Die Einwohner der italienischen Insel Giglio haben sich schon fast an das Bild gewöhnt. Seit Mitte Januar liegt das havarierte Kreuzfahrtschiff "Costa Concordia" vor der Küste. Das Kreuzfahrtschiff war damals zu nahe an Giglio herangefahren und mit mehr als 4200 Menschen an Bord gekentert, nur 500 Meter vom Hafen der Insel entfernt. Die Rettung lief chaotisch, Kapitän Francesco Schettino soll das Schiff einfach verlassen haben. 32 Menschen starben, darunter 12 Deutsche.
Jetzt soll das Wrack geborgen werden. Arbeiter bereiteten dafür zunächst die Abtrennung des Mastes vor. Auch die Rutschbahn des Schwimmbads, der Schornstein und das große Logo "C" der Kreuzfahrtgesellschaft Costa Crociere sollen danach entfernt werden, wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete.
Der 290 Meter lange Schiffskörper wird dann nach seiner Sicherung im Ganzen geborgen, abtransportiert und zerlegt. Insgesamt soll die Bergung des Wracks rund ein Jahr dauern. Den Auftrag, das vor der Küste der italienischen Insel Giglio liegende Schiff zu heben, erhielten die US-Gesellschaft Titan und die italienische Firma Micoperi.
Größte Schiffsbergung der Geschichte
Es handle sich um ein gigantisches Vorhaben, um "die größte Schiffsbergung in der Geschichte", wie Titan-Chef Richard Habib kürzlich erklärte. Laut Micoperi-Chef Silvio Bartolotti kann das Wrack nur geborgen werden, indem es in dieselbe Position zurückversetzt wird, in der das Schiff sich vor der Havarie befand, "wie wenn man einen Film zurückspult". "Es ist eine Sache, die noch nie versucht wurde, ein Schiff dieser Größe und dieses Gewichts aus einer solchen Position zu heben", sagt Costa-Crociere-Generaldirektor Gianni Onorato. Die Kosten für das Vorhaben werden auf 236 Millionen Euro geschätzt.
Schiffswrack wird stabilisiert
Wochenlang haben die Ingenieure geplant und gerechnet. Zuerst wollen Experten unter dem Rumpf bei Unter-Wasser-Arbeiten ein Stahlgerüst installieren. Rund 60 Pfähle sollen die Plattform stützen. Dabei sollen Umweltbehörden mitwirken, damit möglichst wenig von der sensiblen Vegetation am Meeresboden zerstört wird.
Bis spätestens Ende August soll das Schiff gesichert sein. "Wir können nicht den Winter abwarten, ohne dass das Schiff gesichert ist", sagt der Chef des Zivilschutzes in Italien, Franco Gabrielli. Denn wenn das 290 Meter lange und rund 44.000 Tonnen schwere Schiff doch noch abrutscht und in die Tiefe gleitet, dürfte eine Bergung kaum noch möglich ein.
Aufrichten der "Costa Concordia" wird schwierig
Der nächste Schritt dürfte - neben dem Abschleppen - der schwierigste sein: Das Schiff soll mit Kränen aufgerichtet werden. Container an der oben liegenden Seite des Schiffes sollen langsam mit Wasser gefüllt werden und so ein Gegengewicht bilden. Das Risiko ist, dass das Schiff aus dem Gleichgewicht gerät. Gelingt alles, sollen die Container mit Luft gefüllt werden und dem Schiff Auftrieb geben, um es in einen Hafen zu schleppen. Wohin genau die "Costa" gebracht wird, ist noch unklar. Der mindestens 50 Meter lange Riss an der Seite des Kreuzers, der bei der Kollision mit einem Felsen am 13. Januar entstanden war, soll geschlossen werden.
Zwei Opfer des Schiffsunglücks werden noch vermisst. Gabrielli versichert: "Wir werden weiter versuchen, die traurige Suche nach den Leichen zu Ende zu bringen."