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Insel Giglio: Bergung der "Costa Concordia" beginnt

Insel Giglio

Bergung der "Costa Concordia" beginnt

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    Das Unglück forderte 32 Menschenleben, darunter 12 Deutsche.
    Das Unglück forderte 32 Menschenleben, darunter 12 Deutsche. Foto: dpa

    Die Einwohner der italienischen Insel Giglio haben sich schon fast an das Bild gewöhnt. Seit Mitte Januar liegt das havarierte Kreuzfahrtschiff "Costa Concordia" vor der Küste. Am Dienstag oder Mittwoch kommender Woche soll jedoch endlich die Bergung beginnen. Das Schiffswrack soll spätestens bis Februar kommenden Jahres geborgen werden. Das geht aus einem am Freitag in Rom vorgestellten Bergungsplan der Kreuzfahrtgesellschaft Costa Crociere hervor. Den Auftrag, das vor der Küste der italienischen Insel Giglio liegende Schiff zu heben, erhielten die US-Gesellschaft Titan und die italienische Firma Micoperi.

    Größte Schiffsbergung der Geschichte

    Es handle sich um ein gigantisches Vorhaben, um "die größte  Schiffsbergung in der Geschichte", erklärte Titan-Chef Richard  Habib. Laut Micoperi-Chef Silvio Bartolotti kann das Wrack nur geborgen werden, indem es in dieselbe Position zurückversetzt wird,  in der das Schiff sich vor der Havarie befand, "wie wenn man einen Film zurückspult". "Es ist eine Sache, die noch nie versucht wurde, ein Schiff dieser Größe und dieses Gewichts aus einer solchen Position zu heben", sagt Costa-Crociere-Generaldirektor Gianni Onorato. Die Kosten für das Vorhaben werden auf 236 Millionen Euro geschätzt.

    Schiffswrack wird mit Stahlgerüst stabilisiert

    Wochenlang haben die Ingenieure geplant und gerechnet. Zuerst wollen Experten unter dem Rumpf bei Unter-Wasser-Arbeiten ein Stahlgerüst installieren. Rund 60 Pfähle sollen die Plattform stützen. Dabei sollen Umweltbehörden mitwirken, damit möglichst wenig von der sensiblen Vegetation am Meeresboden zerstört wird.

    Bis spätestens Ende August soll das Schiff gesichert sein. "Wir können nicht den Winter abwarten, ohne dass das Schiff gesichert ist", sagt der Chef des Zivilschutzes in Italien, Franco Gabrielli. Denn wenn das 290 Meter lange und rund 44.000 Tonnen schwere Schiff doch noch abrutscht und in die Tiefe gleitet, dürfte eine Bergung kaum noch möglich ein.

    Havarierte "Costa Concordia" liegt nur 500 Meter vom Hafen entfernt

    Der nächste Schritt dürfte - neben dem Abschleppen - der schwierigste sein: Das Schiff soll mit Kränen aufgerichtet werden. Container an der oben liegenden Seite des Schiffes sollen langsam mit Wasser gefüllt werden und so ein Gegengewicht bilden. Das Risiko ist, dass das Schiff aus dem Gleichgewicht gerät. Gelingt alles, sollen die Container mit Luft gefüllt werden und dem Schiff Auftrieb geben, um es in einen Hafen zu schleppen. Wohin genau die "Costa" gebracht wird, ist noch unklar. Der mindestens 50 Meter lange Riss an der Seite des Kreuzers, der bei der Kollision mit einem Felsen am 13. Januar entstanden war, soll geschlossen werden.

    Die "Costa Concordia" war damals zu nahe an Giglio herangefahren und mit mehr als 4200 Menschen an Bord gekentert, nur 500 Meter vom Hafen der Insel entfernt. Die Rettung lief chaotisch, Kapitän Francesco Schettino soll das Schiff einfach verlassen haben. 32 Menschen starben, darunter 12 Deutsche. Zwei Opfer werden noch vermisst. Gabrielli versichert: "Wir werden weiter versuchen, die traurige Suche nach den Leichen zu Ende zu bringen."

