Das österreichische Entführungsopfer Natascha Kampusch hat sich zu den Taten in Cleveland zu Wort gemeldet. Um nach solchen Erlebnissen weiterzuleben, müsse man den Hass auf den Täter begraben, sagte die 25-Jährige in einem am Donnerstag veröffentlichen CNN-Interview in Wien. "Man muss das Positive sehen und in die Zukunft schauen", sagte sie. Als sie die Nachricht von der Befreiung der drei entführten Frauen erhielt, habe sie sich sehr gefreut: "Sie sind sicher sehr stark."
Der Fall Natascha Kampusch
Die Entführung der Wienerin Natascha Kampusch gehört zu den spektakulärsten Kriminalfällen Österreichs und sorgte weltweit für Aufsehen.
Der Nachrichtentechniker Wolfgang Priklopil kidnappte am 2. März 1998 die damals Zehnjährige auf dem Weg zur Schule, weil er sich nach Vermutung der Polizei eine ideale Gefährtin erziehen wollte.
Er hielt das Mädchen achteinhalb Jahre in einem fünf Quadratmeter kleinen Kellerverlies unter seinem Haus im österreichischen Strasshof gefangen und misshandelte es.
Am 23. August 2006 gelang der jungen Frau aus eigener Kraft die Flucht. Der Entführer brachte sich am selben Tag um.
Das Medieninteresse an Kampusch war riesig. Rund zwei Wochen nach ihrer spektakulären Flucht gab sie im Fernsehen ein großes Interview.
Ihr 2010 erschienenes Buch „3096 Tage“ führte monatelang die Bestsellerlisten an.
2013 lief die Verfilmung ihres Buches "3096 Tage" in den deutschen Kinos an.
2013: Das internationale Expertenteam bestätigt, dass Priklopil «mit hoher Wahrscheinlichkeit» keine Mithelfer hatte und Einzeltäter war.
Februar 2016: Die Wiener Polizei prüft nach einer Anzeige die Todesumstände des Entführers erneut.
März 2016: Es wird bekannt, dass Priklopil sein Opfer während der Gefangenschaft gefilmt hatte. Die Ermittler stufen das mehrstündige Videomaterial als nicht relevant ein.
Juni 2016: Kampusch verliert vor dem Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung gegen das Buch «Der Entführungsfall Natascha Kampusch - Die ganze beschämende Wahrheit». Die Wienerin betrachtete die Schilderung des Videomaterials von Priklopil als Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts.
August 2016: Zum zehnten Jahrestag ihrer Flucht bringt Kampusch ihr zweites Buch «Natasche Kampusch: 10 Jahre Freiheit» heraus.
Der mutmaßliche US-Kidnapper Ariel Castro soll in Cleveland im US-Bundesstaat Ohio drei Frauen zehn Jahre lang in seiner Gewalt gehalten haben. Sie waren am 6. Mai befreit worden.
Kampusch sieht Parallelen zu ihrem eigenen Schicksal
Ihre Geschichte und das Schicksal der Amerikanerinnen hätten viele Parallelen: Kampusch wurde von ihrem Entführer Wolfgang Priklopil als Zehnjährige entführt, misshandelt und acht Jahre in einem Kellerverlies gefangen gehalten worden. Im Herbst 2006 gelang ihr als inzwischen 18-Jährige die Flucht, der Täter brachte sich um.
Besonders in ihrer Heimat Österreich wird Kampusch wegen ihres offenen Umgangs mit ihrem Schicksal angefeindet. Den Frauen von Cleveland rät sie: "Kümmert euch nicht darum, was andere Leute sagen." Sie seien diejenigen, die es er- und überlebt hätten - und müssten den Rest ihres Lebens damit klarkommen. dpa