Eine Putzkolonne sorgte am Sonntag vor dem Nürnberger Tiergarten für Aufsehen. Mit Warnwesten, Müllsäcken, Eimern und Besen ausgestattet, boten Tierschutzaktivisten der Delfin- und Walschutzorganisation "ProWal" der Zooleitung ihre Unterstützung beim Beseitigen von herumliegendem Müll im Bereich der Delfin-Lagune an.
Der Geschäftsführer von "ProWal", Andreas Morlok, zeigte sich nach wie vor entsetzt über die Zustände in der Nürnberger Delfin-Lagune. Nachdem er und seine Kollegen dort bereits vor vier Wochen Müll vorgefunden und auch die zuständigen Behörden darüber informiert hatten, bot sich ihnen laut einer Pressemitteilung auch am Sonntag kein anderes Bild. Der Leiter des Tiergartens, Dr. Dag Encke, kann über Morloks Anschuldigungen nur noch müde lächeln. Der "ProWal"-Geschäftsführer sei einer der Aktivisten, die schlichtweg Aufmerksamkeit erregen wollen - egal ob begründet oder nicht.
Gefahr für die Delfine
Wie Morlok in seiner Mitteilung verlauten ließ, rauchten Besucher trotz Verbotes in der Delfin-Lagune und entsorgten ihre Kippen auf dem Boden. Plastikmüll trieb auf der Wasseroberfläche und auf dem Boden eines Beckens lag ein kaputter Ball. Plastik sei sehr gefährlich für Delfine, denn, falls die Tiere es verschluckten, gingen sie elend am von der Magensäure verklumpten Kunststoff zugrunde. Im Nürnberger Delfinarium habe es bereits einen toten Delfin aufgrund verschluckter Gegenstände gegeben.
Obwohl der herumliegende Müll unübersehbar war, lehnte der Leiter des Sicherheitsdienstes die am Nachmittag von den Tierschutzaktivisten angebotene Unterstützung zur Beseitigung des Mülls ab. Man verständigte sich aber darauf, eine gemeinsame Ortsbegehung durchzuführen. Wie Morlok in seiner Mitteilung berichtete, wurde das Hauptproblem schnell klar: Es gibt keine spezielle Putzkolonne für die Entfernung des Mülls. Einem Sicherheitsdienst, dessen Mitarbeiter keine Angestellten des Zoos, sondern einer eigenständigen Firma sind, wurde die Verantwortung für die Müllbeseitigung übertragen, allerdings nur in einem bestimmten Bereich. Für andere Bereiche und für den Müll im Wasser sind die Delfintrainer zuständig, die sich aber laut "ProWal" offensichtlich nicht darum kümmerten.
Am falschen Platz gespart?
Die Tiergartenleitung spare eindeutig am falschen Platz und setze die Delfine unnötigen Risiken aus. Es fehle eine Putzkolonne, die sich ständig im gesamten Areal um die Beseitigung des Mülls kümmert. Damit wäre nach Einschätzung der Tierschützer der Sicherheitsdienst in der Lage, andere wichtige Aufgaben wahrzunehmen, wie das Überwachen des Blitzlichtverbotes im Blauen Salon oder das Rauchverbot im Lagunen-Bereich. Zudem hätten die Mitarbeiter dann auch Zeit, zum Beispiel einen herabgefallenen Gesteinsbrocken von einem Fußweg in Lagunennähe zu beseitigen, der dort am Sonntag lag.
Da die Hilfe durch "ProWal" von den Verantwortlichen abgelehnt wurde, müsse nun das Nürnberger Umweltamt sowie das Regierungspräsidium Mittelfranken handeln. Der durchlässige Maschendrahtzaun um die Delfin-Becken müsse umgehend durch eine Plexiglaswand, die bis zum Boden reicht, ersetzt werden. Dadurch könne der Wind den herumliegenden Müll nicht mehr in die Becken wehen. Zudem müsse ein Verzehrverbot im Lagunen-Bereich eingeführt werden. Die Restaurant-Terasse direkt am Delfinbecken müsse ebenfalls mit einer Plexiglaswand versehen werden, damit auch von dort kein Müll mehr herunterfallen könne. Den Tierschützern um Geschäftsführer Andreas Morlok bleibe es ein Rätsel, weshalb man von den bisher in die Delfin-Lagune investierten 31 Millionen Euro nicht mehr für den Schutz der Tiere und auch für die Besucher verwendet habe.
Tiergartenleiter weist Anschuldigungen zurück
Tiergartenleiter Dr. Encke habe es nach eigenen Angaben langsam satt, über Morloks Spitzfindigkeiten zu diskutieren. "Der Zoo hat sein eigenes Personal, das für die Säuberung der Gehege und Becken zuständig ist und den gesamten Zoobetrieb am Laufen hält", so der Direktor. Es werde bei den Delfinen, wie in jedem anderen Gehege auch, darauf geachtet, dass es sich in einwandfreiem Zustand befindet. Dazu gehöre selbstverständlich auch die tägliche Reinigung. "Wenn ausversehen einmal eine Baseballcap oder ähnliches im Delfin-Becken landen sollte, werden Taucher hineingeschickt, die den Gegenstand entfernen", erklärte Dr. Encke.
Jeglicher Müll werde also ordnungsgemäß entfernt und man brauche keine Hilfe von Tierschützern, um für Ordnung zu sorgen. "Wenn Herr Morlok das machen möchte, soll er sich wie jeder andere bei uns bewerben und seine Qualifikation unter Beweis stellen", sagte der Tiergartenleiter. Er habe Morlok am Sonntag selbst bei der Ortsbegehung beobachtet und finde es unsäglich, wie dieser Mann durch die Delfinlagune stolziert sei und auf jedes noch so kleine Detail mit dem Finger gezeigt habe. Es sei Mode geworden, sich als Tierschützer über die Medien in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses zu stellen. "Mit einer gewöhnlichen Hauskatze kommt man da natürlich nicht weit, da muss es schon ein Delfin sein", so Dr. Dag Encke. Von einem Delfin, der wegen verschluckter Gegenstände im Zoo gestorben sei, höre er zum ersten Mal. AZ