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Forschung: EHEC: Autoantikörper verschlimmern offenbar Symptome

Forschung

EHEC: Autoantikörper verschlimmern offenbar Symptome

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    EHEC ist keine neue Form der Darmerkrankung, sondern schon seit vielen Jahren bekannt. Dennoch verlaufen bei der aktuellen Infektions-Welle besonders viele Fälle sehr schwer.
    EHEC ist keine neue Form der Darmerkrankung, sondern schon seit vielen Jahren bekannt. Dennoch verlaufen bei der aktuellen Infektions-Welle besonders viele Fälle sehr schwer. Foto: dpa

    EHEC ist keine neue Form der Darmerkrankung, sondern schon seit vielen Jahren bekannt. Dennoch verlaufen bei der aktuellen Infektions-Welle besonders viele Fälle sehr schwer. Zu den normalen Symptomen wie Durchfall kommen beim sogenannten HU-Syndrom (HUS) auch Bewusstseinsstörungen oder Nierenversagen.

    Warum das so ist, glauben Mediziner und Wissenschaftler der Universitätsmedizin Greifswald und der Universität Bonn herausgefunden zu haben. Sie haben Hinweise auf eine mögliche, bisher nicht beschriebene Ursache für die schweren Verläufe bei Patienten mit hämolytisch-urämischem Syndrom (HUS) nach einer EHEC Infektion gefunden, wie Prof. Andreas Greinacher von der Universitätsmedizin Greifswald oder und Prof. Bernd Pötzsch von der Universitätsklinik Bonn heute berichteten.

    „Die neuen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die bezüglich ihrer Hirnfunktion schwer betroffenen Patienten Eiweißstrukturen, sogenannte Autoantikörper, bilden, die möglicherweise über die Ansammlung eines Gerinnungsfaktors die Durchblutung wichtiger Gehirnregionen und der Nebenniere einschränken", sagte Greinacher. "Dies führt dann zu der schwerwiegenden Symptomatik.“

    Zusätzlich zum hämolytisch-urämischen Syndrom, das durch den Giftstoff Shigatoxin der EHEC Bakterien verursacht wird und die Niere schädigt, sind die neurologischen Auswirkungen auf das Gehirn wie Bewusstseinsstörungen und Epilepsien für die behandelnden Ärzte die schwierigste Komplikation von EHEC.

    Die Greifswalder und Bonner Ärzte und Wissenschaftler haben seit Ausbruch der EHEC Infektion eng zusammengearbeitet, um eine Erklärung für den ungewöhnlich schweren Verlauf der Erkrankung bei einigen Patienten zu finden.

    Im Verlauf der Erkrankung kommt es zur Bildung von Autoantikörpern. „Autoantikörper entstehen frühestens fünf Tage nach der EHEC Infektion. Damit erklärt sich, warum die Patienten die Durchfallerkrankung in der Regel bereits überstanden haben und erst danach die schweren neurologischen Symptome auftreten“, so Greinacher. Warum nicht alle Patienten diese zusätzlichen Autoantikörper bilden, sei aber noch ungeklärt. Die selbstzerstörerischen Autoantikörper entstehen durch eine Fehlleitung des Immunsystems.

    Antikörper werden aus dem Blut gefiltert

    Vier Wochen EHEC: die wichtigsten Stationen

    1. Mai: Das Robert Koch-Institut (RKI) datiert die erste blutige Durchfallerkrankung auf diesen Tag. Auslöser ist das Bakterium EHEC (enterohämorrhagisches Escherichia coli). Viele Patienten erleiden die schwere Verlaufsform HUS (hämolytisch-urämisches Syndrom).

    21. bis 23. Mai: Die Patientenzahlen steigen rasant. Bis zum 5. Juni werden 630 HUS-Fälle und 1601 bestätigte EHEC-Infektionen gemeldet.

    22. Mai: Das RKI vermutet rohes Gemüse als Überträger.

    25. Mai: RKI und Bundesinstitut für Risikobewertung warnen vor dem Verzehr von Salatgurken, Blattsalaten und rohen Tomaten insbesondere in Norddeutschland.

    26. Mai: Forscher identifizieren den Keim für den aktuellen EHEC-Ausbruch (EHEC-Typ O104). Ein Schnelltest wird entwickelt. Spanische Salatgurken sind mit EHEC-Erregern belastet. Erst später stellt sich heraus, dass es sich dabei nicht um den gerade enttarnten Keim handelt.

    2. Juni: Forscher entziffern das Genom des aggressiven Erregers.

    5. Juni: Sprossen aus einem Betrieb in Niedersachsen geraten in Verdacht. Erste Proben untermauern das nicht.

    Die Ärzte des Greifswalder Universitätsklinikums haben bei den ersten HUS-Patienten eine neue Therapie, die Autoantikörper entfernen kann, begonnen. Das Team filtert die Antikörper aus dem Blut der Patienten. Ob die Behandlung den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen kann, wird sich aber erst in einigen Tagen zeigen. „Die ersten Entwicklungen bei den Blutwerten stimmen uns optimistisch.“

    Die Greifswalder Wissenschaftler forschen seit Jahren an durch Antikörper verursachte Herz-Kreislauferkrankungen. Das Greifswalder Zentrum für Innovationskompetenz für humorale Immunreaktionen bei kardiovaskulären Erkrankungen (ZIK HIKE) ist ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes Projekt, das Reaktionen des Immunsystems und speziell die Wirkungsweise von Antikörpern gegen körpereigene Proteine mit Methoden der Nanotechnologie erforscht.

    Unterdessen steigt die Zahl der EHEC-Erkrankten in Bayern weiter: 94 Menschen sind mit dem Erreger infiziert, 19 davon leiden unter dem gefährlichen HU-Syndrom. AZ

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