Schauen wir doch einmal in die Liste, wem in der Vergangenheit ein eigenes internationales Jahr gewidmet wurde: dem Licht, den Genossenschaften, der Kristallografie, der Astronomie oder den Wäldern. Und der Kartoffel. Spätestens an dieser Stelle ist klar: Ja, sie haben es verdient. Warum sollten sie hinter der Kartoffel zurückstehen?
Hülsenfrüchte (auch Leguminosen genannt), also: Erbsen, Bohnen, Linsen. Aber das ist längst nicht alles. Die Vereinten Nationen, die das Jahr der Hülsenfrüchte ausgerufen haben, erklären, dass die Zahl der verschiedenen Hülsenfrüchte nur geschätzt werden könne; aber hunderte Variationen müssten es sein.
Klar, man denke nur mal an die Linsen, einst ein Arme-Leute-Essen. Im Eintopf fand sich meist die Tellerlinse, ausreichend charakterisiert durch ihren Durchmesser von fünf bis sieben Millimetern.
Heute geht's bei Hülsenfrüchten um den Geschmack
Und heute? Heute spricht man kaum noch über Millimeter, dafür umso mehr über Geschmack. Über nussig schmeckende Puy-Linsen zum Beispiel – ein französischer Klassiker – , herzhafte Pardina-Linsen, eine Spezialität aus Amerika, zarte Chateau-Linsen aus der Champagne oder feine Belugalinsen, sehr klein und sehr schwarz. Kein Wunder, dass man sie auch Kaviarlinsen nennt und in der gehobenen Küche antrifft.
Zur Familie der Hülsenfrüchte zählen darüber hinaus die Sojabohnen und Außenseiter wie die Kichererbsen oder auch die Lupinen, die wir eher als blaue Zierde am Rand der Autobahn im Kopf haben und weniger als kulinarische Offenbarung.
Sie sind aber in Form von einer Art Tofu, Lopino genannt, als Mehl oder Schnitzel ein Produkt der Zukunft. Und dann ist da noch – für manchen vielleicht überraschend – die Erdnuss, botanisch ebenfalls eine Hülsenfrucht. An ihrem englischen Namen peanut, also Erbsennuss, kann man die Herkunft noch erkennen.
Mit den gängigsten Hülsenfrüchten sind wir von klein auf vertraut. Durch „Prinzessin auf der Erbse“, jenes Märchen, in dem sich die harte Hülsenfrucht sogar noch durch Berge von Matratzen hindurch bemerkbar macht, oder Aschenputtel, bei dem die weibliche Hauptfigur beauftragt wird, Linsen aus Asche herauszulesen, was ihr nur mit Unterstützung von Tauben gelingt.
Hülsenfrüchte lassen sich vielseitig zubereiten
Wobei Linsen in Asche ohnehin ein Frevel sind. Ausgerechnet Linsen! Hülsenfrüchte, die sich so vielseitig zubereiten lassen, dass sie sowohl als Suppe, als Salat, als Beilage, als Eintopf und auch zerkocht als Dhal, eine Art Brei, ein wahrer Genuss sind.
Die Vereinten Nationen hatten freilich schwerwiegendere Gründe, das Jahr der Hülsenfrüchte auszurufen: Sie betonen die wichtige Rolle, die Hülsenfrüchte für die Sicherung der Welternährung spielen, nennen die Vorzüge, die sie im Hinblick auf lange Lagerfähigkeit, ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber Dürreperioden und nicht zuletzt für die Bodenfruchtbarkeit haben.
Denn Hülsenfrüchte können, was anderen Pflanzen nicht gegeben ist: Ihre Wurzelknöllchen gehen eine Symbiose mit Bakterien ein, die Stickstoff aus der Luft binden, und reichern ihn so im Boden an. Was unter anderem Dünger spart.
