Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) kündigte erstmals an, die Regierung werde einen möglichen Spielraum zur Beitragssenkung 2015 nutzen. Heute liegt der Satz bei 18,9 Prozent. „Die gute wirtschaftliche Lage haben die Beschäftigten und die Unternehmen in Deutschland gemeinsam hart erarbeitet“, sagte Nahles.
Rente: Im November sollen offizielle Schätzungen Klarheit schaffen
Die Rente mit 63
Arbeitnehmer sollen vom 1. Juli 2014 an abschlagsfrei mit 63 Jahren in Rente gehen können. Das gilt für alle, die vor dem 1. Januar 1953 geboren sind.
Die Altersgrenze steigt jährlich um zwei Monate, bis das jetzige Mindestalter von 65 Jahren wieder erreicht ist. Der Jahrgang 1953 kann mit 63 Jahren und zwei Monaten abschlagsfrei in Rente gehen, der Jahrgang 1958 mit 64 Jahren.
Zu Beginn kommen rund 200 000 der 700 000 Neurentner für die Rente mit 63 infrage, schätzt die Bundesregierung
Bis zum 21. November sind bereits rund 110 000 Anträge auf vorzeitiges Ausscheiden aus dem Beruf bearbeitet und fast ausnahmslos bewilligt worden.
Anfang 2014 war die erwartete Senkung ausgeblieben. Die Koalition habe den Spielraum für bessere Leistungen genutzt, sagte Nahles. Ihr Ende vergangenen Jahres beschlossenes Rentenpaket umfasste die abschlagsfreie Rente mit 63 und die Mütterrente. Die Rentenkasse sei dennoch gut gefüllt, so Nahles: „Wenn sich nun wegen der guten Lage eine Möglichkeit bietet, den Rentenbeitragssatz zum 1. Januar 2015 abzusenken, dann werden wir das tun.“ Mehr Geld in der Tasche nütze den Arbeitnehmern, geringere Sozialabgaben entlasteten die Arbeitgeber. Klarheit über die Höhe gebe es erst, wenn im November eine offizielle Schätzung vorliegt.
Laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ist eine Reduzierung um 0,6 Prozentpunkte denkbar. In der Koalition wird eher von einer Verminderung um 0,1 bis 0,3 Punkte ausgegangen.
Ab kommendem Juli dürften Rentner von der Entlastung profitieren
Sinkt der Beitrag, geht das auch mit einem positiven Effekt in die viele Faktoren enthaltende Formel ein, mit der die Rentensteigerung berechnet wird. So könnten auch die Rentner ab kommendem Juli mit Verzögerung von der Entlastung der Beitragszahler profitieren.
Die Ministerin erntete gemischte Reaktionen. Der Chef der Unions-Mittelstandsvereinigung, Carsten Linnemann (CDU), wies auf den gesetzlichen Mechanismus zur Beitragssenkung hin. „Eigentlich ist es ein Armutszeugnis, dass wir überhaupt darüber diskutieren“, sagte er. Der Chef der Arbeitnehmergruppe der Unionsfraktion, Peter Weiß (CDU), mahnte zur Zurückhaltung. Es sei eine „Sensation“, dass die Rentenversicherung so gut dasteht und trotz Mehrausgaben für das Rentenpaket eine Senkung möglich scheint. Wichtig sei, dass dies so erfolgt, dass der Beitragssatz nicht nach kurzer Zeit wieder nach oben schnellt, sagte er.
Die Rentenkasse verfügt über Rücklagen von knapp 34 Milliarden Euro
Durch die ausgebliebene Beitragssenkung zu Jahresbeginn entgehen den Beschäftigten und Unternehmen heuer Entlastungen von knapp sechs Milliarden Euro. Die Rentenerhöhung zum 1. Juli und die ersten Zahlungen der höheren Mütterrente ließen das Polster der Rentenkasse im August erstmals seit Monaten leicht abschmelzen. Die Rücklage lag aber immer noch bei 33,7 Milliarden Euro. Das entspricht 1,83 Monatsausgaben der Rentenversicherung. Ab einer Rücklage von 1,5 Monatsausgaben muss der Beitrag gesenkt werden.
„Den Beitragssatz jetzt zu senken wäre völlig verantwortungslos und äußerst kurzsichtig“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Statt kurzfristig die Reserven zu verpulvern, brauche die Rentenversicherung eine Demografiereserve zur langfristigen Stabilisierung der Rente. (dpa, bom)