Die Filmbranche trauert um den Schauspieler Frank Giering. Im Alter von nur 38 Jahren starb er am Mittwoch in seiner Wohnung in Berlin. Die Todesursache war zunächst unklar.
Giering wirkte in zahlreichen Fernseh- und Kinofilmen mit. Bekannt wurde er unter anderem mit Michael Hanekes Thriller "Funny Games" (1997), in dem er einen psychopathischen Mörder verkörperte, der eine Familie quält. Er spielte den RAF-Terroristen Andreas Baader ("Baader") und wirkte auch in Kinofilmen wie "Absolute Giganten" oder "Hierankl" mit. Im Fernsehen war der gebürtige Magdeburger seit 2006 als Kommissar Henry Weber in der ZDF-Krimiserie "Der Kriminalist" an der Seite von Christian Berkel zu sehen.
Dieser reagierte am Donnerstag tief getroffen auf den Tod Gierings. Er sei "ratlos und traurig", sagte Berkel. "Ich habe einen wunderbaren Menschen, einen Freund verloren. Sein feinfühlendes Wesen, das auch seinen Figuren eigen war, wird uns allen aufs Schmerzlichste fehlen."
Giering hatte zuletzt wieder für seine Rolle in "Der Kriminalist" vor der Kamera gestanden, wie eine Sprecherin seiner Agentur sagte. Die zuständige Produktionsfirma Odeon Film hob hervor: "Mit Frank Giering verlieren wir einen sehr geschätzten Kollegen, der uns die vergangenen vier Jahre begleitet und bereichert hat." Das Team sei tief bewegt "über den viel zu frühen Tod dieses jungen, talentierten Schauspielers". Die laufenden Dreharbeiten für die neue Staffel wurden am Donnerstag unterbrochen.
ZDF-Fernsehfilmchef Reinhold Elschot würdigte Giering als einen "Ausnahme-Schauspieler". Er habe durch "überraschende, packende Dynamik und leichten, selbstironischen Humor" bestochen. Mit Trauer und Bestürzung habe man von seinem Tod erfahren.
Die Berliner Polizei ermittelt nach Informationen der Nachrichtenagentur ddp wegen ungeklärter Todesursache. Hinweise auf ein Fremdverschulden gibt es demnach nicht. In Interviews hatte Giering wiederholt offen von privaten Problemen und Selbstzweifeln gesprochen. So räumte er etwa 2006 in der Zeitschrift "Maxi" ein, dass seine Unsicherheit bereits zu einer sechsjährigen Alkoholabhängigkeit geführt habe.
Kürzlich hatte der Schauspieler 20 Kilogramm abgenommen. Sein Anblick habe ihn zuvor "schwer deprimiert", sagte er im Februar dem Internetportal "Spiegel Online". Sein Abnehmen sei durch Liebeskummer beschleunigt worden. Giering bezeichnete sich selbst als schüchtern. "Ich dachte immer, wenn ich berühmt bin, dann kann ich alle Frauen haben." Die Realität habe komplett anders ausgesehen. "Ich lasse lieber eine Möglichkeit verstreichen, bevor ich verliere", sagte er.
Seinen Lebensstil beschrieb der Schauspieler als "altmodisch und zurückgezogen". Nach eigenen Worten besaß er keinen Computer, war noch nie im Internet und hatte auch keinen Führerschein. "Ich bin ein Fossil oder ein hartnäckiges DDR-Überbleibsel. Oder ich wurde 1956 eingefroren und erst 1971 wieder aufgetaut", sagte Giering, der erst mit 29 Jahren daheim in Magdeburg auszog und nach Berlin in eine kleine Wohnung wechselte.
Nach einem Jahr Schauspielstudium in Bochum hatte Giering die Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg besucht. 1994 verließ er sie vorzeitig. "Das war einfach nichts für mich. Da musste man nackt in Unterhosen die Geburt nachspielen oder mit einem Stuhl in den Raum der Erinnerung gehen", erinnerte er sich. Irgendwann habe er nicht mehr gewusst, "ob ich in die Psychiatrie eingeliefert wurde oder freiwillig dort bin".
Auf die Frage, ob ihn Existenzängste plagten, sagte er: "Am liebsten hätte ich die Sicherheit, die man als Kind hat. Bei mir kommt hinzu: Ich kann nichts anderes außer schauspielern. Ohne Führerschein und PC-Erfahrung - was sollte ich da draußen tun?" Die Angst, irgendwann nicht mehr spielen zu dürfen, sei dabei um ein Vielfaches größer als die, eines Tages ohne einen Cent dazustehen.
Filmpartys und Blitzlicht mied Giering. "Mir hat mal jemand gesagt: 'Wer mit uns den Fahrstuhl hochfährt, der fährt ihn auch mit uns runter.' Da habe ich gesagt: Runterfahren will ich nicht - zumindest nicht öffentlich", sagte er 2008 dem Fernsehsender Tele 5. Weil er oft in eher düsteren Rollen zu sehen war, sei er für den Kommissar in "Der Kriminalist" dankbar gewesen: "Ich dachte zuerst, dass ich nur den Bösen oder Zurückgezogenen spielen kann. Das ist ja auch immer ein Schutzreflex. Aber als Kommissar kannst du das nicht. Da musst du für den anderen da sein, du musst mit ihm agieren und nicht gegen ihn", sagte er.
Im August wiederholt das ZDF vier Folgen der Krimireihe. Im Oktober und November sollen dann nach Angaben des Senders die neuen Folgen mit Giering zu sehen sein. ddp