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Serienkiller in Toulouse erschossen: Mohamed Merah war bereits im Visier der US-Behörden

Serienkiller in Toulouse erschossen

Mohamed Merah war bereits im Visier der US-Behörden

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    Mohamed Merah soll der Serienkiller von Südfrankreich sein.
    Mohamed Merah soll der Serienkiller von Südfrankreich sein. Foto: France 2 Television

    Der algerischstämmige Franzose Mohamed Merah war bereits vor  seinen Taten geheimdienstlich bekannt. Laut Ermittlern war der 23-Jährige 2010  und 2011 in Afghanistan und Pakistan; gegenüber der Polizei hatte der mutmaßliche Serienkiller von Südfrankreich angegeben, dem Terrornetzwerk Al-Kaida anzugehören. Laut  US-Geheimdienstkreisen stand Merah auf einer Flugverbotsliste der  USA. Schon als Minderjähriger war Mohamed Merah mehrfach wegen kleinerer  Delikte aufgefallen und saß im Gefängnis. Eine Frau aus Toulouse  hatte Merah zudem vor knapp zwei Jahren wegen Al-Kaida-Videos  angezeigt, die er ihrem Sohn gezeigt haben soll.

    Frankreichs Regierungschef François  Fillon hat das Vorgehen der Sicherheitsbehörden gegen den  Serienattentäter von Toulouse verteidigt. Es habe keine Möglichkeit  gegeben, den 23-Jährigen vor seinen Taten zu ergreifen, sagte  Fillon am Freitag dem französischen Radiosender RTL. "In einem Land  wie unserem haben wir nicht das Recht, jemanden ohne gerichtliche  Anordnung ständig zu beobachten, der kein Verbrechen begangen hat",  sagte Fillon. "Wir leben in einem Rechtsstaat."

    Man wollte Mohamed Merah lebend

    Nachdem Mohamed Merah nach einem über 30 Stunden langen Nervenkrieg mit der Polizei erschossen wurde, wird jetzt Kritik am Einsatz der Elitepolizei Raid laut. Eigentlich hatte Innenminister Claude Guéant angeordnet, den mutmaßlichen Serienkiller Mohamed Merah lebend zu fassen. Der 23-Jährige sollte für seine Morde an den Soldaten, an dem Lehrer und den Schülern der jüdischen Schule vor gericht gestellt werden. Aus diesem Grund versuchten die Einsatzkräfte der Polizei den 23 Jahre alten Mohamed M., der sich in seiner Wohnung in Toulouse verschanzt hatte, mürbe zu machen. Über 30 Stunden dauerte der Nervenkrieg. Dann schlug die Eliteeinheit der Raid zu. Mit Video-Robotern wurde das Innere der umlagerten Wohnung durchsucht, plötzlich stürmte Mohamed Merah aus dem Badezimmer und eröffnete das Feuer. Nach einer minutenlangen Schießerei starb Mohamed Merah durch einen Kopfschuss.

    Toulouse: Kritik an der Eliteeinheit

    Während der französische Präsident Nicolas Sarkozy den Einsatz der Polizisten in Toulouse lobte, wird nun Kritik an der französischen Eliteeinheit Raid laut. Es müsse gefragt  werden, warum es der Polizei-Eliteeinheit Raid als "besten Einheit"  der französischen Polizei nicht gelungen sei, einen einzelnen Mann  lebend zu fassen, sagte der Gründer einer anderen französischen  Spezialeinheit, Christian Prouteau, der Zeitung "Ouest France" vom  Freitag. Die Operation sei "ohne klares taktisches Schema"  ausgeführt worden.

    "Es hätte Tränengas eingesetzt werden müssen"

    Prouteau sagte, gegen den in einer Wohnung verbarrikadierten  Mohamed Merah hätte Tränengas eingesetzt werden müssen. "Das hätte  er keine fünf Minuten ausgehalten." Die Spezialkräfte hätten den  23-Jährigen mit ihrem Vorgehen während der mehr als 30-stündigen  Belagerung dagegen dazu "bewegt, seinen 'Krieg' fortzuführen". Die  von Prouteau gegründete Gendarmerie-Spezialeinheit GIGN gilt als so  etwas wie die Konkurrenz der Raid.

    Merah griff an

    Serienkiller hinterlässt blutige Spur in Südfrankreich

    11. März: Ein Unbekannter auf einem Motorroller tötet in Toulouse einen Soldaten mit einem Kopfschuss. Das 30 Jahre alte Opfer mit nordafrikanischen Wurzeln saß nach Medienberichten in Zivilkleidung auf seinem privaten Motorrad. Der Täter soll mit ihm per E-Mail einen Treffpunkt vereinbart haben, angeblich um das Motorrad zu kaufen.

