Generationen lieben ihn und jeder hat seine persönlichen Erinnerungen. Er war der Schurke Santer in „Winnetou“ und beeindruckte als „Der große Bellheim“. Unvergessen ist auch sein Generaldirektor Heinrich Haffenloher in der Dietl-Serie „Kir Royal“. Man könnte noch viel mehr große Rollen aufzählen. Tatsache ist, dass seine Präsenz auch leichtere Fernsehfilme veredelt. Am Karfreitag spielt der 82-Jährige die Hauptrolle in der Tragikomödie „Krokodil“ (ZDF, 21.15 Uhr). Adorf ist der Schriftsteller Richard, ein Zyniker, in dessen Leben eine neue Farbe kommt, als er die bei einem Autounfall verunglückte Judith und ihren Sohn Dominik bei sich aufnimmt.
Der Richard ist ja eine einsame Figur. Können Sie sich vorstellen, im Alter einsam zu sein?
Adorf: Ich war in meinem Leben oft allein. Und da hätte man einsam sein können. Aber dieser Richard ist nicht nur einsam, sondern verbittert, ein Menschenfeind. Aber er überspielt alles, er hatte ja ein tolles Leben. Jetzt kann er nicht mehr schreiben, geht noch ein wenig angeln, was er auch nicht kann. Aber es steckt doch eine gewisse Sensibilität in dem Charakter, was mir gut gefallen hat.
In dem Film fällt der Satz: „Was hat man denn vom Leben noch zu erwarten, wenn man mit einem Bein im Jenseits steht, falls es das gibt.“ Was erwarten Sie selbst?
Adorf: Solche Resignation ist mir fremd. Diese Art von Zweifel habe ich nie gehabt. Das ist das Schöne an unserem Beruf, dass man keine Sinnkrise bekommt. Ich habe Freunde, die sind mit 65 in ein Loch gefallen. Als Schauspieler ist es nur wichtig, dass man noch ein Gedächtnis hat, man noch über einen Körper verfügt, der mitmacht und das Bewusstsein, dass die Altersrollen ja auch jemand spielen muss.
Sie hatten immer das Glück, dass Sie sich die Rollen aussuchen konnten. Wie sehen Sie den Zustand der deutschen Fernsehserie? Können Sie sich eine bessere Qualität vorstellen?
Adorf: Ich schaue ja kaum rein. Selbst habe ich nie eine Serie gedreht, Mehrteiler schon. Als Horst Tappert mit dem „Derrick“ anfing, war ich eigentlich enttäuscht. Ich war mit ihm am Theater und fand ihn toll. Er konnte ernste Rollen und komödiantische spielen. Auf einmal war er Derrick. Für mich war der ein grauenhafter Langweiler. Warum tut sich der Tappert das an? Freilich wurde die Serie ein großer internationaler Erfolg. Ich fand es für ihn als Schauspieler schade. Ich sehe es persönlich als Opfer, wenn jemand über viele Jahre hinweg an eine Serie gefesselt ist.
Haben Sie eine Rolle, die Sie noch unbedingt spielen wollen?
Adorf: Was mich interessiert hätte, wäre eine Episode aus dem vorletzten Lebensjahr von Karl Marx, als er nach Algier reiste. Daraus ist nichts geworden, das Projekt kam nicht zustande. Dafür hat man mir das „Krokodil“ angeboten.
Die Hauptfigur in diesem Film entdeckt ja späte Gefühle. Sie sind mit Ihrer Frau Monique schon so lange zusammen. Wie verändert sich Liebe in langer Zeit?
Adorf: Sie entwickelt sich im Alter weg von der Sexualität, von der Attraktion des rein Körperlichen hin zu einer Art Verwandtschaft, in die man auch das Altern einbezieht. Man sieht sich selber alt werden und den Partner auch. Und das finde ich schön.
Ein kleiner Blick zurück: Wie können Sie damit leben, dass Sie Winnetous Schwester auf dem Gewissen haben?
Adorf: Ich konnte damit immer gut umgehen. Denn Marie Versini war damals gar nicht am Set. Ich habe in die Luft geschossen. Und die, die ich als Schauspieler erschossen habe, leben noch oder sind eines natürlichen Todes gestorben.
Schauen Sie sich Ihre alten Filme heute noch an?
Adorf: Ich habe kaum Filme von mir später noch einmal angesehen. Aber dass mir die Bösewichter immer noch angehängt werden, damit muss ich leben. Denn es waren in Wirklichkeit gar nicht so viele.
Sind Sie nicht auch im Gespräch gewesen, als Francis Ford Coppola den ersten Teil des „Paten“ plante?
Adorf: Das war so: Coppola kam nach Rom, weil er für die vielen kleinen Rollen Schauspieler suchte. Ich hatte das Pech, dass er mich gefragt hat, ob in dem Roman von Mario Puzo eine Rolle wäre, die ich gerne gespielt hätte. „Ja, der Sonny Corleone wäre was für mich“, gestand ich. Das ginge nicht, der sei bereits mit James Caan besetzt. Ich konnte mir nicht verkneifen zu sagen: „James Caan? Der ist rothaarig, lockig, blauäugig. Der sieht doch gar nicht aus wie der Sohn von Marlon Brando. Schauen Sie mich an: Ich sehe so aus!“ Ob ich denn nicht eine andere Rolle gefunden hätte, wollte Coppola dann wissen. Ich sagte „Nein“, und das war es dann.
Wie groß war da die Enttäuschung bei Ihnen?
Adorf: Nicht groß. Mein Verhalten war vielleicht dumm. Aber auf der anderen Seite musste ich nicht unbedingt irgendeinen Gangster oder Mafioso spielen, um sagen zu können: Ich war im „Paten“ dabei. Der 17. Mörder in dem Film hat mich nicht interessiert.