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Tragödie in Schweizer Tunnel: Busunglück mit 28 Toten: Sitze mit angeschnallten Kindern rausgerissen

Tragödie in Schweizer Tunnel

Busunglück mit 28 Toten: Sitze mit angeschnallten Kindern rausgerissen

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    Der Aufprall des Reisebusses gegen die Betonwand war so heftig, dass die Sitze regelrecht herausgerissen wurden. Dass viele Kinder angeschnallt waren, half nichts.
    Der Aufprall des Reisebusses gegen die Betonwand war so heftig, dass die Sitze regelrecht herausgerissen wurden. Dass viele Kinder angeschnallt waren, half nichts.

    Auf die Angehörigen kommen jetzt schwere Stunden zu: Sie haben mit der Identifizierung der 28 Todesopfer des Busunglücks im Schweizer Wallis begonnen. Die Familien seien in einer Leichenhalle vor Ort  eingetroffen, um die Leichen zu identifizieren oder Informationen  zu liefern, die bei der Identifizierung der teilweise bis zur  Unkenntlichkeit verstümmelten Opfer helfen könnten, sagte ein Polizeisprecher in Sion. Einige Leichen sollten  bereits im Laufe des Tages nach Belgien überführt werden. Unter den Toten sind 22 Kinder.

    Indes untersuchen Experten das Wrack, um die Unglücksursache zu ermitteln. Die Unfallursache ist  unklar.

    Leiche des Busfahrers soll in der Schweiz untersucht werden

    Schwere Unglücke in Straßentunneln

    24. März 1999 zwischen Frankreich und Italien: Im Montblanc-Tunnel geht ein belgischer Lastwagen in Flammen auf, das Feuer greift auf andere Fahrzeuge über. In dem Inferno sterben 39 Menschen.

    6. August 2001 in Österreich: Im Gleinalmtunnel in der Steiermark sterben ein niederländisches Urlauberpaar und seine drei Kinder. Ihr Minivan gerät nach dem Zusammenstoß mit einem Auto in Brand.

    17. Oktober 2001 in Dänemark: Am Ende des Guldborgsund-Tunnels prallt ein Laster auf ein Auto, weitere Fahrzeuge rasen in die Unglücksstelle. Fünf Menschen sterben.

    24. Oktober 2001 in der Schweiz: Bei einem Brand im Gotthardtunnel kommen elf Menschen ums Leben. Zwei Lastwagen waren wenige Kilometer vor dem Südportal des Tunnels frontal zusammengeprallt.

    7. Juni 2003 in Italien: Auf dem Weg an die Adria schrammt ein Doppeldecker-Bus aus Gladbeck in einem Tunnel bei Venedig an der Tunnelwand entlang und stürzt um. Es gibt sechs Tote.

    4. Juni 2005 zwischen Frankreich und Italien: Im Fréjus-Tunnel gerät ein mit Reifen beladener Lastwagen in Brand. Die Flammen erfassen weitere Fahrzeuge. Zwei Menschen sterben.

    25. Dezember 2005 in Deutschland: Im Mauernried-Tunnel (Baden- Württemberg) prallt ein Personenwagen gegen die Tunnelwand und wird in den Gegenverkehr geschleudert. Fünf Insassen kommen ums Leben.

    23. September 2006 in der Schweiz: Im Viamala-Tunnel prallt ein Bus mit einem Personenwagen zusammen. Bei dem anschließenden Brand sterben neun Menschen.

    21. Februar 2009 in Österreich: Im Tauerntunnel löst ein belgischer Reisebus einen Serienunfall aus. Neun Menschen werden verletzt. Das Unglück weckt Erinnerungen an ein Inferno in diesem Tunnel zehn Jahre zuvor: Am 29. Mai 1999 hatte ein mit Lackprodukten beladener Lastwagen bei einem Auffahrunfall eine Massenkarambolage und ein Feuer ausgelöst. Damals kamen zwölf Menschen ums Leben.

    Der Staatsanwalt im Kanton Wallis äußerte sich auf der Pressekonferenz zu den Untersuchungen zu der Ursache des Unglücks. Die Ermittler versuchen nun Zeugen des Unfalls zu finden. Außerdem werde die Leiche des Busfahrers untersucht. Eine plötzliche Erkrankung, wie zum Beispiel ein Herzinfarkt, könnte zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden. Natürlich käme bei einem solchen Unglück auch menschliches Versagen in Frage.

    Die Kinder waren angeschnallt

    Über den Hergang kommen  immer mehr Details ans Licht. Besonders erschreckend: „Die Kinder sind angeschallt gewesen, wurden aber durch den Aufprall losgerissen. Die Sitze wurden regelrecht durch die Heftigkeit des Aufpralls aus der Verankerung gerissen,“ sagte der ermittelnde Staatsanwalt gegenüber welt.de. Das würde die hohe Zahl der Toten erklären. Drei Schüler schweben noch in Lebensgefahr. Unter den Verletzten ist auch ein Kind mit der doppelte Staatsangehörigkeit aus Belgien und Deutschland.

