Bis zu sieben Meter hoch waren die Wellen, die auf die bereits angeschlagene "Rena" peitschten. Ein schwerer Sturm hat dem havarierten Containerschiff "Rena" den Rest gegeben. Die "Rena", die bereits vor drei Monaten vor Neuseeland havariert war, ist jetzt auseinandergebrochen. Nun wird vor Neuseeland eine neue Ölpest befürchtet. Die Behörden warnen außerdem andere Schiffe in der Region vor im Meer treibenden Containern.
"Rena": 1300 Vögel verendet
Seit der Havarie Anfang Oktober vor der Nordostküste der neuseeländischen Nordinsel waren rund 350 Tonnen Treibstoff aus der unter liberianischer Flagge fahrenden "Rena" ins Meer geflossen. Mindestens 1300 Vögel verendeten. Ein Heer von Freiwilligen reinigte die verschmutzten Strände in dem bis dahin fast unberührten Gebiet und rettete hunderten weiteren Tieren das Leben. Nach der Havarie versuchten die Einsatzkräfte, die Treibstofftanks der "Rena" leerzupumpen. Bislang konnten mehr als tausend Tonnen Schweröl abgepumpt werde. Noch immer befindet sich aber Treibstoff in den Tanks. Umweltminister Nick Smith sagte am Sonntag, die Gefahr einer Ölpest sei nicht ganz so groß wie unmittelbar nach der Havarie. Diesmal könnten "höchstens" einige dutzend Tonnen Öl ins Meer laufen und nicht einige hundert.
Die schwersten Ölkatastrophen
26. März 1967: Vor der südenglischen Küste ereignet sich das erste große Ölunglück. Dort verunglückt der Tanker "Torrey Canyon". Er verliert 117.000 Tonnen Öl. Weite Teile der englischen und französischen Küste sind von der Katastrophe betroffen. Zahllose Seevögel verenden grausam.
12. März 1976: Der spanische Öltanker "Urquiola" verliert ungefähr 95.000 Tonnen seiner todbringenden Fracht. Aufgrund mehrerer Explosionen an Bord gerät das Schiff außer Kontrolle. Es kollidiert mit einem Felsen vor der spanischen Atlantikküste.
16. März 1978: Ein verheerender Unfall hat sich vor der bretonischen Küste zugetragen. Auf der "Amoco Cadiz" waren die Ruder ausgefallen. Der dadurch manövrierunfähig gewordene Öltanker rammte einen Felsen und verlor 223.000 Tonnen Rohöl. Die zum Teil noch unberührte Küste wurde nachhaltig geschädigt. In Europa hat es bisllang keine folgenschwerere Ölpest gegeben.
3. Juni 1979: Mehr als zehn Monate lang versuchte man im Golf von Mexiko mit allen Kräften das Bohrloch zu schließen, welches die havarierte mexikanische Bohrinsel Ixtoc I. hinterlassen hatte. Unfassbare 1.400.000 Tonnen Rohöl konnten ungehindert ins Meer fließen. Ein Desaster für Wirtschaft und Ökosysteme.
19. Juli 1979: Auf offener See vor Tobago kollidieren zwei Öltanker, die in einen tropischen Sturm geraten waren. Aus der "Atlantic Empress" strömen 287.000 Tonnen Öl ins Meer. 29 Seemänner verlieren dabei ihr Leben.
23. März 1989: Ein weiterer folgenreicher Ölunfall ereignet sich vor der Küste Alaskas. Die Exxon Valdez auf ein Korallenriff aufläuft. 42.000 Tonnen Rohöl treten aus und verseuchen mehr als 2000 Kolometer des Küstenstreifens. Zahllose Seevögel, Fische, Otter und Wale finden ein qualvolles Ende. Noch heute sind die Folgen sichtbar. Der Unglückstanker ist nach wie vor in Betrieb, lediglich der Name wurde geändert.
11. April 1991: Vor Italien sinkt der Öltanker "Haven" infolge einer Explosion. Sechs Menschen verlieren ihr Leben und rund 50.000 Tonnen Rohöl fließen ins Mittelmeer. --- 1991: Im selben Jahr ereignet sich ein gigantisches Öl-Inferno infolge des Golfkrieges. Irakische Truppen entzündeten kuwaitische Ölfelder, bombardierten einige Lagerstätten und zerstörten mehrere Tanks. Enorme Öl-Mengen gelangen unkontrolliert in den Persischen Golf und verheeren die Küste.
