Es sind die Minuten in einem Prozess vor dem Schwurgericht, vor denen sich viele Angeklagte fürchten. Wenn der Gerichtsmediziner sein Gutachten erläutert, wenn er in schonungsloser Offenheit bis ins kleinste Detail Verletzungen des Opfers erklärt, wenn er drastisch die Folgen der Schädigungen anspricht, dann bleiben die wenigsten Angeklagten ohne Gefühlsregung. Vor allem dann, wenn das Opfer das eigene Kind ist. Am dritten Verhandlungstag im Prozess vor dem Augsburger Schwurgericht wegen versuchten Totschlags an einem zwei Monate alten Baby, wird die angeklagte Mutter, eine 25-jährige Syrerin, mit dem für sie wohl brutal klingenden forensischen Gutachten von Professor Randolph Penning, dem renommierten Münchner Rechtsmediziner, konfrontiert. Die Frau bricht in Tränen aus, verbirgt das Gesicht auf ihren Händen auf dem Tisch. „Ich kann das nicht hören“, lässt sie von einem Dolmetscher übersetzen.
Nördlingen/Augsburg