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Nazi-Terroristin der NSU: "Bin ein Omakind": Beate Zschäpe zieht es zu ihrer Omi

Nazi-Terroristin der NSU

"Bin ein Omakind": Beate Zschäpe zieht es zu ihrer Omi

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    Das mutmaßliche Mitglied der Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), Beate Zschäpe, aufgenommen im Jahr 2004.
    Das mutmaßliche Mitglied der Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), Beate Zschäpe, aufgenommen im Jahr 2004. Foto: Bundeskriminalamt dpa

    Beate Zschäpe, die im Herbst angeklagt werden soll und als Mitgründerin der Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) gilt, habe gegenüber Ermittlern mehrfach betont, wie sehr sie an ihrer in Jena lebenden 88-jährigen Großmutter hänge und sich selbst als "Omakind" bezeichnet. Über ihren Verlegungsantrag muss nun der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden. Zschäpes Anwalt wollte sich laut Focus nicht dazu äußern.

    Zwischen der JVA und der Oma liegen etwa 450 Kilometer

    Die Verteidiger der 37-jährigen Beate Zschäpe hätten die Verlegung ihrer Mandantin  aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) Köln-Ossendorf beantragt, wo sie seit dem 13. November 2011 einsitzt, berichtet der Focus und beruft sich auf Justizkreise in Karlsruhe. Denn zwischen Köln-Ossendorf und Jena liegen etwa 450 Kilometer.

    Der mutmaßliche NSU-Helfer und frühere NPD-Funktionär Ralf Wohlleben aus Jena ersuchte laut dem Magazin erfolgreich um seine Verlegung aus der JVA Wuppertal in ein wohnortnahes Gefängnis - er sitzt demnach seit April in Gräfentonna in Thüringen ein.

    Patrick Wieschkeist neuer NPD-Vorstizender in Thüringen

    Ein weiterer mutmaßlicher NSU-Helfer ist am Samstag zum neuen Vorsitzenden der rechtsextremen NPD in Thüringen gewählt worden. Der 31 Jahre alte Patrick Wieschke aus Eisenach erhielt beim Landesparteitag 48 von 54 Stimmen und löste den 67-jährigen Frank Schwerdt als Landesvorsitzenden ab. Wieschke soll Medienberichten zufolge Zschäpe für eine Nacht beherbergt haben. Er bestreitet das.

    Dem NSU werden Morde an neun Männern türkischer und griechischer Herkunft sowie an einer Polizistin zur Last gelegt. Die Gruppe soll auch zwei Sprengstoffanschläge und mehrere Banküberfälle verübt haben. Inwieweit Beate Zschäpe in die Taten involviert war, ist nicht komplett aufgeklärt.

    Das Neonazi-Trio und seine mutmaßlichen Helfer

    UWE MUNDLOS: Der Professorensohn gilt als intellektueller Kopf der Terrorzelle. Am 4. November tötete sich der 38-Jährige selbst in einem Wohnmobil.

    UWE BÖHNHARDT: Der 34-Jährige soll ein Waffennarr gewesen sein, der schnell und gerne zuschlug. Auch er wurde am 4. November tot in dem ausgebrannten Wohnmobil gefunden, wohl von Mundlos erschossen.

    BEATE ZSCHÄPE: Die 37-Jährige ist als Mittäterin wegen Mordes angeklagt. Sie stammt aus zerrütteten Verhältnissen. Aufgefallen ist die erstmal als 17-Jährige bei mehreren Ladendiebstählen. In einem Jugendclub im Jenaer Plattenbaugebiet Winzerla lernte sie Uwe Mundlos kennen. Mit Uwe Böhnhardt hatte sie später eine Beziehung. Nachdem sie am 4. November 2011 die konspirative Wohnung der Gruppe in die Luft gesprengt hatte, fuhr Zschäpe tagelang mit der Bahn tagelang kreuz und quer durch Deutschland, bevor sie sich der Polizei stellte.

    RALF WOHLLEBEN: Der ehemalige NPD-Funktionär sitzt seit dem 29. November 2011 in Untersuchungshaft. Er soll dem Terrortrio 1998 beim Untertauchen finanziell geholfen, ihnen Geld und auch die spätere Tatwaffe zukommen lassen haben. Der 37-jährige Fachinformatiker ist inzwischen zwar nicht mehr NPD-Mitglied. Dass er noch als NPD-Funktionär die NSU unterstützt hat, gilt aber als wichtiges Argument für ein mögliches neues NPD-Verbotsverfahren.

