Unter Tränen hat die wegen Mordes an einer britischen Studentin verurteilte Amerikanerin Amanda Knox am Montag vor einem Berufungsgericht in Italien ihre Unschuld beteuert. Kurz bevor sich die Jury zu Beratungen zurückzog, um über eine Aufrechterhaltung des Mordurteils von 2009 zu entscheiden, wies die 24-Jährige in einer Rede die Vorwürfe gegen sie als unfair und haltlos zurück. Sie bezahle "mit meinem Leben für Dinge, die ich nicht getan habe", sagte Knox. Sie wolle nach Hause gehen und "zurück zu meinem Leben, meiner Zukunft".
Knox legte während ihres Appells auf Italienisch an die acht Jurymitglieder in einem gefüllten Gerichtssaal in Perugia häufige Atempausen ein und kämpfte gegen Tränen. "Ich habe eine Freundin auf die schlimmste, brutalste, unfassbarste mögliche Weise verloren", sagte sie über den Mord an der 21-jährigen Britin Meredith Kercher, mit der sie sich während eines Studiums in Perugia eine Wohnung geteilt hatte.
Auch der zweite Angeklagte wehrt sich gegen die Vorwürfe
Kurz vor Knox hatte sich auch ihr Mitangeklagter und früherer Freund Raffaele Sollecito an die Jury gewandt, um seine Unschuld zu beteuern. Knox war 2009 wegen der Ermordung Kerchers zu 26 Jahren Haft verurteilt worden, Sollecito zu 25 Jahren Haft. Beide haben die Vorwürfe zurückgewiesen. Im Zusammenhang mit dem Mord an Kercher wurde in einem unabhängigen Verfahren auch ein aus der Elfenbeinküste stammender Mann zu einer Haftstrafe verurteilt.
Ein Urteil im Berufungsprozess wurde nach 20 Uhr MESZ erwartet. Es wurde erwartet, dass bei der Urteilsverkündung auch die Familie der ermordeten Kercher anwesend sein würde.
Kercher wurde am 1. November 2007 in ihrem Schlafzimmer erstochen. Ihre Leiche wurde einen Tag später entdeckt. "Sie hatte ihr Schlafzimmer neben meinem, sie wurde in unserer eigenen Wohnung getötet", sagte Knox in ihrer Rede im Gerichtssaal. "Wenn ich an diesem Abend dort gewesen wäre, wäre ich tot. Aber ich war nicht dort."
Beim Eintreffen im Gerichtsgebäude machte die 24-jährige Amerikanerin am Montag einen angespannten Eindruck. Schon kurz nach ihrer Festnahme im November 2007 wurde Knox nicht zuletzt wegen ihres Äußeren zum Medienereignis. Italienische Berichterstatter nannten sie wegen ihres kindlichen und zugleich undurchdringlichen Gesichtsausdrucks "Engel mit Eisaugen". Galt sie den einen als verkommen, so schilderten die anderen sie als naive junge Frau, die einen juristischen Albtraum durchlebte. dapd/AZ