Nüchtern betrachtet war ein jugendlicher Rausch schuld. Denn erst als Hubert von Goisern eine halbe Flasche Schnaps intus hat, rührt er ein bis dahin verachtetes Geschenk seines Großvaters an: eine Ziehharmonika. Und zwar ursprünglich, um sie zu zerstören. "Ich wollt' sie auseinanderreißen, hab' daran gezogen und auf den Tasten rumgehauen", erinnert sich Goisern in der Dokumentation "Hubert von Goisern - Brenna tuat's schon lang".
Hubert von Goisern: Zerstörungswut und Liebe
Aus der Zerstörungswut wurde eine große Liebe. Denn während er das bis dahin unbenutzte Instrument malträtiert und ihm dabei Töne entlockt, merkt Goisern plötzlich überrascht: "Klingt des geil!". Goisern zieht mit der Ziehharmonika aus, um dem traditionellen Volksmusikinstrument virtuos und teils ekstatisch neue Töne und Melodien zu entlocken, um diese mit beißenden, romantischen und nachdenklichen Texten zu mischen. Er wird Österreichs bekanntester "Alpenrocker".
Es wäre freilich viel zu kurz erzählt, die Karriere von Goisern nur auf den Rauschmoment zu reduzieren. Musikalische Begabung, Kreativität, Unbeirrbarkeit, Mut und nicht zuletzt Durchhaltevermögen gehörten ebenso dazu wie treue Wegbegleiter, die das Potenzial des Musikers erkannten und ihn über Jahre begleiteten. All das zeigt der Film in Rückblicken und aktuellen Interviews.
Dass der Film trotz der oft krachenden Musik Goiserns ein ruhiges und unaufgeregtes Porträt geworden ist, liegt auch an Regisseur Marcus H. Rosenmüller. Er ist seit Jahren mit modernen bayerischen Heimatfilmen erfolgreich und versteht es, dem 62-jährigen Musiker nette Anekdoten zu entlocken und ihn als weltoffenen, neugierigen, aber auch nachdenklichen und höchst kreativen Menschen zu porträtieren.
Hubert von Goisern: Alpenrocker und Künstler
Rosenmüller setzt Goisern gleich in der ersten Einstellung in ein kleines Boot auf einem malerischen Alpensee, lässt ihn frei erzählen und kommt immer wieder in diese Szenerie zurück. Beim Angeln erinnert sich Goisern an seine Kindheit in dem 6000-Seelen-Dorf Bad Goisern. Einem Kurort, in dem die Kinder stets zum Leise-Sein ermahnt wurden, um die Gäste nicht beim Regenerieren zu stören.
Bis heute hadert der Musiker, von dem in wenigen Tagen ein neues Album auf den Markt kommt, mit seinem konservativen Geburtsort, in dem es sieben Blaskapellen gab, wovon ihn eine hochkant rauswarf, als er auf lange Haare und weibliche Musiker bestand. Dass er seinen Nachnamen Achleitner in "von Goisern" änderte, sei ein Racheakt an den örtlichen Kritikern seiner neuen Art der Volksmusik gewesen.