    Die Unfallursache ist noch immer unklar

    Nach belgischen Angaben war kein weiteres Fahrzeug an dem Unglück beteiligt. In der Röhre gibt es keinen Gegenverkehr. Der Fahrer kann nach Ansicht des Staatssekretärs im belgischen Verkehrsministerium nicht übermüdet gewesen sein. "Die Fahrer sind am Vortag angekommen und haben den Tag an Ort und Stelle verbracht, bevor sie losgefahren sind", sagte Melchior Wathelet. Auch auf technische Ursachen gibt es noch keinen Hinweis.

    Möglicherweise habe eine "unglückliche Verkettung von Umständen" zu dem Unfall geführt, sagte Richard Eberhardt, Präsident des Internationalen Bustouristik-Verbands RDA der "Pforzheimer-Zeitung". Unmittelbar hinter einer leichten Rechtskurve habe sich eine Haltebucht befunden, an deren Ende der Bus gegen die im rechten Winkel zur Fahrbahn stehende Wand geschmettert worden sei. "Man muss sich nach dem Unglück die Frage stellen, ob die Wände von Haltebuchten in einem flacheren Winkel abgeschrägt auslaufen müssen."

    Busunglücke mit Schülern

    Schon zahlreiche Kinder und Jugendlichen sind bei Busfahrten zur Schule oder auf Klassenreisen verunglückt.

    Januar 2004: Bei einem Schulbusunfall im Schweizer Kanton Wallis werden sechs Kinder verletzt. Der Bus war auf schneebedeckter Straße ins Rutschen geraten. Er schlitterte etwa 40 Meter einen Abhang hinunter.

    Juli 2004: Beim Auffahrunfall zweier Reisebusse in der Schweiz werden 14 Schüler aus Baden-Württemberg verletzt. Die Jugendlichen aus dem Raum Heilbronn waren auf der Rückreise von einer Schulfahrt nach Italien.

    Juni 2005: Am Hamburger Elbtunnel fährt ein voll besetzter Bus mit Schülern aus dem nordrhein-westfälischen Lübbecke auf einen im Stau haltenden Lastwagen auf. 20 Kinder, ihre Lehrerin und drei Autofahrer werden verletzt.

    Februar 2006: Drei Schüler sterben in Coppenbrügge in Niedersachsen: Ihr Bus wird bei Schneetreiben von einem entgegenkommenden, mit Eisenteilen beladenen Lastwagen gerammt und aufgeschlitzt.

    Mai 2008: Bei einem Unfall mit einem Schulbus nahe Hohenlockstedt in Schleswig-Holstein kommt ein Autofahrer ums Leben. Die Busfahrerin sowie drei Jugendliche und ein weiterer Autofahrer werden leicht verletzt. Die übrigen etwa 50 Kinder kommen mit dem Schrecken davon.

    Februar 2010: Beim Unfall eines Doppeldeckerbusses werden in Österreich 32 junge ungarische Wintersportler verletzt. Der Bus mit etwa 80 Jugendlichen kam auf dem Weg ins Kärntner Skigebiet Innerkrems von der schneeglatten Straße ab und stürzte in einen Graben.

    Mai 2011: Auf einer Klassenfahrt werden drei Jugendliche und drei Erwachsene aus Bayern bei einem Busunglück in Slowenien zum Teil schwer verletzt. Sie waren zur Feier ihres Mittelschulabschlusses nach Kroatien unterwegs.

    Februar 2012: Ein Reisebus mit etwa 50 Schülern aus Hamburg gerät auf der A7 bei Soltau in Niedersachsen in Brand. Acht Jugendliche werden verletzt. Der Bus brennt vollkommen aus.

    Der Autobahntunnel in Siders im Kanton Wallis blieb weiter für den  Verkehr gesperrt, die Ermittlungen an der Unfallstelle dauerten an.

    Debatte über die Sicherheit von Nothaltebuchten

    In der Schweiz hat derweil eine Debatte über die Sicherheit  von Nothaltebuchten in Tunneln begonnen. Der "Tages-Anzeiger" kritisierte,  dass die Buchten im Siders-Tunnel Mauern hätten, die im rechten  Winkel zur Fahrbahn stünden und damit eine tödliche Gefahr  darstellten. Nur dadurch sei es möglich gewesen, dass der Bus  frontal gegen die Mauer der Nothaltebucht prallte. Möglicherweise  müsse die Höchstgeschwindigkeit für den Schwerlastverkehr in  Tunneln gesenkt oder die Konzeption von Nothaltebuchten geändert  werden, schrieb die Zeitung "Le Temps". dpa/afp/AZ

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