Deutschland muss Gewalttäter entschädigen: Deutschland muss zwei in Sicherungsverwahrung untergebrachten Gewalttätern insgesamt 12.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Dies ordnete der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am Donnerstag an. Wie bereits in früheren Fällen rügten die Straßburger Richter, dass die Sicherungsverwahrung nachträglich angeordnet wurde, nachdem die Männer ihre Haftstrafe verbüßt hatten.
Verstoß gegen Rechtsgrundsatz
Dies sei ein Verstoß gegen den Rechtsgrundsatz "Keine Strafe ohne Gesetz". Das Urteil wurde von einer kleinen Kammer gefällt. Dagegen können beide Seiten Rechtsmittel einlegen. Der Gerichtshof kann den Fall dann an die Große Kammer verweisen, er muss dies aber nicht tun.
Wegen Mord und Vergewaltigung im Gefängnis
Die heute 44 und 55 Jahre alten Männer sind derzeit in den Gefängnissen von Schwalmstadt und Straubing in Sicherungsverwahrung. Einer von ihnen wurde 1987 wegen mehrfacher Vergewaltigung zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt, der andere 1992 wegen dreifachen Mordes zu 15 Jahren. Nachdem die Männer 2007 ihre Strafe abgesessen hatten, ordnete das Landgericht in Frankfurt am Main ihre Unterbringung in Sicherungsverwahrung an. Grundlage dafür war das "Gesetz zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung" aus dem Jahre 2004.
Sicherungsverwahrung: Deutschland schon mehrfach verurteilt
Die Straßburger Richter hatten Deutschland bereits mehrfach wegen nachträglich verhängter oder verlängerter Sicherungsverwahrung verurteilt. Sie sehen in dieser Praxis einen Verstoß gegen Artikel 7 der Europäischen Menschenrechtskonvention, wonach nachträglich keine höhere Strafe verhängt werden darf, als "die im Zeitpunkt der Begehung der strafbaren Handlung angedrohte".
Aufgrund dieser Urteile verabschiedete Deutschland ein neues Gesetz, das Anfang 2011 in Kraft trat. Damit ist die nachträgliche Verhängung oder Verlängerung einer Sicherungsverwahrung nun untersagt. Einer Sprecherin des Gerichtshof zufolge sind in Straßburg noch rund 20 ähnliche Beschwerden gegen Deutschland anhängig. (afp, AZ)