Am Ende zeigt Stefan B. dann doch noch eine Regung. Während der 27-Jährige die Urteilsverkündung - wie den gesamten Prozess - nach außen hin ungerührt verfolgte, platzt es dann beim Verlassen des Gerichtsgebäudes aus ihm heraus. In die Kamera einer Fotografin zeigt er den Mittelfinger.
Es wird vermutlich das Letzte sein, was man für lange Zeit von Stefan B. gesehen hat. Seit Montagmorgen steht fest, woran schon in den vergangenen Wochen kaum mehr Zweifel bestanden: Stefan B. ist der Mörder der kleinen Franziska - und muss dafür lebenslang hinter Gitter.
Stefan B. muss für lange Zeit hinter Gitter
Für die Höchststrafe hatte neben der Staatsanwaltschaft auch der Verteidiger plädiert. Wie von der Anklage gefordert stellten die Richter auch eine besondere Schwere der Schuld fest. Stefan B. kommt daher nicht nach 15 Jahren im Gefängnis frei, sondern wohl erst deutlich später. Im Durchschnitt dauert eine lebenslange Haftstrafe in Bayern 22 Jahre. Eine Sicherungsverwahrung nach Absitzen der Haft scheidet allerdings aus formalen Gründen aus. Das Urteil ist rechtskräftig, da der Angeklagte, die Staatsanwaltschaft und die als Nebenkläger auftretenden Eltern darauf verzichteten, Rechtsmittel einzulegen.
Stefan B., von dem der Prozess ein erschütterndes Bild gezeichnet hatte und der zuletzt in einer Obdachlosenunterkunft lebte, sei in vollen Maße schuldfähig, erklärte der Vorsitzende Richter Jochen Bösl in der Urteilsverkündung. Erklären lasse sich die Tat durch eine von einem Gutachter festgestellte Persönlichkeitsstörung des Angeklagten, die sich etwa durch eine besonders niedrige Aggressionsschwelle und eine niedrige Frustrationstoleranz zeige. Zu den Gunsten des Angeklagten spreche nur, dass er ein Geständnis abgelegt habe. Obwohl man schon früher Kinderpornos bei Stefan B. gefunden worden waren, sprach das Gericht aber lediglich von "pädophilen Neigungen" beim 27-Jährigen.
Bösl wandte sich auch an die Eltern von Franziska, die dem Prozess am Montag erstmals beiwohnten. Ihr "unermessliches Leid" könne der Schuldspruch nicht lindern. "So etwas kann man nicht wieder gut machen", sagte der Richter. Beide Elternteile rangen sichtlich bemüht um Fassung, Franziskas Mutter kämpfte mit den Tränen. Nach Angaben ihrer Rechtsanwältin wollten sie den Mörder ihrer Tochter sehen. Auch fünfzehn Monate nach der Tat seien sie immer noch in "Schockstarre", ihr Leben sei zerstört.
Urteil nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit
Der Mordfall Franziska
Der Fall Franziska begann im Februar 2014: Am Nachmittag des 16. Februar entdeckten Angler die Leiche eines Mädchens in einem Weiher bei Neuburg-Zell.
Bei dem Mädchen handelte es sich um die zwölfjährige Franziska aus Möckenlohe. Ihre Eltern hatten sie bereits am Tag zuvor vermisst gemeldet, weil sie von einem Ausflug mit Freundinnen nicht zurückgekehrt war.
Der mutmaßliche Täter war schnell ermittelt: Noch in der Nacht desselben Tages fasste die Neuburger Polizei den verdächtigen Stefan B. nach einer wilden Verfolgungsjagd.
Der damals 26 Jahre alte Stefan B. soll Franziska auf dem Nachhauseweg von Nassenfels auf dem Radweg abgefangen, sexuell missbraucht und mit einem Holzscheit erschlagen haben.
Bereits unmittelbar nach seiner Festnahme, als ihn die Polizei mit dem Tatvorwurf konfrontierte, hatte Stefan B. ein Teilgeständnis abgelegt. Darin hat er grundsätzlich zugegeben, Franziska umgebracht zu haben.
Wie er das getan hat, wie der Ablauf der Ereignisse am Tattag im Einzelnen war, was sein Motiv war und wo er letztlich das Mädchen getötet hat – darüber schwieg sich Stefan B. seither beharrlich aus.
Der Prozess gegen Stefan B. sollte eigentlich im Januar 2015 beginnen. Doch bei einer Attacke eines Mithäftlings wurde der bis dahin in der JVA Kaisheim untergebrachte mutmaßliche Täter schwer verletzt. Er musste mit 17 Stichverletzungen ins Krankenhaus gebracht werden.
Ab Februar 2015 wurde dann verhandelt. Die Anklage lautet - neben einer Reihe weiterer Straftaten - Mord.
Stefan B. soll 2013 eine 21-jährige Bekannte vergewaltigt haben und über soziale Netzwerke im Internet sexuelle Kontakte zu mehreren Mädchen unter 14 Jahren gesucht und gepflegt haben. Außerdem soll er sich im Januar 2014 an einem weiteren 13-jährigen Mädchen vergangen haben.
Stefan B. räumte am zweiten Verhandlungstag die Tat ein.
Das Urteil im Prozess soll nach 20 Verhandlungstagen Ende Mai verkündet werden.
Stefan B. hatte Franziska im Februar 2014 entführt, an einem Weiher in Neuburg a.d. Donau auf grausame Weise sexuell missbraucht und mit einem Holzscheit erschlagen. Der Mord erschütterte die Menschen auch deshalb, weil Franziska vor ihrem stundenlangen Martyrium mehrere Kurznachrichten von ihrem Smartphone an Freundinnen schickte, dass sie verfolgt werde. Den Hilferufen wurde aber fatalerweise nicht nachgegangen.
Zu Beginn des letzten Prozesstages hatte das Gericht einen Antrag der Verteidigung abgelehnt, das Urteil unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu verkünden. Stefan B.s Anwalt Adam Ahmed begründete den Antrag damit, dass die Intimsphäre der Zeuginnen geschützt werden müssten. Das Gericht folgte dieser Argumentation aber nicht. Zuvor waren bereits die Plädoyers unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgetragen worden. Auch bei einzelnen Zeugenaussagen und dem psychiatrischen Gutachten über den Angeklagten waren keine Zuhörer zugelassen.