17 Tote, das ist die Billanz von Hurrikan Sandy. Während der Sturm in den USA für Szenen wie aus einem Endzeit-Spielfilm sorgt, sitzt Deutschland vor dem Fernseher und schaut zu. Gespannt, mitleidig und froh, dass man weit entfernt ist. Aber das wird nicht immer so bleiben. Laut Expertenangaben müssen sich die Deutschen aufgrund der Erderwärmung auf immer extremere Wetterlagen einstellen. Vor allem Wetterphänomene mit dem größten Gefährdungs- und Schadenspotenzial werden bis 2100 zunehmen, sagte der Vizepräsident des Deutschen Wetterdienstes (DWD), Paul Becker, am Dienstag in Berlin bei der Präsentation einer Studie über extreme Wetterereignisse.
Ende des Jahrhunderts: Alle fünf Jahre ein schwerer Sturm
Laut Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) sind die Menschen in Deutschland noch nicht ausreichend auf extreme Wetterlagen vorbereitet. Den Experten zufolge könnte sich die Zahl der Winterstürme mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 110 km/h verdoppeln. Zu Stürmen mit Geschwindigkeiten von über 125 km/h sagte Becker: "Ende des Jahrhunderts werden wir uns möglicherweise alle fünf Jahre auf sie vorbereiten müssen." Bislang sei Deutschland nur etwa alle 25 Jahre von diesen extremen Stürmen bedroht.
Auch mit deutlich mehr Starkniederschlägen müssen die Bewohner vieler Regionen der Studie zufolge vor allem im Winter rechnen. Insbesondere in den Küstengebieten könnte sich die Zahl der starken Niederschläge, bei denen mehr als 15 Liter pro Quadratmeter in 24 Stunden fallen, verdoppeln, so die Fachleute. Außerdem werde es deutlich wärmer: Die Zahl der Sommertage mit mindestens 25 Grad Celsius könnte sich den Berechnungen zufolge bis 2100 verdoppeln. "Fast jeder vierte Tag wäre dann ein Sommertag", sagte Becker.
Viele Bürger wollen sich nicht mit Katastrophenszenarien auseinandersetzten
Aus Sicht der Experten sind Katastrophenschützer gut für Überschwemmungen und andere Folgen von Extremwetterereignissen gewappnet. Umfragen hätten aber gezeigt, dass sich viele Bürger nicht gern mit diesem Thema beschäftigen wollen. Doch die Helfer könnten nicht immer überall sofort vor Ort sein, betonte BBK-Präsident Christoph Unger.
Das Amt wolle Menschen daher zu mehr Selbsthilfe animieren. Neben Broschüren setze die Behörde auf neue Medien, um auch Kinder und Jugendliche zu erreichen. Außerdem arbeite seine Behörde daran, das Warnsystem in Deutschland zügig und flächendeckend ausgebaut werden. 2015 sei zudem eine große Sturmflutübung an der Nordsee geplant.
DWD, BBK und weitere Einrichtungen gehören zu der sogenannten "Strategischen Behördenallianz Anpassung an den Klimawandel". Die Partner wollen gemeinsam daran arbeiten, Deutschland noch besser auf Extremereignisse vorzubereiten. dpa