Am heutigen Montag hat Papst Benedikt XVI. seinen Rücktritt vom Amt des obersten Hirten der Katholiken zum 28. Februar bekanntgegeben. Der 85-Jährige habe nicht mehr die nötige Kraft. In seinem Leben hat er diese vor allem darauf verwendet, das Profil der Katholischen Kirche als sicheren Hafen für traditionelle Werte zu schärfen.
Sohn in einer bescheidenen Familie
Joseph Aloisius Ratzinger wird am 16. April 1927 in Marktl am Inn in der Nähe vom oberbayerischen Altötting geboren. Sein Vater ist Kommandant der Gendarmeriestation, die Mutter arbeitete vor der Hochzeit als Köchin. Seine aus bescheidenen Verhältnissen stammenden Eltern geben dem kleinen Joseph und seinen Geschwistern Maria und Georg den katholischen Glauben mit auf den Lebensweg.
Seine Kindheit und Jugend verbringt Joseph Ratzinger in Traunstein an der österreichischen Grenze. Als Kind soll Ratzinger erlebt haben, wie ein Pfarrer vor der Feier der Messe von Nationalsozialisten verprügelt wurde - ein einschneidendes Erlebnis. In den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs muss er selbst für das Hitler-Regime kämpfen: Er wird in den Hilfsdienst der Fliegerabwehr eingezogen.
Joseph Ratzinger lehrte als Professor an verschiedenen Universitäten
Nach dem Krieg studiert er Philosophie und Theologie in Freising und München, am 29. Juni 1951 erhält er seine Priesterweihe. Bereits im Jahr darauf beginnt er seine Lehrtätigkeit an der Hochschule Freising.1953 promoviert er in Theologie mit der Doktorarbeit "Volk und Haus Gottes in Augustins Lehre von der Kirche". Vier Jahre später habilitiert er sich unter dem Fundamentaltheologen Gottlieb Söhngen. Seine Habilitationsschrift: "Die Geschichtstheologie des heiligen Bonaventura".
In den Sechziger- und Siebzigerjahren lehrt Joseph Ratzinger von Bonn bis Tübingen an verschiedenen Universitäten. In Regensburg ist er Vizerektor der Universität. Als theologischer Berater des Erzbischofs von Köln, Joseph Kardinal Frings, nimmt er an den Sitzungen des kirchengeschichtlich wichtigen Zweiten Vatikanischen Konzils teil.
Am 25. März 1977 beruft Papst Paul VI. Joseph Ratzinger zum Erzbischof von München und Freising. Am 28. Mai erhält er die Bischofsweihe und wählt als bischöfliches Motto "Mitarbeiter der Wahrheit". Am 27. Juni wird er mit der Titelkirche "Santa Maria Consolatrice al Tiburtino" in das Kardinalskollegium aufgenommen.
Papst Benedikt XVI.: Der Glaubens- und Sittenwächter
1981 betraut Papst Johannes Paul II. Kardinal Ratzinger mit der Leitung der Römischen Glaubenskongregation, die die Aufgabe hat, "die Glaubens- und Sittenlehre in der ganze katholischen Kirche zu fördern und schützen". Zudem wird Ratzinger Präsident der Päpstlichen Bibelkommission und der Internationalen Theologenkommission. In dieser Zeit erwirbt Kardinal Ratzinger sich den Ruf eines strengen Glaubenswächters und insbesondere in Deutschland auch den eines Hardliners.
Trotz eines Angebotes, Erzbischof der Erzdiözese München und Freising zu werden, bleibt Ratzinger im Vatikan, um den Glauben zu hüten. Anfang der Achtzigerjahre entspinnt sich ein Streit um die marxistisch beeinflusste Befreiungstheolgie, die vor allem in Lateinamerika entsteht. In dem Streit verhängt die Ratzinger-Behörde ein Lehrverbot für den brasilianischen Pater Leonardo Boff. Eine Vatikan-Instruktion glättet im Jahr darauf die Wogen.
Papst Benedikt: Stationen seines Lebens
Joseph Aloisius Ratzinger wird am 16. April (Karsamstag) des Jahres 1927 in Markl (Oberbayern) geboren.
Ratzinger wächst mit seinen beiden Geschwistern Georg und Maria in einem religiös geprägten Elternhaus auf.
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wird Joseph Ratzinger 1945 als Flakhelfer eingezogen.
Ratzinger studiert von 1946 bis 1951 Philosophie und Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Freising und an der Universität München.
1951 wird Joseph Ratzinger im Freisinger Mariendom zum Priester geweiht. Als Priester leitete er 30 Jahre die Regensburger Domspatzen.
