In Decken gehüllte Leichen liegen neben dem Bahndamm, blutüberströmte Verletzte werden aus zertrümmerten Waggons gezogen: Beim Zugunglück im Nordwesten Spaniens boten sich schreckliche Bilder. Keiner der 13 Waggons des Unglückszuges stand mehr auf den Gleisen. Der Schnellzug von Madrid nach El Ferrol war wenige Kilometer vor der Einfahrt in den Bahnhof der Pilgerstadt Santiago de Compostela aus den Schienen gesprungen und in mehrere Teile zerrissen worden.
Nach Zugunglück: Behörden rufen zu Blutspenden auf
Es ist eine der schlimmsten Katastrophen der spanischen Eisenbahngeschichte, die sich am Mittwoch im Nordwesten des Landes ereignet hat: In einer Kurve ist der Schnellzug von Madrid nach El Ferrol wenige Kilometer vor der Einfahrt in den Bahnhof der Pilgerstadt Santiago de Compostela aus den Schienen gesprungen und in mehrere Teile zerrissen worden. Dabei kamen nach aktuellen Medienberichten mindestens 77 Menschen ums Leben. Die Regionalzeitung La Voz de Galicia sprach sogar von mindestens 79 Toten. 140 Menschen seien verletzt worden. Die Behörden riefen die Menschen zu Blutspenden auf.
Waggons ineinander verkeilt
Die vorderen Waggons kippten auf eine Böschung neben den Schienen, ein Wagen flog über eine Barriere neben dem Bahndamm hinweg und landete in der Nähe von Wohnhäusern. Die hinteren Waggons prallten gegen eine Abgrenzungsmauer und verkeilten sich ineinander. Einige Wagen waren so sehr zerstört, dass es Stunden dauerte, bis die Rettungskräfte sich den Weg ins Innere bahnen konnten.
Anwohner hörten explosionsartigen Knall
Mehrere Anwohner waren die ersten Helfer, die zur Stelle waren. "Wir haben die Scheiben der Waggons eingeschlagen und Tote und Verletzte ins Freie gezogen", berichtete einer von ihnen der Zeitung "La Voz de Galicia". Einige Anwohner wollten kurz vor dem Entgleisen des Zuges einen lauten Knall oder eine Explosion gehört haben. Gleich nach dem Unglück stieg eine Rauchwolke über der Unfallstelle auf. Das spanische Innenministerium schloss es jedoch aus, dass ein Terrorunschlag die Ursache der Katastrophe gewesen sein könnte.
Die beiden Lokführer überstanden das Unglück unverletzt. Einer von ihnen soll nach Informationen der Zeitung in einem Gespräch mit seinen Vorgesetzten immer wieder in sein Handy gerufen haben: "Wir sind entgleist! Was können wir tun?" Die Ermittler der Polizei deuteten an, dass eine überhöhte Geschwindigkeit eine der möglichen Unglücksursachen gewesen sein können.
Mindestens 77 Tote bei schwerem Zugunlück in Spanien
Nach derzeitigem Ermittlungsstand sei der Zug offensichtlich viel zu schnell in eine Kurve eingebogen. Die spanische Eisenbahngesellschaft Renfe warnte jedoch vor schnellen Schlussfolgerungen. Eisenbahnexperten würden die Unfallursache untersuchen, erklärte Renfe.
Die Katastrophe war das erste Unglück mit Todesopfern auf einem Abschnitt des spanischen Hochgeschwindigkeitsnetzes. Etwa drei Kilometer vor der Einfahrt in den Bahnhof von Santiago passierte das schwere Zugunglück.
Zug entgleist in Kurve: Noch immer zahlreiche Menschen vermisst
Der Unglückszug hatte sich auf der Fahrt von Madrid zur Küstenstadt El Ferrol im Nordwesten Spaniens befunden. Mehr als 200 Fahrgäste sollen sich zum Unglückszeitpunkt in dem Zug befunden haben. Am kommenden Wochenende hatte in Santiago de Compostela ein großes Fest zu Ehren des Heiligen Jakobs stattfinden sollen. Die Stadt hat aufgrund des schweren Zugunglücks die Feierlichkeiten, die das wichtigste Fest des Jahres in der Pilgermetropole sein sollten, ab.
Rettungskräfte arbeiteten die ganze Nacht durch an der Unfallstelle. Am früher Morgen waren noch immer etwa 200 Einsatzkräfte bei der Suche nach möglichen Opfern in den Trümmern der Wagen. Zwei riesige Kranwagen waren an die Unfallstelle gebracht worden. Selbst in den frühen Morgenstunden verfolgten rund 200 Anwohner den Fortgang der Arbeiten, berichtete die spanische Nachrichtenagentur EFE.
Papst Franziskus spricht seine Unterstützung für Familien der Opfer aus
Am heutigen Donnerstag will der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy an die Unfallstelle kommen und sich selbst ein Bild von der Katastrophe machen. Er selbst stammt aus der Pilgermetropole im Nordwesten des Landes.
Papst Franziskus zeigte sich betroffen über das Bahnunglück. Vatikan-Sprecher Federico Lombardi sagte am Mittwochabend (Ortszeit) in Rio de Janerio, der Papst sei über den Unfall informiert worden und im Schmerz mit den Familien und Angehörigen der Opfer verbunden. Anlässlich des Weltjugendtages befindet sich Franziskus auf seiner ersten Auslandsreise in der brasilianischen Stadt. Vor Beginn der täglichen Pressekonferenz bat Lombardi für eine Gedenkminute für die Opfer. (dpa/AZ)