen auf jeden Flüchtling drei bis vier Familienmitglieder kommen, die ihm (oder ihr) nach Deutschland nachreisen, seien „realitätsfern“.
Bis alle Angehörigen die entsprechenden Einreisepapiere nach Deutschland ausgestellt bekommen, könnten wegen der langen Antrags- und Bearbeitungsfristen ohnehin noch Jahre verstreichen. Für viele Eltern, Kinder und Ehepartner von Flüchtlingen ist der Libanon die erste Anlaufstelle, um sich ihr Visum für den Familiennachzug zu beschaffen. Im vergangenen Jahr kamen nach Auskunft des Innenministeriums rund 16000 Menschen aus Syrien auf diese Weise in die Bundesrepublik. "Kommentar