    HOLGER G.: Der am 14. Mai 1974 in Jena geborene G. war der erste mutmaßliche NSU-Helfer, den die Polizei festnahm. G. soll seit Ende der 90er Jahre Kontakt mit dem aus Thüringen stammenden Trio gehabt haben. Den Dreien soll er seinen Führerschein, eine Krankenversichertenkarte und noch im Jahr 2011 einen Reisepass überlassen haben. So soll er ihnen ermöglicht haben, weiterhin verborgen zu agieren und rechtsextreme Gewalttaten zu verüben.

    CARSTEN S.: Der 32-Jährige soll zusammen mit Ralf Wohlleben die Tatwaffe zu den Morden beschafft haben. Nachdem S. umfassend ausgepackt hatte, ließ ihn die Bundesanwaltschaft im Mai nach viermonatiger Untersuchungshaft wieder frei. S. sagte sich nach Auffassung der Ermittler glaubhaft vom Rechtsextremismus los. Außerdem war er zur Tatzeit erst 19 Jahre alt, ihm könnte nach dem milderen Jugendstrafrecht der Prozess gemacht werden.

    ANDRE E.: Dem aus Sachsen stammenden 33-Jährigen wirft die Bundesanwaltschaft Beihilfe zum Sprengstoffanschlag des NSU in der Kölner Altstadt vor. E. soll eine enge Bindung zu dem Trio unterhalten haben. Im Jahr 2006 gab er Zschäpe als seine Ehefrau aus. Er soll den Wohnort der Drei verschleiert haben und ihnen seit dem Jahr 2009 Bahncards beschafft haben. Diese waren auf ihn und seine Frau ausgestellt, jedoch mit den Fotos von Zschäpe und Uwe Böhnhardt versehen.

    NSU: Böhnhardt und Mundlos wussten von Fahndung

    Inzwischen haben Fahnder die letzten Minuten im Leben der mutmaßlichen Zschäpe-Komplizen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos rekonstruiert. Mundlos habe nach dem Banküberfall in Eisenach im November 2011 nur 15 Sekunden gebraucht, um seinen Komplizen zu erschießen, das Wohnmobil der beiden in Brand zu stecken und dann die Waffe gegen sich selbst zu richten, berichtet die Bild am Sonntag. Diese Version ergebe sich aus den Aussagen der beiden Streifenpolizisten, die das Versteck der Beiden am 4. November zufällig entdeckt hatten.

    Unklar sei jedoch, warum Böhnhardt und Mundlos nicht erneut entwischt seien. Die Bild am Sonntag beruft sich auf Dokumente, nach denen die beiden Männer aus dem abgehörten Polizeifunk wussten, dass die Ringfahndung gegen sie bereits eineinhalb Stunden nach dem Eisenacher Banküberfall aufgehoben worden sei. Eine Flucht mit ihrem Wohnmobil über die Autobahn wäre demnach möglich gewesen.

    Schäuble und Beckstein müssen sich im Untersuchungsausschuss erklären

    Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag, Sebastian Edathy (SPD), kritisierte indes das Kompetenzgerangel der Länder bei der Aufklärung der rechtsextremen Morde. Es sei "hochgradig verwunderlich", dass nicht die Möglichkeit genutzt wurde, dem Bundeskriminalamt (BKA) die federführende Kompetenz und Zuständigkeit bei den Ermittlungen zuzuweisen, sagte er am Samstag im Deutschlandradio Kultur.

    Der SPD-Politiker attackierte vor allem die bayerischen Ermittlungsbehörden scharf, weil sie sich nur auf Rechtsextremisten in Franken konzentriert und der dortige Verfassungsschutz keine Daten über den Großraum Nürnberg hinaus zur Verfügung gestellt habe. Warum das BKA nicht die Zuständigkeit erhielt, sollen Bayerns damaliger Innenminister Günther Beckstein (CSU) und der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) übernächste Woche im Untersuchungsausschuss erklären.

    Derweil machten private Urlaubsbilder des Neonazi-Trios im Urlaub die Runde: Auf den Fotos sind unbeschwerte junge Menschen zu sehen. Zum Zeitpunkt der Aufnahmen ermordeten sie bereits einige ihrer Opfer. AZ/dpa

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