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Kriminalitäts-Prognose: Mit "Precops" weiß die Polizei, wo demnächst eingebrochen wird

Kriminalitäts-Prognose

Mit "Precops" weiß die Polizei, wo demnächst eingebrochen wird

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    Die bayerische Polizei testet seit kurzem in München und Nürnberg Software, die Einbrüche vorhersagen soll.
    Die bayerische Polizei testet seit kurzem in München und Nürnberg Software, die Einbrüche vorhersagen soll. Foto: Daniel Karmann (dpa)

    Der schwarze Kreis auf dem digitalen Stadtplan ist ein Alarm. In diesem Gebiet mit einem Radius von 500 Metern wird in den nächsten zwei bis sieben Tagen ein Einbruch geschehen - mit einer Wahrscheinlichkeit von 85 Prozent. Die zuständige Polizei-Dienststelle wird informiert. Das ist keine Hollywood-Science-Fiction, sondern in Zürich schon Polizei-Alltag. Die alarmierende Prognose hat "Precobs" ("Pre Crime Observation System") errechnet, ein Computerprogramm aus dem Ruhrgebiet.

    "In zehn Jahren wird das Standard sein", prophezeit der Sozialwissenschaftler Thomas Schweer. Der Wissenschaftler trägt ein kariertes Hemd und Turnschuhe. Er gilt als Erfinder von "Precobs" und ist ein gefragter Mann - Polizei-Verantwortliche aus ganz Europa klopfen bei ihm an.

    Wenn eine Handvoll Polizisten in Zürich das System mit den neuesten Verbrechensdaten gefüttert haben, spuckt es mit den Algorithmen aus Oberhausen jeden Morgen seine Prognosen aus. In ihnen spiegelt sich das Verhalten von Profi-Einbrechern wider: "Menschen hinterlassen Muster", sagt Schweer. Um 14 Prozent sind die Einbrüche seither in Zürich zurückgegangen - in den Gebieten, die "Precobs" beobachtet, sind es sogar 30 Prozent.

    "Bei einem Alarm gibt es zwei Möglichkeiten: Abschrecken durch sichtbare Präsenz, oder auf die Lauer legen durch unauffällige Fahndungstrupps", sagt Schweer. Je besser die Prognose, desto eher lohnt sich der deutlich höhere Aufwand von Fahndungstrupps: Vor kurzem seien dabei drei Täter auf frischer Tat ertappt worden. Oft enden damit Tatserien von 100 Einbrüchen und mehr.

    Precops erkennt Einbruchsserien

    Tatzeit, Tatort, Beute und Art der Tatbegehung, mehr braucht "Precobs" nicht zu wissen, um Einbruchsserien zu erkennen. Die Software ist Profi-Einbrechern auf den Fersen, Beschaffungskriminalität und Gelegenheitseinbrüche fallen buchstäblich durch das Raster.

    "Wenn Sie Opfer eines Einbruchs werden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Ihnen das nochmal passiert, um das Fünffache", sagt Schweer: "Der Täter lässt Ihnen nur etwas Zeit, um wieder aufzurüsten - die gestohlene Uhr, den Ring, das Smartphone."

    So schützen Sie Ihr Haus vor Einbrechern

    Wenn Sie Ihr Haus verlassen, immer abschließen, aus versicherungstechnischen Gründen am besten zweimal.

    Verschließen Sie Fenster, Balkon- und Terrassentüren. Gekippte Fenster sind eine Einladung für Einbrecher.

    Verstecken Sie Ihren Schlüssel niemals draußen. Einbrecher kennen fast jedes Versteck. – Wenn Sie Ihren Schlüssel verlieren, wechseln Sie den Zylinder aus.

    Achten Sie auf Fremde in Ihrem Umfeld, auch in der Nachbarschaft. Wenn Sie im Urlaub sind: nie Rollläden dauerhaft unten lassen und Briefkasten überquellen lassen.

    Per Zeitschaltuhr Haus innen beleuchten und Anwesenheit simulieren. Für außen ratsam: Bewegungsmelder.

    Für alle Fälle Telefoniermöglichkeit im Schlafzimmer schaffen (Notruf: 110).

    Liste mit Wertsachen anfertigen, am besten inklusive Fotos. Das erleichtert die Abwicklung mit der Versicherung.