    15. März: Im südwestfranzösischen Ort Montauban werden zwei Soldaten vor einem Geldautomaten erschossen. Ein dritter wird schwer verletzt. Zwei haben Wurzeln in Nordafrika, der dritte stammt aus der Karibik. Die Soldaten waren unbewaffnet. Überwachungskameras zeigen einen schwarz gekleideten Motorroller-Fahrer, der einen Helm mit getöntem Visier trägt.

    19. März: Vor einer jüdischen Schule in Toulouse werden ein 30-jähriger Lehrer und Rabbiner, dessen zwei Söhne sowie ein Mädchen erschossen. Augenzeugen berichten, der Täter habe mit einer Minikamera gefilmt und sei auf einem Motorroller geflohen. Die Regierung ruft die höchste Terror-Alarmstufe für die Region aus

    20. März: In einer Schweigeminute wird an allen französischen Schulen der Opfer gedacht. Die französische Justiz stuft die Anschläge als Terrorakte ein. Am Abend werden die Leichen der drei Schüler und des Lehrers nach Israel geflogen.

    21. März: In Toulouse stellt die Polizei einen 24-jährigen Verdächtigen, der sich in einem Mehrfamilienhaus verschanzt und um sich schießt. Er sei der Täter, sagt Innenminister Claude Guéant.

    In Jerusalem werden die getöteten Kinder und ihr Lehrer beerdigt. Auf einem Militärstützpunkt in Montauban war am Nachmittag eine Trauerfeier für die drei ermordeten Soldaten geplant, an der auch Präsident Nicolas Sarkozy teilnehmen wollte.

    Raid-Chef Amaury de Hauteclocque sagte der Online-Ausgabe der  Zeitung "Le Monde", Merah habe die Polizisten mit einer  "unerbitterlichen Entschlossenheit" erwartet. "Es ist das erste Mal  in meinem Leben, dass ich jemanden gesehen habe, der uns angreift,  obwohl wir ihn gerade angreifen."

    Nicolas Sarkozy kündigte verschärfte Anti-Terror-Maßnahmen an, rief  zugleich aber auch dazu auf, den Islam und Terrorismus nicht in  einen Topf zu werfen. Sein ärgster Konkurrent im Rennen um die  Präsidentschaft, der Sozialist François Hollande, warf den Behörden  "Versagen" bei der Überwachung Merahs vor. Nach dem Drama von  Toulouse gebe es "Fragen", die gestellt werden müssten, sagte er am  Abend in Aurillac.

    Mohamed Merah hatte sich dazu bekannt, im Großraum Toulouse sieben  Menschen getötet zu haben, darunter am Montag drei jüdische Kinder.  Laut Staatsanwaltschaft filmte er seine Taten. Merah, der laut  Ermittlern 2010 und 2011 in Afghanistan und Pakistan war, gab  gegenüber der Polizei an, dem Terrornetzwerk Al-Kaida anzugehören.  Eine Al-Kaida-nahe Gruppe bekannte sich zu einem seiner Anschläge.  Laut US-Geheimdienstkreisen stand Merah auf einer Flugverbotsliste  der USA.

    Radikalisierung im Gefängnis

    Die Radikalisierung des 23 Jahre alten Merahs begann nach Angaben der  Staatsanwaltschaft im Gefängnis. Merah habe dort begonnen,  "eifriger" den Koran zu lesen, sagte Staatsanwalt François Molins.  Merah war schon als Minderjähriger mehrfach wegen kleinerer Delikte  aufgefallen. Wegen eines Handtaschenraubs musste er zwischen  Dezember 2007 und September 2009 ins Gefängnis. Zuletzt wurde er  Ende Februar erneut zu einem Monat Gefängnis verurteilt.

    Eine Frau aus Toulouse hatte Merah vor knapp zwei Jahren zweimal  wegen Al-Kaida-Videos angezeigt. Er habe ihrem 15-jährigen Sohn  "unerträgliche" Gewaltszenen gezeigt, sagte die Frau, die nicht  genannt werden wollte, der Internetausgabe der Zeitung  "Télégramme". Merah sei von seinem älteren Bruder Abdelkader  beeinflusst worden, der "Kopf" des Duos gewesen und oft ins Ausland  gereist sei. Der Bruder wurde am Mittwochmorgen festgenommen. Nach  Angaben aus Ermittlerkreisen gab er an, nichts von Merahs Taten  gewusst zu haben. afp/AZ/dpa

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