Warum Hülsenfrüchte auf den Tellen gehören
Und natürlich sind da die gesundheitlichen Vorzüge, von denen es eine ganze Menge gibt. Die Vereinten Nationen listen die Gründe auf, weshalb Hülsenfrüchte unbedingt auf den Teller gehören:
Hülsenfrüchte haben wenig Fett.
Sie sind arm an Salz.
Sie sind eine gute Quelle für Eisen und Eiweiß.
Sie sind ein exzellenter Lieferant von Ballaststoffen und eine exzellente Folsäure-Quelle.
Sie sind ein guter Lieferant von Kalium.
Sie haben einen niedrigen „glykämischen Index“.
Und sie sind sowohl frei von Cholesterin als auch von Gluten.
In der Tat: Hülsenfrüchte sind doppelt so proteinreich wie Weizen und enthalten dreimal so viel Eiweiß wie Reis. Als pflanzliche Eiweißbomben werden sie manchmal sogar bezeichnet, wobei das Wort Bombe unangenehme Assoziationen weckt. Wer mit Hülsenfrüchten möglichst hochwertiges Eiweiß zu sich nehmen will, also Proteine mit für den Menschen lebenswichtigen Aminosäuren im richtigen Verhältnis, muss geschickt kombinieren, zum Beispiel mit Getreide – so, wie es die Vereinten Nationen empfehlen.
Mit 300 Gramm fertig gekochten Bohnen nimmt man etwa 20 Gramm hochwertiges pflanzliches Eiweiß und 23 Gramm Ballaststoffe auf, informiert die Stiftung Warentest. Und sie rät, auf die Farbe zu achten, denn: Je dunkler die Bohne, desto mehr Anthocyanine stecken in der Schale. Anthocyanine sind blauschwarz, violett oder rot färbende Pflanzenfarbstoffe, die im Körper als Antioxidanzien wirken – und zwar deutlich stärker noch als etwa die Vitamine C oder E.
Hülsenfrüchte sind besonders geeignet für Diabetiker
Gut sättigend, arm an Kalorien und reich an Proteinen, Mineral- und Ballaststoffen – damit sind Hülsenfrüchte ideal für alle, die auf ihre Linie achten. Und ganz besonders auch für Diabetiker. Sie halten den Blutzucker stabil und verhindern starke Anstiege nach dem Essen. Auch das Risiko für Herzkrankheiten sollen sie durch ihren positiven Effekt auf den Cholesterinspiegel senken.
Einen weithin bekannten Nachteil haben Hülsenfrüchte allerdings auch: Sie verursachen oft Blähungen. Nicht jeder wird das so locker nehmen wie Heinz Erhardt, der einst reimte: „Es gibt Gerüchte, dass Hülsenfrüchte – in Mengen genommen – nicht gut bekommen. Das macht ja nichts, ich finde das fein – warum soll man nicht auch mal ein Blähboy sein.“
Zudem enthalten Leguminosen „antinutritive“ beziehungsweise toxische Stoffe, weshalb sie in der Regel nicht roh verzehrt werden dürfen. Und nicht zuletzt stecken in ihnen Purine, die den Harnsäurespiegel erhöhen. Nun ja – jeder Star braucht ein paar Schönheitsfehler …
Also sich lieber erfreuen an den vielfältigen Möglichkeiten, Hülsenfrüchte zuzubereiten und zu verzehren – weit über die gute alte Erbswurst hinaus. In Asien kommen Hülsenfrüchte schon zum Frühstück auf den Tisch, betonen die Vereinten Nationen. Auch als Snack werden sie dort konsumiert.
Da ist hierzulande also noch viel Kreativität gefragt. In China beispielsweise gibt es Speise-Eis aus Mungbohnen. Es schmeckt vorzüglich. Oder wie wär’s mal mit Hummus, einem orientalischen Kichererbsendip, mit dem man angeblich auch Kinder für Hülsenfrüchte begeistern kann?
Eins steht jedenfalls fest: Nur als Viehfutter wären Hülsenfrüchte wirklich zu schade.