Oktober 1994: Aus einer maroden Pipeline strömen viele Tonnen Öl in die russische Taiga. Dieser Zustand wurde viele Jahre lang ignoriert.
15. Februar 1996: Vor Wales kollidiert die "Sea Empress" mit einem Felsen. 72.000 Tonnen Rohöl laufen aus dem verunglückten Tanker ins Meer.
25. Oktober 1998: Der Holzfrachter "Pallas" läuft vor Amrum auf Grund. Aus dem brennenden Schiff entweichen viele Liter Schweröl. Das Öl verursacht schwere Schäden im Wattenmeer. Zahlreiche Fische und Vögel verenden jämmerlich.
12. Dezember 1999: Mehrere hundert Kilometer vor der bretonischen Küste gerät die "Erika" in Seenot und bricht entzwei. Viele Tausend Tonnen Rohöl gelangen ins Meer und verseuchen die Küste. Die ökologischen Konsequenzen sind fatal.
19. November 2002: Ein paar Jahre später ereilt den 240 Meter langen Öltanker "Prestige" dasselbe Schicksal. Das Schiff verunglückt vor Galizien. 64.000 Tonnen Schweröl verpesten weite Teile der französischen und spanischen Küste. Wie die "Erika" hatte auch die "Prestige" schon einige Jahre auf dem Buckel. Bis heute wurde das Wrack nicht geborgen.
Oktober 2009: Ein tragisches Unglück ereignet sich auf einer australischen Bohrinsel in der Timorsee. Zehn Wochen lang gelingt es nicht, die undichte Stelle zu schließen. Über zwei Millionen Tonnen Öl können ungehindert ins Meer austreten. Die Folgen für das hochsensible Ökosystem sind katastrophal. Die Region gehört zur Zugroute von Wasserschildkröten und Delphinen.
21. April 2010: Eine der fatalsten Ölkatastrophen ereignete sich 2010 auf der Ölplattform "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko. Elf Menschen kamen dabei ums Leben. Als die Bohrinsel infolge eines Feuers havarierte, gelangten innerhalb von drei Monaten eine Millionen Tonnen Rohöl ins Meer. Besonders schlimm hat es das Naturreservat Mississippi-Delta getroffen. Dort werden sich die verheerenden Folgen noch lange abzeichnen.
Nachdem die "Rena" nun auseinander gebrochen ist, alarmierten die Behörden ein Team von Ölpest-Spezialisten, um auf angespültes Öl an der Küste sofort reagieren zu können, wie der Einsatzleiter der Schifffahrtsbehörde MNZ, Alex van Wijngaarden, sagte. Weitere Einsatzkräfte stehen demnach bereit, um verunreinigten Tieren helfen zu können.
Container sind Gefahr für andere Schiffe
Beim Auseinanderbrechen des Schiffs gingen jedoch auch mehrere hundert Frachtcontainer von Bord, die nun eine Gefahr für andere Schiffe darstellen. Zwar hatten die Einsatzkräfte nach der Havarie damit begonnen, die Container von dem Wrack zu bergen. Vor dem Sturm waren ihren Angaben zufolge aber noch rund 880 Container an Bord. Die Bergungsexpertin Claudine Sharpe sagte, 200 bis 300 Behälter seien nun ins Meer gestürzt. Die meisten von ihnen sanken, 40 bis 60 schwimmen ihren Angaben zufolge aber noch an der Oberfläche.
Die Behörden gaben eine Warnmeldung an Schiffe in der Region heraus. Der hohe Wellengang machte eine Bergung der im Meer treibenden Container vorerst unmöglich. Das schlechte Wetter soll Meteorologen zufolge noch drei Tage lang anhalten. Bis dahin könnten weitere Container ins Meer gespült werden, sagte der Behördenvertreter David Billington.
Zudem droht nach Behördenangaben das Heck des Schiffs umzukippen und zu sinken. Die beiden Teile des Schiffs wurden in dem Sturm auseinander getrieben und befinden sich inzwischen bis zu 30 Meter voneinander entfernt.
Größte Umweltkatastrophe Neuseelands
Die Havarie der "Rena" gilt schon jetzt als die größte Umweltkatastrophe in der Geschichte Neuseelands. Der philippinische Kapitän und sein Stellvertreter wurden festgenommen und sollen sich für das Unglück vor Gericht verantworten. Nach Angaben von Umweltminister Smith nahmen sie auf dem Weg zum Hafen eine Abkürzung. Beide Männer wurden gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt, zu ihrer Sicherheit aber an einem geheimen Ort untergebracht. afp/AZ