Zwei Tage nachdem der Luxusliner "Costa Concordia" vor der toskanischen Küste auf Grund lief, sind zwei Personen einer Reisegruppe aus der Region vermisst. Wie das Allgäuer Kreuzfahrt-Unternehmen Günther Holdenried aus Heimenkirch (Kreis Lindau) mitteilt, sind nur 39 der 41 Teilnehmer aus dem Allgäu und Süddeutschland nach Deutschland zurückgekehrt. Über den Verbleib der zwei Frauen aus Laupheim (Landkreis Biberach) und Nürtingen - ob sie eventuell selbstständig die Rückreise angetreten haben - ist bislang nichts bekannt.
In dem halb gesunkenem Schiff waren am Sonntag nach Informationen des Veranstalters Costa Kreuzfahrten wahrscheinlich keine Deutschen mehr. "Nach Lage der Dinge gehen wir nicht davon aus", sagte Sprecher Werner Claasen. Die meisten deutschen Passagiere seien wieder nach Hause gereist. Zwischen 40 und 50 Deutsche seien vermutlich noch in Italien. Zu sechs von ihnen habe das Unternehmen keinen Kontakt. Die Rückreise organisiere Costa zusammen mit dem Auswärtigen Amt. Das Außenministerium in Berlin sprach am Sonntag noch von "einigen ungeklärten Fällen" aus Deutschland. Dabei könne es sich unter anderem um Menschen handeln, die kein Telefon hätten oder nach dem Unglück verwirrt seien. Von den zehn verletzten Deutschen konnten alle wieder das Krankenhaus verlassen.
Das Unglück ereignete sich beim Abendessen
Das Unglück ereignete sich in der Nacht zu Samstag, am Anfang der achttägigen Mittelmeerkreuzfahrt. Viele Passagiere aßen gerade zu Abend, als das Schiff auf einen Felsen vor der Insel Giglio auflief, an der Seite der "Costa Concordia" riss ein 70 Meter breites Loch auf. Passagiere - darunter etwa 560 Deutsche - und Besatzungsmitglieder mussten in Sicherheit gebracht werden. Die Evakuierung verlief nach Augenzeugenberichten chaotisch. Am Sonntagnachmittag wurden laut italienischen Agenturberichten zwei weitere Leichen in dem Schiffswrack gefunden. Damit würde die Zahl der Todesopfer auf fünf steigen.
Die 39 Rückkehrer der Allgäuer Reisegruppe sind nach Angaben Holdenrieds alle wohlauf. Sie wurden am Samstag in Savona (Italien) vom Busunternehmen Komm-mit (Sonthofen) in Holdenrieds Auftrag abgeholt und zurück nach Deutschland gebracht. Der Westallgäuer Reiseunternehmer hatte nach eigenen Angaben mit allen Gästen telefonisch Kontakt. Im Bus wurden die Reisenden mit kostenlosen Getränken und Essen versorgt. Günther Holdenried gegenüber unserer Redaktion: „Ich werde alles tun, dass meine Gäste einen vernünftigen Ausgleich für den entstandenen Schaden bekommen.“
Szenen fast die auf der Titanic
Die zurückgekehrten Reisenden aus der Region berichten von haarsträubenden Szenen. Waltraud Rogg aus Illertissen erzählt: „Das war Panik pur – bei fast 5000 Menschen an Bord. Alle haben gebrüllt und geschrien. Wir waren mit einer Gruppe von acht Leuten auf dem Schiff. Eine Frau haben wir verloren und ewig nicht gefunden. Es war ein Horrortrip. Fast wie in dem Film „Titanic“, nur dass sich unser Schiff seitlich geneigt hat. Viele mussten in die Rettungsinseln springen oder an Strickleitern hinunterklettern.“ Rogg selbst war etwa eine Stunde nach dem Unglück von Bord.
Eine schnelle Rettung wurde auch dem Kemptener Karl Kroen zuteil. „Ich habe mir sehr früh gedacht: Hoppla, da stimmt was nicht“, berichtet er. Aus diesem Grund sei er früh an Deck gestanden und kam so gleich in eines der ersten Rettungsboote. Andere hätten lange in ihren Kabinen gewartet, weil in den Durchsagen immer nur von einem technischen Problem die Rede gewesen sei. „Dabei wussten die doch viel früher, dass das Schiff sinkt“, kritisiert er, lobt aber gleichzeitig die Besatzung für ihre Hilfsbereitschaft bei der Rettungsaktion.
Wie die anderen Passagiere wurde Kroen zunächst auf die Insel Giglio gebracht. Dort warteten die Reisegäste mehrere Stunden, bevor eine Fähre sie abholte. Und von dort aus sah er auch, „dass um drei Uhr früh noch nicht alle Passagiere von Bord waren, obwohl das Unglück schon um halb zehn war“.
Zu denen, die lange auf dem havarierten Schiff ausharren mussten gehörte auch Tobias Frasch. „Wir waren am Ende mit gut 150 Leuten noch an Bord“, erzählt der Tettnanger. „Als wir von Bord kamen, hatte das Schiff schon einen Neigungswinkel von 45 Grad. Zwei meiner Freund mussten sogar ins Wasser springen. Es ist alles sehr chaotisch und panisch abgelaufen.“
Bei dem Schiffsunglück waren auch sechs Menschen aus dem Raum Wertingen an Bord. Darunter auch der Wertinger Unternehmer Peter Denzel mit seiner Gattin. Sie alle kamen nach ersten Informationen mit einem blauen Auge davon und werden am heutigen Sonntagnachmittag in ihrer Heimat zurückerwartet. mit afp, dpa