Fällt der Name Marc Dutroux, denkt man unweigerlich an eingesperrte, missbrauchte und ermordete Kinder. Sechs Mädchen und junge Frauen hatte der Belgier Dutroux in den 90er Jahren bei Charleroi entführt, in einem Kellerverlies gefoltert und vergewaltigt. Vier von ihnen starben. Vor zwanzig Jahren, am 13. August 1996, wird der Mann verhaftet. Belgien ist noch immer mit der Bewältigung des Falls beschäftigt.
Dabei ist auch das Urteil gegen Dutroux schon mehr als ein Jahrzehnt her. 2004 bekommt der heute 59-Jährige eine lebenslange Freiheitsstrafe. Immer wieder versucht er, vorzeitig entlassen zu werden. Bislang vergeblich. Selbst seine Mutter spricht sich in einem Interview gegen eine vorzeitige Entlassung aus. Seine Komplizin und Ex-Frau ist mittlerweile frei.
Fall Dutroux: Justiz-Pannen und Verschwörungstheorien
Der Fall beschäftigt Belgien auch deshalb so sehr, weil es zahlreiche Justiz-Pannen gegeben hat. In den 80er Jahren sitzt Dutroux schon einmal wegen Vergewaltigung von fünf Frauen im Gefängnis. Nach drei Jahren kommt er wegen guter Führung frei - dabei hatten Experten vor dem Mann gewarnt. Sie sollten Recht behalten.
Später, nach seiner Verhaftung, gelingt ihm bei einem Gerichtstermin für ein paar Stunden die Flucht. In der Verhandlung gesteht Dutroux nur, was ihm auch nachgewiesen wird. Der Journalist Piet Eekman recherchiert in der ZDF-Reportage "Die Spur der Kinderschänder", dass mehr als zwanzig Zeugen unter mysteriösen Umständen gestorben sind. Verschwörungstheorien lassen da nicht lange auf sich warten.
Bis heute werden immer wieder neue Schauergeschichten erzählt. Anlässlich des anstehenden Jahrestags der Festnahme führt das Magazin der belgischen Tageszeitung "Le Soir" ein Interview mit dem ehemaligen Anwalt des Sexualstraftäters. Der Jurist will wissen: eine unterirdische Kolonie entführter Kinder - das sei die Idee von Dutroux gewesen.
Belgisches Fernsehen setzt sich mit Kindermörder auseinander
In Belgien wird die Affäre zu einer der "dunklen Episoden der jüngeren Geschichte" gezählt, wie etwa die Nachrichtenagentur Belga schreibt. Dieses "Dunkle" reizt aber nicht nur die Medien - die belgische Auseinandersetzung findet längst auch im Serienprogramm und auf der Bühne statt.
Eine gruselige Geschichte eines Sexualstraftäters, der Nachbarn in Schrecken versetzt und Ermittler an ihre Grenzen bringt, können sich die Belgier zu Hause im Fernsehen anschauen. Die Macher der von Kritikern gelobten Serie "Ennemi public" - Staatsfeind - des Senders RTBF haben sich von dem Fall Dutroux inspirieren lassen.
Eine ungewöhnliche Form der Auseinandersetzung, mit der er sich nicht nur Freunde machte, fand der Schweizer Theater-Regisseur Milo Rau. Er inszenierte die Geschichte von Dutroux im Mai für ein Festival in Brüssel - seine Schauspieler: bis auf einen Erwachsenen ausschließlich Kinder. dpa