Ratzinger habilitiert 1957 in München über "Die Geschichtstheologie des heiligen Bonaventura". Ab 1959 ist er Professor in Bonn, Münster, Tübingen und Regensburg.
1977 beruft Papst Paul VI. Ratzinger zum Erzbischof von München und Freising. Er wählt als bischöfliches Motto "Mitarbeiter der Wahrheit".
Papst Johannes Paul II. betraut ihn 1981 mit der Leitung der Römischen Glaubenskongregation, durch die er sich den Ruf eines Hardliners erwirbt.
Nach dem Tod des Papstes Johannes Paul II zelebriert Ratzinger 2005 die Totenmesse für den Verstorbenen und leitet das Konklave zur Wahl eines neuen Papstes.
Ratzinger wird nach nur 26 Stunden im vierten Wahlgang zum 265. Papst gewählt. Er trägt fortan den Namen Benedikt XVI.
2013 tritt er nach acht Jahren im Amt freiwillig von seinem Pontifikat zurück - ein bisher einmaliger Vorgang. Benedikt wohnt fortan zurückgezogen in einem Kloster im Vatikan.
2020 besucht Ratzinger seinen schwer erkrankten Bruder in Regensburg. Dieser stirbt kurz darauf.
Kardinal Ratzinger arbeitet weiter stark als Chef der Glaubenskongregation: Ein neuer Weltkatechismus, der maßgeblich seine Handschrift trägt, wird 1992 vorgestellt. Seine konservativen Vorstellungen und Haltungen sorgen weiter für Debatten. So auch seine Erklärung "Dominus Iesus", in der er die Einzigartigkeit der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus und die besondere Stellung der katholischen Kirche betont.
Disussionsstoff: Verhältnis von Papst Benedikt XVI. zu Piusbrüdern
Im April 2005 erklimmt Kardinal Ratzinger die letzte Stufe der katholischen Karriere-Leiter. Nach dem Tod des Papsts Johannes Paul II. leitet er das Konklave zur Wahl eines neuen Papstes und wird selbst zum Oberhaupt der Katholischen Kirche - als Papst Benedikt XVI.
Gleich im ersten Jahr seiner Amtszeit, die am 28. Februar dieses Jahres enden soll, macht der neue Papst deutlich, dass er an seiner alten streng konservativen Linie festhalten wird: Er unterzeichnet ein Dokument, mit welchem Priesterseminare verpflichtet werden, Männer mit homosexuellen Tendenzen nicht mehr zur Priesterweihe zuzulassen - dies sorgt weltweit für Diskussionen.
Auch seine Versuche, die ultrakonservative Piusbruderschaft wieder in die Mutterkirche einzugliedern, bringen dem Papst reichlich Kritik ein. So hebt Papst Benedikt XVI. 2009 die Exkommunikation des Holocaust-Leugners Richard Williamson und dreier weiterer Bischöfe der Piusbruderschaft auf.
Dies alles passt in das Bild vom Papst als konservativem Hardliner, der auch das Profil der Kirche als werteschützende Institution zu schärfen versucht - auch gegenüber den anderen christlichen Kirchen und dem Islam. 2006 wird eine Vorlesung des Papstes in Regensburg weltweit als heftige Islamkritik gewertet. 2007 spricht er den Protestanten ab, sich selbst als "Kirche" bezeichnen zu dürfen.
Pontifikat von Missbrauchsfällen überschattet
Entsprechend überraschend kommt 2010 die Lockerung des Kondom-Verbots - in Einzelfällen. Damit leitete der Papst jedoch keine Ära der Liberalisierung der Katholischen Kirche ein, sondern reagierte pragmatisch auf die AIDS-Epidemie in Afrika. Die Nächstenliebe, die der Papst seit 2005 immer wieder als Kern des Christentums herausstellte, wird unter Papst Benedikt XVI. teils auf Zeitgeschichte und Zeitgeschehen angepasst.
2006 besucht er Auschwitz und ruft zur Versöhnung auf. Mit dem Islam tritt er nach seiner kritischen Vorlesung in Regensburg in Dialog. Seit Anfang Dezember letzten Jahres twittert der Papst sogar unter @Pontifex zu Nächstenliebe und christlicher Einheit - in neun verschiedenen Sprachen.
Die letzten Jahre des Pontifikats von Benedikt XVI. werden allerdings von den Missbrauchsfällen in der Katholischen Kirche überschattet - deren strikter Aufklärung sich der Papst verpflichtet fühlt. mit AFP, KNA, dpa