Mehr als sieben Milliarden Menschen leben auf der Erde. Im Jahr 1900 waren es gerade einmal 1,6 Milliarden. Dieses immense Wachstum hat vor allem in den Entwicklungsländern für viele Probleme wie Hunger und Armut gesorgt. Experten befürchten, dass sich dies auch auf die bislang wohlhabenden Staaten auswirkt.
In dreieinhalb Jahrzehnten wird nach Schätzungen der Vereinten Nationen zwei Drittel der Menschheit in Städten leben. 100 Jahre zuvor, 1950, seien es nur 30 Prozent gewesen, hieß es am Donnerstag von den UN in New York. Derzeit seien es 54 Prozent.
Der Trend zur Urbanisierung gehe unvermindert weiter, insbesondere in Asien. Größtes Siedlungsgebiet werde Tokio bleiben. Die Megacity Mexiko-Stadt soll hingegen von mehreren asiatischen Städten überholt werden. 37 Prozent des Städtewachstums entfällt auf nur drei Länder: Indien, China und Nigeria.
Experte: Wir werden bald fast drei Erden brauchen
Doch was bedeutet diese Entwicklung? Wir haben mit Diplom-Geograph Frank Swiaczny vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung gesprochen. Er vertritt Deutschland als Experte in der Kommission für Bevölkerung und Entwicklung der Vereinten Nationen.
Wie viele Menschen hält die Erde noch aus?
Das ist die große Frage, die die Wissenschaft spaltet. Ein wichtiger Aspekt dabei ist die Nahrungsproduktion. Wenn sie weiter optimiert wird, können noch wesentlich mehr Menschen versorgt werden als heute. Dabei muss man sich aber auch bewusst sein, dass dabei nicht jeder den gleichen Lebensstandard haben kann wie die Menschen in den westlichen Industrieländern. Das gilt für die Nutzung anderer Ressourcen genauso.
Kann man das in Zahlen fassen?
Was den globalen Ressourcenverbrauch angeht, war die Grenze des für die Erde Verträglichen Mitte der 70er Jahre schon überschritten. Damals lebten etwa vier Milliarden Menschen auf der Erde. Jetzt würden wir für ein nachhaltiges Wirtschaften schon 1,6 Erden brauchen. Bis zum Jahr 2050 wären es fast drei Erden, um den Ressourcenverbrauch nachhaltig zu decken.
Wir können also nicht mehr so weitermachen wie bisher.
So ist es. Vor allem können die Produktions- und Konsummuster des Westens nicht weltweit nachgeahmt werden.
Flüchtlingswellen aus Afrika noch kein Grund zur Sorge
Aber viele Menschen in anderen Teilen der Welt sagen ja schon: Warum nehmt ihr euch das Recht heraus, wenn wir es nicht dürfen.
Gegen dieses Argument kann man wenig sagen. Es wäre daher wichtiger, ein Zeichen zu setzen und nachhaltiger zu leben.
Erst einmal versuchen viele aber, ein besseres Leben direkt in Europa zu finden, gerade Afrikaner. Wird sich diese Zuwanderung noch verstärken?
Migrationsbewegungen sind immer schwer zu prgnostizieren. Fest steht, dass es auf absehbare Zeit weiter einen deutlichen Unterschied des Lebensstandards zwischen Europa und anderen Regionen geben wird. Noch führen diese Unterschiede nicht zu massenhaften Wanderungen, auch wenn sie sich gerade etwas verstärken. Wenn man sich den geringen Anteil von Migranten an der Weltbevölkerung ansieht, ist das aber noch kein Grund, Alarm zu schlagen.
Wie viel Zuwanderung hält Europa denn überhaupt aus, um den Lebensstandard zu halten?
Auch das ist schwierig zu beantworten. Man ist sich ja noch nicht einmal einig, ob der demografische Wandel durch den Zuzug von außen bewältigt werden kann oder ob beispielsweise eine bessere Ausbildung der vorhandenen Arbeitkräfte ausreicht.