    Umweltschutz hat höchste Priorität

    Wichtig bei der Bergung ist der Schutz der Umwelt. Auch muss Rücksicht auf den Tourismus genommen werden, von dem die Inselbewohner leben. "Ziel ist, dass keine Spur zurückbleibt", verspricht Silvio Bartolotti von Micoperi. Nach der Bergung werde der Meeresboden gesäubert und die Vegetation wiederhergestellt. Es solle keine größeren Auswirkungen auf den Ferienbetrieb haben, versichert Costa Crociere.

    Schifffahrt: Wie ein Ozeanriese gesteuert wird

    Für die Führung eines Ozeanriesen in der Größe der «Costa Concordia» sind in der Regel mindestens fünf Nautiker verantwortlich.

    Zu diesen erfahrenen Seemännern gehören: Kapitän, Staffkapitän (auch für die Verwaltung der Besatzung zuständig) und drei Wachoffiziere.

    Nach Angaben des Präsidenten des Verbandes Deutscher Kapitäne und Schiffsoffiziere, Christoph Wand, muss rund um die Uhr mindestens einer von ihnen die Fahrt überwachen.

    Das letzte Wort hat stets der Kapitän.

    Das Schiff kann auf dem offenen Meer per Autopilot gesteuert werden.

    Dazu stellt der Schiffsführer einen bestimmten Kurs ein, der Ozeanriese fährt dann automatisch in die vorgegebene Himmelsrichtung.

    Soll das Schiff selbstständig eine vorgegebene Route fahren, kommt Wand zufolge der sogenannte Trackpilot zum Einsatz.

    Hilfe bei der Überwachung der Position gibt das Satelliten-Navigationssystem GPS. Das Radar zeigt aus dem Wasser ragende Felsen und bewegliche Hindernisse wie Schiffe oder Eisberge an.

    Daneben sind elektronische Seekarten sowie Geräte zur Messung der Wassertiefe, Geschwindigkeit und des Windes wichtig.

    Die Messinstrumente müssen ständig beobachtet werden. Auch der Blick in die Umgebung ist immer wieder notwendig.

    Die Technik hilft lediglich zu erkennen, ob sich etwa ein anderes Fahrzeug nähert.

    Um die Route zu ändern, sind Menschen nötig. Im Hafen werden Schiffe in der Regel manuell gesteuert.

    Einige Menschen auf Giglio erwarten die Aktion mit Gleichmut. "Wir haben uns schon an das Schiff gewöhnt", sagt ein Mitarbeiter der Gemeinde. Der Sprecher der Gemeinde Cristiano Pellegrini meint jedoch, die Bewohner wollten ihre Insel gerne wieder ohne Wrack haben. "Die Menschen wollen, dass das Schiff so schnell wie möglich wegkommt." Ob die Bergung Urlauber abschreckt, ist offen. Bisher sei zwar die Zahl der Buchungen etwas niedriger als sonst. In anderen Feriengebieten sehe es aber nicht anders aus - Grund sei die wirtschaftliche Krise.

    Kapitän Schettino weiterhin unter Hausarrest

    Kapitän Schettino steht inzwischen unter Hausarrest in seinem Heimatort Meta di Sorrento nahe Neapel. Just zum Beginn der Bergung kommt in Italien am 15. Juni nach Medienberichten ein Film in die Kinos, bei dem Schettino schon vor dem Unglück mitgewirkt hatte. Damals hat er offenbar eine sehr gute Figur gemacht. Als Berater für die französische Komödie "Bienvenue " Bord" an Bord eines Kreuzfahrtschiffes soll Schettino eine Routenänderung als zu riskant abgelehnt haben, die das Filmteam gerne gehabt hätte. dpa/afp/AZ

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