    Technische Vorbeugung: Eine Alarmanlage ist nur sinnvoll, wenn sie mit einer Bewachungsfirma verbunden ist. Viele Einbrecher lassen sich von der Sirene nicht abhalten, sagt Rainer Rindle von der Kripo Augsburg.

    Prüfen lassen, ob Haus-, Terrassen-/Balkontüren und Fenster nachgerüstet werden sollten, am besten von einem Kripo-Berater. Zuständig sind: Kripo Augsburg (Stadt/Kreis Augsburg, Aichach-Friedberg), Kripo Dillingen (Stadt/Kreis Dillingen, Donau-Ries), Kripo Fürstenfeldbruck (Kreis Landsberg), Kripo Ingolstadt (Stadt Ingolstadt, Neuburg-Schrobenhausen), Kripo Kempten (Stadt/Kreis Kempten, Kaufbeuren, Ober-, Ostallgäu, Lindau), Kripo Memmingen (Stadt Memmingen, Unterallgäu), Kripo Neu-Ulm (Stadt/Kreis Neu-Ulm, Günzburg).

    Opferhilfe: Die Organisation Weißer Ring unterstützt nicht nur Opfer von Gewaltkriminalität oder Mobbing, sondern auch Einbruchsopfer. Nach Angaben von Adolf Präntl bietet sie mehrere Hilfestellungen.

    Der Weiße Ring bietet vertrauliche Gespräche im Akutfall, die Vermittlung von Experten wie Traumatherapeuten. Au helfen sie beim Umgang mit Behörden und Versicherungen und Begleiten Geschädigte zu Gerichtsterminen.

    Jahrelang war der Sozialforscher mit der Polizei in Duisburg unterwegs, auch nachts auf Streife, hat den Polizisten für wissenschaftliche Studien über die Schultern schauen dürfen. Er hat dabei beobachtet, wie die Kriminalbeamten sich täglich durch einen Wust von Berichten quälen auf der Suche nach Ansätzen, der Kriminalität Herr zu werden. "Ich bin der Duisburger Polizei dafür bis heute dankbar", sagt Schweer.

    Denn dadurch kam ihm jene Idee, für die sich die Polizei nun brennend interessiert. Schweers Institut hat inzwischen zehn Mitarbeiter und sitzt unscheinbar an einem Kreisverkehr in Oberhausen, im vierten Stock eines geklinkerten Bürobaus. Es hat keinen hippen Namen wie die Internet-Startups, sondern einen eher spröden: "Institut für musterbasierte Prognosetechnik".

    Auch Bayern meldet erste Fahndungserfolge

    Datenschützer haben sich sein Programm aufmerksam angeschaut: "Mit denen haben wir überhaupt kein Problem, weil wir keine personenbezogenen Daten verwenden und auch keine Daten sammeln, die die Polizei nicht schon ohnehin gesammelt hat", sagt Schweer. Eine Sprecherin des Datenschutzbeauftragten von Nordrhein-Westfalen bestätigt das: Grundsätzliche Vorbehalte gebe es nicht. Die Behörde will allerdings noch prüfen, ob der Verzicht auf personenbezogene Daten auch tatsächlich eingehalten wird.

    In Nordrhein-Westfalen werden noch tausende Polizisten aufgeboten, um in aufwendigen Großaktionen Einbrecher zu suchen wie die berühmte Nadel im Heuhaufen. Doch nachdem Bayern bereits erste Fahndungserfolge mit "Precobs" meldet, will man in diesem Jahr auch in Nordrhein-Westfalen entsprechende Programme in Duisburg und Köln testen - und wissenschaftlich überprüfen lassen, ob sie halten, was sie versprechen, sagt der Chef des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamts, Uwe Jacob.

    "Predictive Policing" heißt das neue Zauberwort der Kriminalisten - vorausschauende Polizeiarbeit. Schweer schaut derweil noch weiter voraus: Nicht nur für Einbrüche, auch für Kfz-Delikte, Raub und Brandstiftungen könne es bald Vorhersagen geben.

    Steven Spielberg hat das in seinem Film "Minority Report" von 2002 schon vorausgeahnt. Dort heißen die Kriminalitäts-Orakel allerdings "Precogs" und sind Hellseher - keine Computer. Natürlich habe er den Film gesehen, sagt Schweer und grinst. Die Namensähnlichkeit sei kein Zufall.  dpa

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