In Bayern ändert sich erst einmal nicht viel
Einig ist man sich aber, dass vor allem die Städte durch den Zuzug vor Probleme gestellt werden, während das Land verwaist.
Zahlen und Fakten zur Weltbevölkerung
Es vergingen Zehntausende Jahre, bis die Weltbevölkerung im Jahr 1800 erstmals eine Milliarde Menschen zählte. Doch schon 200 Jahre später hat sich ihre Zahl versechsfacht. Zahlen und Fakten:
Mit 1,35 Milliarden Menschen ist China das bevölkerungsreichste Land der Welt; es folgt Indien mit 1,241 Milliarden.
Mit knapp 81 Millionen liegt Deutschland auf Platz 16.
Bis 2050 werden nach Schätzung der Vereinten Nationen 9,7 Milliarden Menschen auf der Erde leben, mehr als 10 Milliarden bis zum Ende des Jahrhunderts.
Die UN erwarten, dass die durchschnittliche Anzahl von Kindern pro Frau bis zum Jahr 2100 von weltweit derzeit 2,5 auf 2 sinken wird.
Während die Bevölkerung in Europa schrumpft, wird sich die Zahl der Menschen in Afrika von heute einer Milliarde auf voraussichtlich 3,6 Milliarden mehr als verdreifachen.
Zu Beginn des 22. Jahrhunderts wird statistisch gesehen vermutlich jeder zweieinhalbte Mensch in Afrika leben.
Eine afrikanische Frau bringt heute durchschnittlich 4,7 Kinder zur Welt. Im europäischen Durchschnitt sind es 1,6, in Deutschland sogar nur 1,4.
Diese Reurbanisierung als genereller Trend ist erst einmal nur gefühlt. Es stimmt, dass es in vielen Städten zu wenig Wohnraum gibt, der sehr teuer wird. Aber wenn man etwa München mit dem Ruhrgebiet vergleicht sieht man, dass es auch da große Unterschiede gibt. Durch die Zuwanderung und die steigende Zahl von Singlehaushalten wird der Bedarf an Wohnraum jedenfalls in den gefragten Regionen wie München weiter steigen und erst einmal keine Entlastung erfahren. Wie lange das anhält und ob die ländlichen Gebiete irgendwann wieder gefragter sind, hängt auch vom Arbeitsplatzangebot und den Pendelkosten ab.
Sicher ist aber, dass in Zukunft insgesamt weniger Menschen in Bayern leben werden.
Bis zum Jahr 2030 wird die Zahl bei rund 12,5 Millionen recht konstant bleiben. Bis 2060 wird sie nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes auf 11,6 bis 10,7 Millionen sinken.
In Zukunft werden deutlich weniger Menschen in Deutschland leben
Und in Deutschland?
Heute leben bei uns knapp 82 Millionen Menschen. Bis 2030 wird es, je nach Zuwanderung, einen Rückgang auf 79 bis 77 Millionen geben, bis zum Jahr 2060 auf 70 bis 65 Millionen. Da hier die Ergebnisse des Zensus noch nicht berücksichtigt wurden, könnten es auch noch etwas weniger Menschen werden.
Doch die Zahl der Menschen auf der Erde wird steigen.
Bis zum Jahr 2050 geht man von einem Anstieg auf 9,5 Milliarden und bis zum Ende des Jahrhunderts von 10,9 Milliarden aus. Man sieht also, dass sich das Wachstum verlangsamt. Das liegt vor allem an den sinkenden Geburtenraten und dem steigenden Alter der Menschen. Die Ausnahme ist Afrika. Von derzeit etwa einer Milliarde wird die Bevölkerung bis 2100 auf etwa 4,2 Milliarden ansteigen. Zum Vergleich: In Asien sind es derzeit 4,2 Milliarden, am Jahrhundertende werden es 4,7 sein. Wir müssen also mit einer gewaltigen Schwerpunktverlagerung rechnen.
Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung mit Sitz in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden beschäftigt hauptsächlich Wissenschaftler. Es sammelt Daten zur Bevölkerungsentwicklung und berät die Bundesregierung. (mit dpa)