Die Geschichte mutet wie aus dem Mittelalter oder der Antike an: Kämpfer entführen Mädchen, um sie zu verkaufen und sie zu verheiraten. Doch geschehen solche schreckliche Dinge genau jetzt - in Afrika, genauer gesagt in Nigeria. Dort haben mutmaßliche Kämpfer der Islamistengruppe Boko Haram acht weitere Mädchen entführt. Im April hat die Gruppe bereits über 200 Schülerinnen in ihre Gewalt gebracht.
Nigeria: Wieder acht Mädchen verschleppt
Wie Dorfbewohner am Dienstag sagten, wurden die acht Mädchen aus dem Dorf Warabe im Bundesstaat Borno verschleppt. Die USA und Großbritannien sagten Nigeria Hilfe bei der Suche nach den Geiseln zu.
Unfassbar ist auch, wie die Islamisten vorgingen. Sie seien am Sonntagabend im Dorf Warabe "auf der Suche nach Mädchen von Tür zu Tür gegangen", sagte der Dorfbewohner Abdullahi Sani. Die verschleppten Mädchen sind noch sehr jung, zwischen zwölf und 15 Jahre alt. Andere Bewohner bestätigten seine Angaben.
Boko Haram will die Mädchen verkaufen, versklaven, zwangsverheiraten
Boko Haram hatte sich erst am Montag zu der Entführung von mehr als 200 Schülerinnen vor drei Wochen bekannt. Die Mädchen waren am 14. April aus ihrer Schule in Chibok im Nordosten Nigerias verschleppt worden. 53 der Geiseln konnten bislang fliehen, 223 sind nach Angaben der Polizei noch in Gefangenschaft. Boko-Haram-Chef Abubakar Shekau kündigte in einem Video an, die Mädchen verkaufen, versklaven oder zwangsverheiraten zu wollen.
Der britische Außenminister William Hague sagte am Dienstag, sein Land werde bei der Suche nach den entführten Mädchen "praktische Hilfe" leisten. Er nannte das Vorgehen von Boko Haram "abscheulich und unmoralisch".
Auch die USA will helfen, die verschleppten Mädchen zurückzuholen
US-Außenamtssprecherin Marie Harf sagte, auch die USA seien bereit, Nigeria in "jeder Weise zu helfen, die wir für angemessen halten". Zu Einzelheiten wollte sie sich aber nicht äußern. Berichte über eine mögliche Entsendung von US-Truppen wies sie zurück. Das Weiße Haus erklärte, die USA unterstützten Nigeria beim Anti-Terror-Kampf, etwa durch den Austausch von Geheimdienstinformationen.
UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay ließ erklären, sie sei nach den "abscheulichen" Behauptungen von Boko Haram "zutiefst besorgt". Ihr Sprecher Rupert Colville sagte, Sklaverei und Zwangsprostitution seien Verstöße gegen internationales Recht. Unter bestimmten Umständen könnten sie sogar als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewertet werde.
Den Mädchen Leid zuzufügen, verstoße gegen "die Lehren des Islam und seine toleranten Grundsätze"
Auch das renommierte Islamische Institut der Al-Ashar-Universität in Kairo verurteilte die Entführung und forderte Boko Haram auf, die Schülerinnen sofort freizulassen. Den Mädchen Leid zuzufügen, verstoße gegen "die Lehren des Islam und seine toleranten Grundsätze", hieß es in einer Erklärung. Das Institut gilt Sunniten in aller Welt als oberste Instanz für religiöse und juristische Fragen.
Die Hollywood-Schauspielerin Angelina Jolie verurteilte die Entführung als besonders unmenschlich. "Die Entführung der jungen Mädchen in Nigeria ist von einer unvorstellbaren Grausamkeit", sagte die Sondergesandte des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Paris.
Boko Haram kämpft seit fünf Jahren für einen islamistischen Staat im mehrheitlich muslimischen Norden Nigerias und verübt regelmäßig Anschläge auf Polizei, Armee und Behörden, aber auch auf Schulen und Kirchen. Etwa 1500 Menschen wurden bei Angriffen allein in diesem Jahr getötet.
In dem Bekennervideo sagte Boko-Haram-Chef Shekau: "Ich habe gesagt, dass die westliche Bildung aufhören muss, Mädchen, ihr müsst die Schule verlassen und euch verheiraten." Der Name Boko Haram heißt übersetzt etwa: "Westliche Bildung ist Sünde." afp/AZ