Großes Zähneklappern steht heute Abend für den einen oder anderen Anhänger des Eurovision Song Contest (ESC) in Kiew an. Schließlich landete Deutschland schon 2015 und 2016 mit den Beiträgen von Ann Sophie und Jamie-Lee jeweils auf dem letzten Platz (wie, Sie wissen nicht mehr, wer das noch war? Ich auch nicht!). Wird nun unserer Levina heuer ebenfalls ein solch unwürdiges Schicksal beschieden sein?
Seit 1956 wurde der Songwettbewerb 61 Mal veranstaltet. Aber das musikalische Niveau war in den allermeisten Fällen unterirdisch. Keine der ganz Großen des Musikgeschäftes sind durch den ESC und seine Vorgängerformen wie dem Grand Prix Eurovision de la Chanson entdeckt worden und haben dadurch ihre Karriere gestartet. Als die Beatles mit „Love me do“ beispielsweise erstmals in die Charts kamen, hatte es den Contest schon seit sechs Jahren gegeben. Sie haben den ESC nicht gebraucht. Weder die Stones, Deep Purple, Iron Maiden, Coldplay, Rammstein oder wer auch immer waren Wettbewerbssieger.
Natürlich wurde Abba beim Grand Prix entdeckt, Udo Jürgens Sieg 1966 förderte seine Karriere. Weitere Gewinnernamen wie France Gall, Celine Dion oder Vicky Leandros wären zu nennen. Das war es dann auch schon. Das Meiste, was beim Contest zu hören ist, ist unerträgliches Geseier. Man erinnere sich nur an das reichlich geistlose „Making your mind up“, mit dem die Briten-Truppe Bucks Fizz 1981 den Wettbewerb gewann. Und nur ein Jahr später malträtierte Nicole mit ihrem deutschen Betroffenheitsgedudel über „Ein bisschen Frieden“ den Kontinent.
ESC 2017: Deutschland finanziert direkten Sprung ins Finale aus Rundfunkgebühren
Auch am Samstagabend werden sicher wieder zahlreiche musikalische Leichtmatrosen mit bedeutungsschwangeren Mienen auf der Bühne herumhüpfen und in schlechtem Englisch oder nie gehörten kaukasischen Idiomen herumträllern.
Die Krönung ist, dass Deutschland als Mitglied der „Großen Fünf“ sich nicht einmal für eine Teilnahme am Finale qualifizieren muss. Es legt nämlich eine sechsstellige Summe auf den Tisch. Letztes Jahr waren es rund 400.000 Euro. Und erkauft sich so (wie die anderen vier Großen Frankreich, Spanien, Großbritannien und Italien) seine Finalteilnahme als größter Beitragszahler. Finanziert aus Rundfunkgebühren.
In Deutschland war der ESC eine Weile Kult
Gut, eine Weile war der ESC in Deutschland Kult. Etwa 1998, als Guildo Horn sein „Guildo hat Euch lieb“ schmetterte. Und 2000, als Stefan Raab den Contest auf wohltuende Weise mit „Wadde hadde dudde da“ verhöhnte – und sogar auf Platz 5 landete.
Die Lena-Euphorie (Platz 1 im Jahr 2010 mit dem Stück „Satellite“ und Platz 10 ein Jahr darauf mit „Taken by a stranger“) ist längst abgeklungen.
Als Deutschland 2007 einen gelernten Swing- und Jazzmusiker wie Roger Cicero ins Rennen schickte, kam er – typisch für diese niveaulose Veranstaltung – nur auf Platz 19. Zahlreiche Länder haben dem Contest immer wieder mal den Rücken gekehrt – aus unterschiedlichen Gründen. Zu ihnen gehören etwa Italien, Österreich oder die skandinavischen Länder. Nun wäre es Zeit, dass wir auch mal aussetzen. Vielleicht wird eines Tages das Niveau besser. Dann können wir wieder mitmachen.
Alle Neuigkeiten zum Eurovision Song Contest lesen Sie hier in unserem News-Blog.
Die wichtigsten Infos rund um Teilnehmer, Favoriten, Jury und Ablauf des ESC 2017 lesen Sie in diesem Artikel.
Wer ist die deutsche Kandidatin-Levina? Das erfahren Sie in unserem Porträt.