Russland zweifelt daran, dass der über der Sinai-Halbinsel abgestürzte Urlaubsflieger abgeschossen worden ist. Die Experten des Landes bezeichneten einen Abschuss des Fliegers über Ägypten als unwahrscheinlich. "Allen Daten zufolge, die uns Ägypten zur Verfügung gestellt hat, sind solche Behauptungen unglaubwürdig", sagte Verkehrsminister Maxim Sokolow am Samstag der Agentur Interfax.
Flugzeug in dieser Höhe sei für IS nicht erreichbar
Ein ägyptischer Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hatte behauptet, der IS sei für den Absturz der Maschine verantwortlich. Die russische Flugaufsicht bekräftigte, dass alle möglichen Ursachen geprüft würden. "Zu spekulieren, ob ein technischer Defekt, ein menschlicher Fehler oder eine äußere Einwirkung der Grund war, ist derzeit sinnlos", sagte ein Behördensprecher in Moskau. Der russische Militärexperte Igor Korotschenko sagte, für den Abschuss einer Maschine in rund 10 000 Meter Höhe besitze der IS wohl nicht die nötigen Waffen. "Was höher fliegt als etwa 4500 Meter, ist für sie ziemlich sicher nicht erreichbar", erläuterte er. Nach Absturz: Fluggesellschaften umfliegen Sinai-Halbinsel
Absturz über Sinai fordert 224 Tote
Bei dem Absturz des Urlaubsfliegers sind auf der Sinai-Halbinsel 224 Menschen getötet worden. Niemand habe überlebt, erklärten die russische Botschaft in Kairo und ägyptische Behörden. Der Airbus auf dem Weg nach St. Petersburg war kurz nach dem Start im Badeort Scharm el Scheich vom Radar verschwunden. Die meisten Fluggäste waren russische Urlauber. Die ägyptischen Behörden gehen nach Angaben aus Sicherheitskreisen von einem technischen Defekt aus, ein Terroranschlag wurde ausgeschlossen.
Islamischer Staat für Absturz verantwortlich?
Dagegen behauptete ein ägyptischer Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat auf einer Internetseite, der IS sei für den Absturz der Maschine verantwortlich. Das Flugzeug war in einer Unruhe-Region zerschellt, in der auch Anhänger des IS operieren. Rettungskräfte fanden Trümmerteile des Airbus 321 in der Gebirgsregion nahe dem Al-Arisch-Flughafen im Norden des Sinai, wie die ägyptische Flugunfallbehörde mitteilte.
Der Kontakt zu dem Airbus sei bereits 23 Minuten nach dem Start abgerissen, erklärte das Luftfahrtministerium. Gerüchte, wonach der Pilot versucht haben soll, in Al-Arisch notzulanden, wurden von offizieller Seite zunächst nicht bestätigt.
Laut Agentur Interfax befanden sich an Bord 217 Passagiere und 7 Besatzungsmitglieder. Bei dem Unglück kamen den Behörden zufolge 24 Kinder ums Leben. Die meisten Opfer seien Russen, einige andere Passagiere stammten vermutlich aus der Ukraine und aus Weißrussland, hieß es. Ministerpräsident Dmitri Medwedew nannte den Tod der 224 Menschen einen "nicht gutzumachenden Verlust". Die Regierung in Moskau erklärte diesen Sonntag zum Tag der Trauer.
Psychologen betreuten die Hinterbliebenen am Flughafen von St. Petersburg, wo der Airbus um die Mittagszeit hätte landen sollen. Die Behörden zufolge sollen die Angehörigen an der Unglücksstelle auf der Sinai-Halbinsel Abschied nehmen können. Ein Großteil der Region ist wegen Terrorgefahr allerdings Sperrgebiet.
Absturz über Ägypten: Fluggesellschaft schließt menschliches Versagen aus
Die russische Fluggesellschaft Kolavia als Besitzer der Unglücksmaschine schloss menschliches Versagen als Grund für den Unfall aus. Mit 12 000 Flugstunden sei der Pilot sehr erfahren gewesen. Die Maschine habe über alle nötigen Zertifikate verfügt, sagte ein Sprecher. Der mehr als 18 Jahre alte Airbus hatte Moskauer Medien zufolge seit 1997 mehrere Besitzer, unter anderem im Libanon. Flug 9268 wurde vom Subunternehmen MetroJet durchgeführt.
Die russische Justiz ordnete Ermittlungen an. Flugschreiber und Stimmenrekorder würden nach Bergung in Moskau ausgewertet, hieß es. Der russische Katastrophenschutz bereitete den Abflug von fünf Maschinen mit Bergungsmannschaften vor.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier übermittelte der russischen Bevölkerung sein Beileid: "Unsere Gedanken sind jetzt bei all denen, die durch dieses tragische Unglück so plötzlich ihre Liebsten verloren haben", sagte er in Berlin. "Ich möchte in diesen schweren Stunden der ganzen russischen Bevölkerung mein aufrichtiges Beileid aussprechen."
Der russische Wetterdienst Rosgidrometa teilte mit, in der Region hätten keine schwierigen Flugbedingungen geherrscht. "Es gibt etwas Bewölkung, die Sicht beträgt sechs bis acht Kilometer", sagte ein Mitarbeiter.
Branchenberichten zufolge besuchten im vergangenen Jahr etwa drei Millionen Russen Ägypten - dies sei die größte ausländische Gruppe gewesen, hieß es. Reisebüros locken mit günstigen Pauschalangeboten und dem guten politischen Verhältnis zwischen Kairo und Moskau. Da westliche Touristen wegen mehrerer Terroranschläge und der derzeitigen autoritären Regierung das Land meiden, sind russische Gäste für die ägyptische Tourismusbranche von großer Bedeutung. dpa/AZ