Libération (Paris): Angesichts der Särge der in Toulouse und Montauban getöteten Soldaten waren die Worte von Nicolas Sarkozy würdig und bewegend (...) Warum muss man auf ein solches Massaker warten, um diese einfachen Worte auszusprechen. (...) Die Tragödie hat keine Tugenden.
Sud-Ouest (Bordeaux): Es stimmt, dass jene, die ohne Wissen ausschließlich den Rechtsextremismus für alles verantwortlich gemacht haben, sich heute auf die Lippen beißen müssen. (...) Es gibt in diesem Wahlkampf sehr wohl noch ein Vor und ein Nach Toulouse.
Nürnberger Zeitung: Wenn sich Frankreichs Innenminister Guéant jetzt brüstet, alles sei wie am Schnürchen gelaufen, ist das Wahlkampfgetrommel. Dass man zuvor von einem rechtsextremistischen Täter ausgegangen war, überging er tunlichst. Und schon schwillt der Chor der islamkritischen Stimmen wieder an; sie versuchen, die Gesellschaft gegen die Muslime im Land aufzubringen. Dies wäre eigentlich die Stunde des Staatspräsidenten. Doch Sarkozy hält sich da raus. Die Stimmen der rechtsradikalen Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen kriegt im zweiten Wahlgang nämlich er.
Corriere della Sera (Rom): Die Auswirkungen der Blutbäder von Toulouse und Montauban überschreiten die Grenzen Frankreichs. (...) Der Terrorist hat jene Werte der Toleranz, der Integration und des religiösen Dialogs getroffen, die zur europäischen Kultur gehören. Wobei aber nicht alle Europäer auch bereit sind, diese zu verteidigen.
Rhein-Neckar-Zeitung: Der Täter ist tot. Die Trauer um die Opfer wurde würdig zum Ausdruck gebracht. Der Wahlkampf geht weiter. Am 6. Mai wählt Frankreich einen neuen Präsidenten und die Haltung, die Nicolas Sarkozy Anfang dieser Woche an den Tag legte, könnte ihm den Verbleib im Elysee-Palast sichern. Der Amtsinhaber machte alles richtig, appellierte an die Einheit der Nation, warnte vor Rachegelüsten. (...) Als Amtsinhaber kann er zudem auf eine funktionierende Regierung verweisen, deren Apparat es in beeindruckender Schnelle gelang, den Serienmörder zu identifizieren und einzukesseln.
Tages-Anzeiger (Zürich): Erleichtert, dass der Attentäter nicht aus ihrem Milieu stammt, zeigte die Chefin des rechtsextremen Front National, Marine Le Pen, ihr wahres Gesicht, indem sie zum "Krieg" gegen den Fundamentalismus aufrief. Nicolas Sarkozy hingegen war gezwungen, sich auf seine Rolle als "Präsident aller Franzosen" zu besinnen. Er musste seinen fremdenfeindlichen Kurs der letzten Wochen korrigieren und nun vor Hass und Rachegelüsten warnen.
La Vanguardia (Barcelona): Frankreich blieb anders als die USA, Spanien oder Großbritannien bisher von großen islamistischen Terroranschlägen verschont. Nun brachte ein Einzeltäter den Terror auch in dieses Land. Der radikale Islamismus hat eine neue Taktik eingeschlagen. (...) Die Anschläge in Frankreich waren gezielt gegen das Zusammenleben gerichtet. Die Opfer waren Angehörige verschiedener Minderheiten.
Rhein-Zeitung: In der Tat mutet es schwierig, ja unmöglich an, sämtliche Kleinverbrecher und Psychopathen unter permanente Beobachtung des Verfassungsschutzes zu stellen. Und doch hätte es Hinweise geben können. Schließlich wird man nicht über Nacht zum Terroristen. Und dies führt zur eigentlichen Frage: die der Prävention. (...) So ist Merah auch ein typisches Kind der "banlieue", der(...) in schwierigen Verhältnissen und ohne Job als Bürger zweiter Klasse aufwuchs. Ein Klima, in dem Extreme nicht unbedingt gedeihen müssen, aber können.
Les Echos: Der Ruf nach der Wiedereinführung der Todesstrafe, sofern sie einen Racheakt darstellt, gehört zum Spiel der Dschihadisten. Ihr Ziel besteht darin, zur Gewalt gegen muslimische Bürger westlicher Staaten aufzurufen (...) Ihr Hass zielt auf die Republik, die Integration, die Säkularität, kurz: auf unsere Werte.
Frankfurter Allgemeine Zeitung: In Toulouse erschießen Scharfschützen der Polizei den mutmaßlichen islamistischen Serienmörder Mohamed Merah. In Koblenz wird ein Mann wegen Verbreitung dschihadistischer Propaganda zu fünf Jahren Haft verurteilt. Und in einer Videobotschaft will der Al-Qaida-Ableger in Nordafrika eine in Schwäbisch Gmünd einsitzende Terrorhelferin freipressen, im Austausch gegen einen im Januar in Nigeria entführten deutschen Ingenieur. Diese zeitliche Übereinstimmung sie mag zufällig sein, ist ebenso frappierend wie makaber. (...) Aber wer geglaubt haben sollte, der islamistische Terrorismus habe sich erledigt, (...) der sieht sich eines Schlimmeren belehrt. Dieser Terrorismus hat sich nicht erledigt, von ihm geht noch immer eine Gefahr aus, die monströs sein kann.
Paris Match (Paris): Das Phänomen ist so weit entfernt, so barbarisch, dass es das Wort nicht einmal auf Französisch gibt. Wir sind lange immun gegen den Virus des "mass murderers" gewesen. Alles ist durch seinen Todesinstinkt unterbrochen worden. (...) Die Entgleisungen und Aufregungen von gestern sind der Trauer des Landes gewichen. Die Realität erreicht die Kandidaten. Unsere Demokratie ist zerbrechlich, ein einziger Verrückter kann sie eines Morgens als Geisel nehmen.