Der Kemptener Karl Kroen berichtet von einem derart heftigen Schlag, dass im Speisesaal des Schiffes das Geschirr von den Tischen katapultiert wurde. Tobias Frasch aus Tettnang (Kreis Ravensburg) nahm im Theater „gar keine so große Erschütterung, nur eine leichte Schräglage“ wahr. Doch egal, wer den Anfang des Schiffsunglücks nun wie erlebte, gemein ist allen Passagieren des Kreuzfahrtschiffes Costa Concordia ein tiefsitzender Schock.
Der Luxusliner "Costa Concordia" lief am Freitagabend – dem letzten Tag einer Kreuzfahrt durchs Mittelmeer – vor der toskanischen Küste auf Grund. An Bord war auch eine Reisegruppe mit 41 Personen aus dem Allgäu und Süddeutschland des Allgäuer Kreuzfahrt-Unternehmers Günther Holdenried aus Heimenkirch (Kreis Lindau). Diese Gäste sind nach Angaben Holdenrieds alle wohlauf. Sie wurden am Samstag in Savona (Italien) vom Busunternehmen Komm-mit (Sonthofen) in Holdenrieds Auftrag abgeholt und zurück nach Deutschland gebracht.
Der Westallgäuer Reiseunternehmer hatte nach eigenen Angaben mit allen Gästen telefonisch Kontakt. Im Bus wurden die Reisenden mit kostenlosen Getränken und Essen versorgt. Günther Holdenried gegenüber unserer Redaktion: „Ich werde alles tun, dass meine Gäste einen vernünftigen Ausgleich für den entstandenen Schaden bekommen.“
„Das hat gut geklappt“, sagt Waltraud Rogg aus Illertissen. Vom Unglück erzählt sie: „Das war Panik pur – bei fast 5000 Menschen an Bord. Alle haben gebrüllt und geschrien. Wir waren mit einer Gruppe von acht Leuten auf dem Schiff. Eine Frau haben wir verloren und ewig nicht gefunden. Es war ein Horrortrip. Fast wie in dem Film „Titanic“, nur dass sich unser Schiff seitlich geneigt hat. Viele mussten in die Rettungsinseln springen oder an Strickleitern hinunterklettern.“ Rogg selbst war etwa eine Stunde nach dem Unglück von Bord.
In eines der ersten Rettungsboote
Eine schnelle Rettung wurde auch dem Kemptener Karl Kroen zuteil. „Ich habe mir sehr früh gedacht: Hoppla, da stimmt was nicht“, berichtet er. Aus diesem Grund sei er früh an Deck gestanden und kam so gleich in eines der ersten Rettungsboote. Andere hätten lange in ihren Kabinen gewartet, weil in den Durchsagen immer nur von einem technischen Problem die Rede gewesen sei. „Dabei wussten die doch viel früher, dass das Schiff sinkt“, kritisiert er, lobt aber gleichzeitig die Besatzung für ihre Hilfsbereitschaft bei der Rettungsaktion.
Wie die anderen Passagiere wurde Kroen zunächst auf die Insel Giglio gebracht. Dort warteten die Reisegäste mehrere Stunden, bevor eine Fähre sie abholte. Und von dort aus sah er auch, „dass um drei Uhr früh noch nicht alle Passagiere von Bord waren, obwohl das Unglück schon um halb zehn war“.
Zu denen, die lange auf dem havarierten Schiff ausharren mussten gehörte auch Tobias Frasch. „Wir waren am Ende mit gut 150 Leuten noch an Bord“, erzählt der Tettnanger. „Als wir von Bord kamen, hatte das Schiff schon einen Neigungswinkel von 45 Grad. Zwei meiner Freund mussten sogar ins Wasser springen. Es ist alles sehr chaotisch und panisch abgelaufen.“
Auch Wertinger an Bord
Bei dem Schiffsunglück waren auch sechs Menschen aus dem Raum Wertingen an Bord. Darunter auch der Wertinger Unternehmer Peter Denzel mit seiner Gattin. Sie alle kamen nach ersten Informationen mit einem blauen Auge davon und werden am heutigen Sonntagnachmittag in ihrer Heimat zurückerwartet. Für Denzel und seine Bekannten endete die Urlaubsfahrt auf dem Kreuzfahrtschiff vor der Insel Gigilo, als die Costa Concordia auf Grund gelaufen war. Nach starkem Wassereinbruch neigte sich das Schiff und kippte auf die Seite. Denzel und seine Freunde konnten sich retten.
Retter schöpfen neue Hoffnung
Bei der Suche nach Überlebenden auf dem havarierten italienischen Kreuzfahrtschiff haben die Rettungsmannschaften unterdessen neue Hoffnung geschöpft: Sie hörten am Sonntagmorgen Geräusche in einem schwer zugänglichen Teil der auf der Seite liegenden "Costa Concordia", teilten die Feuerwehren mit. Dort gebe es jedoch durch das Unglück versperrte Türen und andere Hindernisse auf dem Weg zu möglichen Überlebenden, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete. Geräusche hatten die Retter in der Nacht auch zu einem koreanischen Paar geführt. Das Kreuzfahrtschiff soll nun Kabine für Kabine abgesucht werden. Derzeit werden noch 39 Menschen vermisst.